Die unterschätzte Gefahr So gefährlich ist Feinstaub für Herz und Gefäße
Übergewicht, Rauchen, Bluthochdruck und hohes LDL-Cholesterin schaden dem Herzen und den Gefäßen. Doch Luftverschmutzung ist ebenfalls ein Haupt-Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Einer Studie zufolge verkürzt sich dadurch das Leben der Europäer sogar um rund zwei Jahre. Experten fordern daher die Senkung der Grenzwerte für Feinstaubbelastung.
"Feinstaub ist das größere, vor allem aber ein noch immer unterschätztes Gesundheitsrisiko", sagt Kardiologe Professor Thomas Meinertz in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "HERZ heute", die von der Deutschen Herzstiftung herausgegeben wird. Je größer die Luftverschmutzung sei, umso wahrscheinlicher seien Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Feinstaub verkürzt die Lebenserwartung
Meinertz verweist auf eine Studie an der Universität Mainz, die im Frühjahr im "European Heart Journal" erschienen ist. Demnach sterben in Europa jährlich etwa 133 Menschen pro 100.000 Einwohner vorzeitig an den Folgen von verschmutzter Luft.
Was ist Feinstaub? Mit jedem Atemzug inhalieren wir winzige Teilchen wie Rußpartikel, Reifen- und Bremsabrieb, Sandkörnchen, Glasstaub und Mikroplastik. Sie werden als Feinstaub oder Schwebestaub bezeichnet, da sie nicht sofort zum Boden sinken, sondern eine gewisse Zeit in der Atmosphäre schweben. Neben Feinstaub tragen auch Stickstoffoxide zur Luftverschmutzung bei. Die Hauptquellen sind Verbrennungsmotoren, Autoabgase und Feuerungsanlagen für Kohle, Öl, Holz und Abfälle.
Diskussion um Grenzwerte
Verschmutzte Außenluft ist demnach ein ähnlich großer Risikofaktor für Herz- und Gefäßerkrankungen wie Tabakrauch, ist im Gegensatz zu diesem jedoch nicht individuell vermeidbar. Daher fordern die Mainzer Forscher, die Feinstaubbelastung weiter zu senken und die Grenzwerte anzupassen. Zudem müsse Feinstaub als Verursacher von Herz-Kreislauf-Erkrankungen in den Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie stärker in den Vordergrund gerückt werden.
Ab wann ist Feinstaub ungesund? Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nennt einen Grenzwert von zehn Mikrogramm Feinstaub (PM 2,5) pro Kubikmeter Luft als Vorgabe. PM steht für die Maßeinheit "particular matter", die Zahl 2,5 bezeichnet Teilchen, deren aerodynamischer Durchmesser weniger als 2,5 Mikrometer beträgt. Deutschland – wie die gesamte Europäische Union – liegt mit einem Grenzwert im Jahresmittel von 25 Mikrogramm (PM 2,5) pro Kubikmeter Luft erheblich über den Empfehlungen der Gesundheitsexperten.
Feinstaub als Ursache für Gefäßverkalkung und Blutgerinnsel
Experten gehen davon aus, dass Feinstaubpartikel Entzündungsprozesse in den Gefäßwänden auslösen und das Entstehen gefährlicher Blutgerinnsel fördern. Bei einer Partikelgröße von weniger als 0,1 Mikrometern, was in etwa der Größe eines Virus entspricht, wandern die Staubteilchen nach dem Einatmen über die Lunge sofort in die Blutbahn und gelangen von dort in die Gefäßwand.
"Dort werden chronische Entzündungsprozesse ausgelöst und so die Arteriosklerose begünstigt", sagt Meinertz. Bei Menschen, die ständig verunreinigte Luft einatmen, könne dies zu Schäden der Gefäße, die das Herz und das Gehirn versorgen, führen. Der Experte rät daher: "Insbesondere ältere Patienten mit Herz- und Lungenerkrankungen sollten sich bei hoher Luftverschmutzung besonders wenig außerhalb des Hauses aufhalten."
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Experten fordern politisches Handeln
Wie gefährlich Feinstaub für die Gesundheit ist, haben auch das Umweltbundesamt und Wissenschaftler der Nationalen Akademie Leopoldina erkannt. Sie fordern eine Absenkung der Feinstaubgrenzwerte und sehen eine "nachhaltige Verkehrswende" als notwendig an. Diese erfordere die Weiterentwicklung von Mobilitätsformen mit geringen Emissionen wie etwa Elektroautos. Auch die Deutsche Herzstiftung hält schärfere Grenzwerte im Sinne des vorsorglichen Gesundheitsschutzes für zwingend erforderlich.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.