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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Nicht immer Demenz Vergesslichkeit kann auf Depression hindeuten
Vergesslich und unkonzentriert ist jeder mal. Häufen sich die mentalen Aussetzer jedoch, sollten Sie hellhörig werden. Denn hinter Gedächtnisstörungen und Konzentrationsschwierigkeiten können ernste körperliche oder psychische Erkrankungen stecken.
Ursachen: Wie kommt es zu Konzentrationsstörungen?
Vergesslichkeit und Konzentrationsprobleme können viele Ursachen haben. Sie treten häufig infolge von Stress, körperlicher und seelischer Erschöpfung oder Schlafmangel auf. Aber auch Flüssigkeits- und Nahrungsmangel sowie Alkoholmissbrauch und Medikamente beeinträchtigen die kognitive Leistungsfähigkeit. Ebenso können Gedächtnisstörungen ein Hinweis auf Demenzerkrankungen, Schilddrüsenerkrankungen, Herzschwäche, Parkinson oder eine gestörte Hirndurchblutung sein.
Auch bei Depressionen kommt es sehr oft zu kognitiven Einbußen. Neben den Hirnregionen, die für die Gefühle und Emotionen verantwortlich sind, sind meist auch diejenigen beeinträchtigt, die für die Aufmerksamkeit und Konzentration zuständig sind. Darunter leiden das Gedächtnis, die Lern- und Merkfähigkeit und das Lerntempo.
Depressionen hemmen das Denken
"Depressive Menschen leiden meist unter negativen Gedanken, einer anhaltend gedrückten Stimmung sowie Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit und Apathie", sagt Christa Roth-Sackenheim vom Berufsverband Deutscher Psychiater (BVDP). Allein diese Symptome seien bereits sehr belastend. Parallel dazu komme es aber auch oft zu kognitiven Einschränkungen wie Konzentrationsschwierigkeiten oder mangelnder Aufmerksamkeit, was die Bewältigung des beruflichen und auch privaten Alltags zu einer enormen Herausforderung mache.
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"Während einer depressiven Episode kann es zu einer generellen kognitiven Verlangsamung sowie einer Hemmung des Denkens kommen", sagt Roth-Sackenheim. Betroffenen falle es dadurch besonders schwer, Dinge zu planen, Entscheidungen zu treffen oder auch persönliche Ziele festzulegen. Vielen Depressiven sei gar nicht bewusst, dass ihre Konzentrationsprobleme massive Auswirkungen haben können. Denn neben Schwierigkeiten im beruflichen Alltag können die kognitiven Einschränkungen auch im Privatleben negative Auswirkungen haben, weil beispielsweise Verabredungen und das Pflegen sozialer Kontakte schnell zur Überforderung werden.
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Konzentrationsstörungen: Symptome
Treten Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen im Zusammenhang mit einer Depression auf, können sie sich auf unterschiedliche Art äußern:
- Probleme, sich Dinge zu merken
- Schwierigkeiten mit dem Kurzzeitgedächtnis
- Orientierungsschwierigkeiten
- Wortfindungsstörungen
- Vergesslichkeit
- Lernprobleme
- Aufmerksamkeitsdefizite
Häufig geht eine Konzentrationsschwäche einher mit:
- Interessens- und Antriebsverlust
- innerer Unruhe
- Selbstwertverlust
- Schlafstörungen
- Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust
- Rückzug aus sozialen Beziehungen
Vergesslichkeit: Beginnende Demenz oder Depression?
Depressionen und Demenzen sind die häufigsten psychischen Erkrankungen im Alter. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) weist darauf hin, dass Konzentrationsstörungen und Gedächtnisprobleme bei älteren Menschen oft als Demenz fehlgedeutet werden und dahinterstehende Depressionen unerkannt bleiben. Eine korrekte Diagnose sei jedoch wichtig, da Depressionen auch im Alter gut behandelbar seien, Demenzen hingegen meist nicht.
Studien belegen, dass bei bis zu 20 Prozent derjenigen, die zur Abklärung einer Demenz eine Gedächtnissprechstunde aufsuchen, eine Depression für die geistigen Leistungseinbußen wie Vergesslichkeit, geringe Aufmerksamkeit und Konzentrationsstörungen verantwortlich ist. Häufig ist für die Abgrenzung einer Depression von einer beginnenden Demenz im Alter eine ausführliche Diagnostik notwendig.
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Wann zum Arzt?
Eine Depression führt immer zu schweren Veränderungen im Erleben und Verhalten und macht eine professionelle Behandlung in den meisten Fällen erforderlich. Bleibt die Erkrankung unbehandelt, kann sich die Situation für Erkrankte weiter verschärfen."Wichtig ist, dass betroffene Personen den Mut haben, über ihren Zustand offen mit ihrem Arzt, aber auch mit ihren Familienangehörigen und dem Partner zu sprechen. Freunde oder Angehörige sollten die Person dann dazu motivieren, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen", rät Roth-Sackenheim.
"Bereits nach wenigen Behandlungstagen kann manchmal bereits eine Besserung der Beschwerden eintreten – verbunden mit der Fähigkeit, wieder Freude und Hoffnung verspüren zu können, aber auch wieder leistungsfähiger zu werden", erklärt die Psychiaterin.
Beim ersten Auftreten von depressiven Symptomen, die länger als zwei Wochen anhalten, ist es daher immer ratsam, mit dem Hausarzt die Beschwerden, Gedanken und depressiv veränderten Gefühle und Verhaltensänderungen zu besprechen. Er kann gegebenenfalls an einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie überweisen. Depressive Episoden lassen sich mit Medikamenten und Psychotherapie gut behandeln, die Lebensqualität der Betroffenen kann sich dadurch entscheidend verbessern.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- www.psychiater-im-netz.org
- Max Planck Institut für Psychiatrie
- Bundespsychotherapeutenkammer ((BPtK)
- Jing Fang, Selver Demic, Sen Cheng: The reduction of adult neurogenesis in depression...; Plos One, 2018, DOI: 10.1371/journal.pone.0198406