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Gelenkerkrankung: Arthrose wird immer häufiger & Patienten jünger


Gelenkverschleiß
Arthrose betrifft immer häufiger auch junge Menschen

dpa, t-online, Andrea Barthélémy

Aktualisiert am 14.02.2021Lesedauer: 3 Min.
Arthrose in den Knien: Die Patienten werden immer jünger.Vergrößern des Bildes
Arthrose in den Knien: Die Patienten werden immer jünger. (Quelle: yodiyim/getty-images-bilder)

Arthrose im Knie wünscht man niemandem. Bei manchen Patienten, die unter der Gelenkerkrankung leiden, ist jeder Schritt eine Qual. Harvard-Wissenschaftler haben herausgefunden: Der Anteil der Menschen mit schmerzhaften Kniearthrosen (Gonarthrosen) hat sich seit der frühindustriellen Zeit mehr als verdoppelt, sodass man längst nicht mehr von einer altersbedingten Krankheit sprechen kann.

Das geht aus einer US-Studie in den "Proceedings" der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften ("PNAS") hervor. "Die große Überraschung für uns war, dass dies nicht nur geschieht, weil Menschen länger leben oder dicker sind, sondern vor allem aus anderen Gründen, die wohl mit unserer modernen Lebensumwelt zu tun haben", sagte Erstautor Ian Wallace von der Harvard University.

Die Forscher waren für ihre Studie kreuz und quer durch die USA gereist und hatten mehr als 2.000 menschliche Skelette auf Kniearthrose untersucht. Einige davon (176) waren Tausende Jahre alt (6000 bis 300 vor Christus). 1.581 Untersuchte lebten in der frühindustriellen Zeit (Sterbedatum zwischen 1905 und 1940), 819 analysierte Skelette stammten aus der modernen Zeit (Sterbedatum zwischen 1976 und 2015).

Wie ein Gelenk aufgebaut ist: Durch Gelenken sind Knochen miteinander verbunden. Um das Gelenk herum liegt die Gelenkkapsel, die auf festem Bindegewebe besteht. Innen ist die Gelenkhöhle mit einer weichen Bindegewebsschicht und mit einer gallertartigen Flüssigkeit (Gelenkschmiere) gefüllt. Die Gelenkflüssigkeit verhindert, dass es zu einer Reibung kommt, die Schmerzen verursacht. Im Zusammenspiel mit Muskeln, Sehnen und Bändern ermöglichen Gelenke die Bewegungen des menschlichen Körpers.

Kniearthrose doppelt so häufig wie früher

Die Forscher fanden bei 16 Prozent der Skelette aus der jüngsten Ära Kniearthrose, bei sechs Prozent aus der frühindustriellen Zeit und bei acht Prozent aus der Frühzeit. Das Ergebnis bereinigten die Forscher dann – soweit möglich – nach Alter, Geschlecht und Gewicht. Doch auch nach der Bereinigung lag die Häufigkeit der Kniearthrose bei Menschen, die nach dem 2. Weltkrieg starben, gut doppelt so häufig wie bei Menschen der frühindustriellen Zeit.

Bei Arthrose bildet sich die Knorpelsubstanz der Gelenke zurück, zugleich können Knochen-Wucherungen um die Gelenke herum entstehen. Dies ist oft mit starken Schmerzen und Bewegungseinschränkungen verbunden. Schätzungsweise jeder fünfte Amerikaner ab 45 Jahre aufwärts ist davon betroffen, ab 60 ist sogar etwa jeder dritte in Behandlung. Eine heilende Therapie gegen die Gelenkerkrankung gibt es leider nicht. Allerdings können durch Gewichtabnahme, Bewegungstherapie und elastische Bandagen, die das Kniegelenk stützen, die Gelenkschmerzen gelindert und das Fortschreiten der Krankheit verlangsamt werden.

Was ist Arthrose? Bei einer Arthrose wird die Knorpelschicht eines Gelenks zerstört. Damit einher gehen Knochenveränderungen. Die Gelenke reiben unmittelbar aufeinander und es kommt zur Zerstörung der Gelenkknorpel. Der Patient verliert dadurch die Fähigkeit, sich frei zu bewegen. Schubweise treten immer wieder Entzündungen im Gelenk auf, es schwillt an und schmerzt. Am häufigsten betroffen sind bei Arthrose die Hände, Knie und Hüften, aber auch jedes andere Gelenk kann erkranken. Eine heilende Therapie gibt es bislang noch nicht, nur die Schwerzen können gelindert werden.

Falsche Ernährung schadet den Gelenken

Die Erkrankung sei offenbar kein feststehendes Altersschicksal, schlussfolgern die Autoren. Um Prävention zu ermöglichen, müsse man nun noch mehr über die Risikofaktoren herausfinden. Möglicherweise seien dies Übergewicht und zu wenig Bewegung, was wiederum zu schwächeren Muskeln und Knorpeln führe, aber auch eine Ernährung, die zu reich an raffinierten Kohlenhydraten sei. Auch zu viel Bewegung auf asphaltierten Straßen, in falschen Schuhen, sowie Gelenkentzündungen und natürlich Adipositas könnten den Verschleiß und somit die Arthrose im Knie begünstigen.

"Diese Studie ist hochinteressant", sagt Karl-Dieter Heller (Braunschweig), Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Endoprothetik. Die Zahl der Kniearthrosen und Endoprothesen nehme auch in Deutschland stark zu. "Und das kann man nicht nur mit Adipositas erklären – die macht viel aus, aber nicht alles."

Was ist Arthritis? Der Fachbegriff für eine Gelenkentzündung lautet Arthritis - es gibt jedoch viele verschieden Ausprägungen der Erkrankung mit unterschiedlichsten Ursachen. Häufig sind Infektionen mit Bakterien verantwortlich für eine Arthritis. Sie können direkt am Gelenk eine Entzündung verursachen, typischerweise durch Staphylokokken oder Streptokokken verursacht. Die Erreger können aber auch von einem anderen Entzündungsherd im Körper über die Blutbahn ins Gelenk wandern und die Gelenkerkrankung verursachen.

Gelenkerkrankungen: Die Patienten werden immer jünger

Die möglichen Gründe, die die Harvard-Forscher für den Trend nennen, findet Heller plausibel. Viele Menschen bewegten sich kaum noch, im Beruf sowie in der Freizeit. Der Knorpel im Knie zu wenig ernährt, geschädigt und irgendwann abgebaut. durch die Belastung werde dann Bewegung erst recht schmerzhaft. "Das ist dann ein sich selbst unterhaltender Prozess."

Neue Diagnose-Methode für Arthrose: Forscher haben im Rahmen einer Pilotstudie einen neuen Weg gefunden, Arthrose zu erkennen. Dabei werden die charakteristischen Knirschgeräusche, die mit der Gelenkerkrankung einhergehen, für die Diagnose genutzt. Anhand des Schallprofils erkennen Mediziner den Gelenkverschleiß nicht nur genauso gut wie mit herkömmlichen Methoden. Es zeigen sich sogar Auffälligkeiten, die auf Röntgen- oder MRT-Bildern noch nicht zu sehen sind. Ob die Schalldiagnostik tatsächlich eine frühe Diagnose von Arthrose ermöglicht, müssen allerdings weitere klinische Studien bestätigen.

Knie-Operation muss nicht immer sein

In Deutschland werden seinen Angaben nach jährlich 170.000 Knie-Prothesen und 230.000 künstliche Hüftgelenke eingesetzt. "Und bei den Knien werden die Patienten, die sich in Behandlung begeben, immer jünger. Schon etwa 20 Prozent sind unter 60 Jahren."

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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