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Stechende Schmerzen an verschiedenen Körperstellen - Ursachen


Stechende Schmerzen am Körper
So tückisch ist das Fibromyalgie-Syndrom

Von dpa, ag

Aktualisiert am 07.06.2023Lesedauer: 4 Min.
Das Fibromyalgie-Syndrom ist eine rhematische Erkrankung,., Sie äußert sich in Schmerzen an verschiedenen Körperstellen.Vergrößern des Bildes
Das Fibromyalgie-Syndrom ist eine rhematische Erkrankung. Sie äußert sich in Schmerzen an verschiedenen Körperstellen. (Quelle: Aliaksandr Barysenka / EyeEm / Getty Images)

Stechende Schmerzen sind typisch für Fibromyalgie. Da es keine organischen Ursachen gibt, werden Betroffene oft als Hypochonder abgestempelt.

Fibromyalgie, auch Weichteilrheuma genannt, ist ein anerkanntes Krankheitsbild. Bislang fehlen aber eindeutige Nachweise für die Ursachen. Eine Heilung gibt es bislang nicht, nur lindernde und vorbeugende Maßnahmen sind möglich.

Ein Leben mit Fibromyalgie-Syndrom (FMS) ist mit starken Einschränkungen verbunden. Auf den Betroffenen lastet ein hoher Leidensdruck. Sie werden oft nicht ernst genommen und eine Diagnose erfolgt in den meisten Fällen erst spät. Wann und in welcher Intensität die Nervenschmerzen auftreten, lässt sich nicht voraussagen. Besonders betroffen sind Rücken, Arme, Beine und Bauch.

Die Schmerzen kommen schleichend

Das Fibromyalgie-Syndrom ist gekennzeichnet durch eine Überempfindlichkeit des vegetativen Nervensystems. Betroffen sind der Stütz- und Bewegungsapparat. Häufig trifft es Frauen im mittleren Alter, heißt es in der kürzlich aktualisierten Leitlinie zum Fibromyalgie-Syndrom, die Ärzten Behandlungsempfehlungen gibt. Die Krankheit setzt in der Regel schleichend ein.

"Manche Betroffene hatten schon als Kinder häufiger Schmerzen", sagt Winfried Häuser von der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Schmerztherapie. Häufig schmerzt am Anfang nur ein Körperteil. Erst nach und nach breitet sich der Schmerz über den weiteren Körper aus.

Veränderte Schmerzverarbeitung im Gehirn

Wie es zu den Nervenschmerzen kommt, ist nicht ausreichend geklärt. Vermutet wird, dass Infektionskrankheiten wie Borreliose, Muskelerkrankungen, Hormonstörungen oder Verletzungen (etwa durch Unfälle) Auslöser sein könnten. Wissenschaftliche Belege gibt es hierfür jedoch nicht.

Sicher ist aber, dass bei Menschen mit Fibromyalgie die Schmerzverarbeitung gestört ist. Bei ihnen ist die Schmerzhemmung vom Gehirn hinunter zum Rückenmark vermindert. Als Folge lösen bereits schwache Reize Schmerzen aus. Sie sind also keinesfalls nur eingebildet.

Diagnose erfolgt häufig erst nach Jahren

Der schleichende Verlauf ist ein Grund dafür, dass das Fibromyalgie-Syndrom häufig erst nach Jahren diagnostiziert wird. "Bei vielen Betroffenen schmerzt am Anfang das untere Kreuzbein. Dann geht man zum Arzt, bekommt eine Spritze, und das hilft erst mal", erzählt Margit Settan, Vorsitzende der Deutschen Fibromyalgie Vereinigung in Seckach (Baden-Württemberg).

"Irgendwann werden die Schmerzabstände geringer, die Spritze hilft nicht mehr, und der Schmerz tritt an mehr Körperstellen auf." In der Vergangenheit hat es im Schnitt sieben bis neun Jahre gedauert, bis Patienten die Diagnose Fibromyalgie-Syndrom bekamen. Jahre, in denen sie von einem Facharzt zum nächsten gingen, weil ihnen keiner die Schmerzen nehmen konnte. Heute bekommen Betroffene im Schnitt nach drei bis fünf Jahren die richtige Diagnose.

Schlafstörungen und Erschöpfung sind weitere Symptome

Damit das noch schneller geht, müssen sich Patienten öffnen. "Beim Fibromyalgie-Syndrom ist es besonders wichtig, dass der Patient beim Arzt alle Beschwerden schildert", erklärt Häuser. Dazu gehören neben den Schmerzen zum Beispiel auch Schlafstörungen, Erschöpfung oder seelische Beschwerden wie Unruhe und Niedergeschlagenheit.

Menschen mit Fibromyalgie sind außerdem oft unkonzentriert, leicht vergesslich oder fühlen sich beim Denken und in der Wahrnehmung "benebelt". Diese Form der kognitiven Einschränkung bezeichnen Fachleute auch als "Brain Fog" ("Gehirn-Nebel") beziehungsweise "Fibro Fog" ("Fibro-Nebel").

Blutuntersuchung schließt andere Ursachen aus

Wer regelmäßig Medikamente einnimmt, sollte den Arzt darauf hinweisen. Die diffusen Schmerzen können auch eine Nebenwirkung bestimmter Arzneien sein, etwa der weit verbreiteten Cholesterinsenker, sagt Bernhard Arnold von der Deutschen Schmerzgesellschaft in Berlin.

Über eine Laboruntersuchung des Blutes lässt sich klären, ob der Schmerz körperliche Ursachen hat und zum Beispiel auf eine rheumatische Erkrankung oder eine Schilddrüsenfehlfunktion zurückzuführen ist. Das FMS lässt sich durch solche Untersuchungen nicht nachweisen. Der Arzt schließt lediglich aus, dass die Schmerzen andere Ursachen haben.

Bewegung lindert Schmerzen

Das Fibromyalgie-Syndrom ist nicht heilbar. Treten die Schmerzen auf, bleiben sie in der Regel ein Leben lang. Angst vor Invalidität oder einem vorzeitigen Tod müssen Betroffene aber nicht haben. Und es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Nervenschmerzen zu lindern und ihnen vorzubeugen: Menschen mit einer leichten Form des FMS empfiehlt die Leitlinie regelmäßige Bewegung.

"Es ist egal, ob die Patienten Samba tanzen, an Fitnessgeräten trainieren oder walken. Wichtig ist, dass sie Spaß dabei haben", sagt Arnold, der an der Schmerztagesklinik am Klinikum Dachau tätig ist. Nur so bleiben sie regelmäßig dabei. Um einen Trainingseffekt zu haben, sollten sich die Betroffenen dauerhaft zwei- bis dreimal pro Woche bewegen.

Schmerzmittel bei FMS

Bei einer Fibromyalgie eignen sich die typischen Schmerzmittel aus der Gruppe der NSAR (nicht-steroidale Antirheumatika) wie Ibuprofen, Diclofenac oder Paracetamol in der Regel nicht. Auch von opioidhaltigen Schmerzmittel wie Tramadol ist bei Fibromyalgie abzuraten, da sie die Schmerzen nicht überzeugend lindern und zudem rasch abhängig machen können.

Die Schmerzen bei Fibromyalgie lassen sich jedoch bei manchen Betroffenen mit Wirkstoffen wie Amitriptylin, gegebenenfalls auch mit Duloxetin und Pregabalin lindern. Diese sind eigentlich für den Einsatz bei anderen Erkrankungen (wie etwa Depressionen oder Epilepsie) vorgesehen, können aber auch bei Fibromyalgie helfen.

Austausch mit anderen Betroffenen hilft

Die Leitlinien-Empfehlungen beruhen auf den Ergebnissen groß angelegter internationaler Studien. Doch nicht zu jeder Therapie liegen aussagekräftige Untersuchungen vor. Winfried Häuser hat deshalb gemeinsam mit Kollegen FMS-Patienten zu Nutzen und Schaden bestimmter Behandlungen befragt.

Besonders hilfreich empfanden die Befragten Wärmeanwendungen, Thermalbäder und Schulungsprogramme zum FMS. Als schädlichste Therapie beziehungsweise mit besonders vielen unerwünschten Nebenwirkungen nannten sie Medikamente wie Opioide, Antiepileptika und Antidepressiva sowie die Kältetherapie.

Margit Settan von der Deutschen Fibromyalgie Vereinigung rät Patienten, sich regelmäßig mit anderen Betroffenen auszutauschen. "Wir haben Schmerzen, aber es sieht uns keiner an. In einer Gruppe bekommt man viele Informationen." Und man werde akzeptiert, ohne viel erklären zu müssen.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
  • www.rheuma-liga.de: "Fibromyalgie-Syndrom – wenn Muskeln und Glieder dauerhaft schmerzen". Online-Informationen der Deutschen Rheuma-Liga (Abrufdatum: 04.06.2023) .
  • www.patienten-information.de: "Fibromyalgie". Online-Informationen des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin (ÄZQ): www.patienten-information.de (Stand: Juni 2021)
  • Fibromyalgie – mit der Krankheit leben lernen (PDF). Online-Informationen der Deutschen Rheuma-Liga: www.rheuma-liga.de (Stand: 2020) Fibromyalgie.
  • www.gesundheitsinformation.de: "Fibromyalgie". Online-Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG): (Stand: 21.12.2018)
  • Leitlinien der Deutschen Schmerzgesellschaft: Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie des Fibromyalgiesyndroms (PDF). AWMF-Leitlinien-Register Nr. 145/004 (Stand: Februar 2017)
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