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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Anfangs nur ein blinder Fleck Grüner Star kommt schleichend
Das Glaukom wird oft ein wenig verharmlosend Grüner Star genannt. Diese Schädigung des Sehnervs ist jedoch tückisch. Denn der Betroffene bemerkt sie erst, wenn er beim Sehen deutlich beeinträchtigt ist. Unbehandelt kann das Glaukom zur Erblindung führen.
Auf einmal fiel es auf: Dennis Riehle aus Konstanz wollte die Straße überqueren, doch das übliche "Schnell links gucken, schnell rechts und rüber" klappte nicht. Beim Blick nach rechts musste er den Kopf stark drehen und sich sehr konzentrieren. "Bis heute fühle ich mich unsicher an einer Straße und habe Angst, dass ich etwas übersehe", sagt der 29-Jährige.
Dennis Riehle ist einer von knapp einer Million Menschen, die in Deutschland laut dem Berufsverband der Augenärzte (BVA) von einem Glaukom betroffen sind, im Volksmund auch Grüner Star genannt. Ein Frühstadium sei bei rund 1,3 Millionen zu erkennen.
Nervenfasern und Nervenzellen sind geschädigt
Bei einem Glaukom sind die Nervenfasern und Nervenzellen des Sehnervs sowie der Netzhaut geschädigt. Dem Betroffenen kommt es vor, als sei ein Teil des Blickfeldes wie ausradiert. Die Krux: Er merkt solche Ausfälle anfangs kaum, denn sie treten schleichend und zunächst am äußeren Gesichtsfeld auf. "Das Gehirn füllt die Lücken des Bildes auf", erklärt Prof. Hans Hoerauf vom BVA. Mit der Zeit werden die Ausfälle aber immer größer.
Risiko für ein Glaukom steigt mit dem Alter
Hauptgrund für den Grünen Star ist ein erhöhter Augeninnendruck. Um Form und Sehfunktion des Auges zu erhalten, braucht es einen bestimmten Innendruck. Erzeugt wird dieser Druck laut Augencentrum Mülheim durch ein Gleichgewicht zwischen produziertem und abfließendem Kammerwasser. Dieses System werde jedoch im Laufe des Lebens weniger durchlässig und der Sehnerv empfindlicher. Die Produktion des Kammerwassers bleibe gleich, der Abfluss jedoch werde behindert. Der Augeninnendruck steigt an. Das Risiko für ein Glaukom nimmt daher mit dem Alter zu.
Einst sah man den erhöhten Augeninnendruck ab 21 mmHg als Auslöser. Dies gilt heute als überholt. Denn auch Patienten, die einen Druck unterhalb dieser Grenze haben, können an einem Glaukom erkranken. Und ein Teil der Menschen, die einen höheren Wert haben, entwickeln keinen Grünen Star.
"Wachsam sollte man auch sein, wenn Verwandte ersten oder zweiten Grades wie Eltern, Geschwister oder Großeltern unter einem Glaukom leiden", erklärt Hoerauf. Bei Dennis Riehle etwa hatten alle Großeltern einen Grünen Star. Auch stark Kurzsichtige ab minus fünf Dioptrien sind gefährdet, ebenso Diabetiker. Es gibt meist nicht nur eine einzige Ursache, die die Nervenfasern des Sehnervs schädigen.
Familiär Vorbelastete sollten früher zum Check-up
"Jeder Mensch sollte ab dem 40. Lebensjahr alle vier Jahre die Glaukom-Früherkennung beim Augenarzt wahrnehmen", rät Hoerauf. Wer familiär vorbelastet sei, sollte den Check-up ab dem 30. Lebensjahr einmal im Jahr machen lassen. Bei der Vorsorge wird nicht nur der Augeninnendruck gemessen, sondern der Augenarzt sieht sich auch den Sehnervkopf genau an. Hat er einen Verdacht, sind weitere Untersuchungen der Nervenfaserschichtdicke und der Hornhautdicke sinnvoll.
Letztere spielt bei der Messung des Augeninnendrucks eine wichtige Rolle: Eine dickere Hornhaut täuscht einen zu hohen Druck vor und eine dünne Hornhaut einen zu niedrigen. Diese schmerzfreien Vorsorgeuntersuchungen werden allerdings nicht von der Krankenkasse bezahlt. "Es ist im eigenen Interesse, ein Glaukom so früh wie möglich zu erkennen", sagt Angelika Ostrowski vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband in Berlin.
Augeninnendruck wird gesenkt
Wird ein Grüner Star nicht rechtzeitig erkannt und behandelt, können die Schäden am Sehnerv fortschreiten und bis zur Erblindung führen. Sind bereits Schäden entstanden, können sie nicht geheilt werden, aber die Chancen sind gut, der Erkrankung Einhalt zu gebieten.
Behandelt wird das Glaukom mit Augentropfen, mit denen der Augeninnendruck gesenkt wird. Wirkstoffe sind Prostaglandine, Carboanhydrasehemmer oder Betablocker. Je nach Patient werden Wirkstoffe auch kombiniert.
Betroffene müssen mit Nebenwirkungen rechnen
Viele Patienten reagieren allergisch auf Wirkstoffe beziehungsweise Konservierungsstoffe in den Mitteln. So war es auch bei Riehle. "Die Augen wurden knallrot, und es hat wahnsinnig gebrannt", erinnert er sich. Er probierte vier Augentropfen, bis er ein Mittel fand, das er vertrug.
Es kommt außerdem vor, dass trotz des probaten Mittels der Augeninnendruck dennoch nicht sinkt. Manch einer tropft unwissend falsch. "Man sollte den Augenarzt bitten, es einem zu zeigen", rät Ostrowski. Augenarzt Hoerauf empfiehlt: "Nach dem Tropfen sollte man eine halbe Minute nicht mit den Augen blinkern, sondern die Augen am besten schließen."
Außerdem solle man den Tränen-Nasengang, an der Nasenwurzel direkt am Auge, zuhalten. "So wirken die Tropfen besser", sagt Hoerauf. Ostrowski empfiehlt, die vorgegebenen Zeiten des Tropfens einzuhalten. "Auch sollte man die Kontrolluntersuchungen beim Arzt im Blick behalten." Wirken die Medikamente nicht ausreichend, kann eine Operation erwogen werden.
Prognosen sind nicht möglich
Bei Dennis Riehle konnte der Augeninnendruck mit den Tropfen deutlich gesenkt werden. Dennoch: "Keiner kann mir sagen, wie es weitergehen wird. Prognosen sind nicht möglich", sagt er. Der Konstanzer engagiert sich in einer Selbsthilfegruppe für den Bundesverband Glaukom-Selbsthilfe. Dort gebe man sich Tipps, wie man mit den Einschränkungen umgeht. Riehle sagt: "Ich habe ein anderes Verständnis für das Sehen bekommen."
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.