Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Problem auf der Kopfhaut Wenn Schnee auf die Schultern rieselt
Sie sind nicht nur lästig, sondern können auch das Selbstbewusstsein stark beeinträchtigen. Unsere Kolumnistin Dr. Yael Adler erklärt, was wirklich gegen Schuppen hilft.
Wer in einem Fahrstuhl unterwegs ist und Blickkontakt vermeiden möchte, sucht sich irgendeinen Punkt im Aufzug. Je nach Auslastung des Lifts ist es die Wand oder die Tür, manchmal aber bleiben wir auch an einem Jackettkragen oder -revers hängen. Und wir stellen fest: Der Träger schaut entweder zu selten in den Spiegel oder hat längst aufgegeben. Denn Kopfschuppen auf dunklem Textil gehen auch nicht als Weihnachtsdeko durch – sie haben das ganze Jahr über Saison.
Zur Person
Dr. med. Yael Adler ist Fachärztin für Dermatologie, Venerologie, Phlebologie und Ernährungsmedizin (DGEM). Seit 2007 praktiziert sie in ihrer eigenen Praxis in Berlin. Ihr Talent, komplexe medizinische Sachverhalte anschaulich und unterhaltsam zu vermitteln, stellt sie seit Jahren in Vorträgen, Veranstaltungsmoderationen und den Medien unter Beweis. Über Prävention und Therapien spricht sie regelmäßig in ihrem Podcast "Ist das noch gesund?". Ihre Bücher "Haut nah" und "Darüber spricht man nicht" standen auf Platz 1 der "Spiegel"-Bestsellerliste. Mit ihrem letzten Buch "Genial vital! – Wer seinen Körper kennt, bleibt länger jung" durfte sich die leidenschaftliche Ärztin erneut über diese Spitzenplatzierung freuen.
Das ist an sich noch nicht alarmierend: Jeder Mensch verliert an jedem Tag unzählige Schuppen, allerdings sind Einzelzellen, die abfallen, für das Auge nicht sichtbar, sondern erst, wenn Tausende aneinanderkleben. Unsere Haut – und nicht nur die auf dem Kopf – arbeitet diesbezüglich durchgehend, und abgestorbene Zellen müssen ihren Nachfolgern weichen. Auch die Epidermis der Kopfhaut erneuert sich einmal komplett im Turnus von vier Wochen.
Beschleunigt sich dabei der Abgang abgestorbener Zellen, kommt es zu Verklumpungen, da sie keine Zeit und Ruhe hatten, sich gesittet voneinander zu lösen. Wenn also etwa tausend von ihnen eng umschlungen ihre letzte Reise antreten, werden sie erst als Kopfschuppen sichtbar. Das beschleunigte Abschuppen deutet darauf hin, dass die Oberhaut irritiert ist, einen lästigen Reiz loswerden will und daher den Zelldurchlauf eiliger ablaufen lässt. Dies geschieht auf Kosten der Reifung und Lösung vom "Elternhaus". Erst einmal keine Katastrophe, wenn man davon absieht, dass sich unser kosmetisch-ästhetisches Empfinden in den vergangenen Jahrzehnten stark verfeinert hat, optisch, und auch, was (Körper-)Gerüche anbelangt.
Psychische Folgen
Außerdem warnen Ärzte sogar vor psychischen Folgeeffekten der verstärkten Schuppenbildung: Betroffene fühlen sich machtlos, wenn sich ihr Zustand nicht bessert, haben den Eindruck, sie würden von ihrer Umgebung ausgegrenzt und könnten auf diese Weise sogar depressiv werden. Bei schwerwiegenden Schuppen wie bei einer Schuppenflechte sind Betroffene in der Tat stigmatisiert.
Natürlich gibt es jede Menge Kosmetikprodukte, die auf der Kopfhaut für Ordnung sorgen wollen: Manchmal ist unsere Haut einfach zu trocken, manchmal aber tun unsere Talgdrüsen zu viel des Guten – dann schlägt die Stunde für Malassezia furfur (auch Pityrosporum ovale genannt), einen Hefepilz, der es sich gern gut gehen lässt und hinterher freie Fettsäuren ausscheidet. Die freien Fettsäuren wiederum irritieren die Kopfhaut so stark, dass diese, quasi im Abwehrreflex, beginnt, schneller abzuschuppen, weil sie Pilz und Fettsäuren loswerden will. Klappt aber so nicht.
Manchmal hilft nur Medizin
Wer fettige Schuppen zwischen den Fingern zerreibt, erkennt eine Art Ölfilm auf der Haut. Betroffene, die unter fettigen Schuppen leiden, haben sie auch oft am Bart, den Nasenflügeln und den Ohren, zudem oft Rötungen an der Stirn, im Bereich der Augenbrauen, rechts oder links der Nase. Manchmal finden sich auch Plaques und Pickel oder bräunliche beziehungsweise weißliche Flecken auf dem Oberkörper und in der Schweißrinne der Brust. Auch wer sich alle zwei Tage die Haare waschen muss, weil sie sonst fettig zu glänzen beginnen, kann davon ausgehen, dass er an fettigen Schuppen leidet. Derartige Kopfschuppen sind eine milde oder ausgeprägte Form des seborrhoischen (fettigem) Ekzems. Bei ausgeprägten Formen sollte nicht mit Kosmetika, sondern medizinsicher Pflege gearbeitet werden oder richtigen Arzneimitteln vom Hautarzt.
Das seborrhoische Ekzem ist also kein Projekt der individuellen Selbstheilung. Hier sind bestimmte entzündungshemmende, gegen Pilze wirkende und Talg reduzierende Präparate notwendig. Verzichten Sie außerdem auf Kuhmilch, Zucker, Weißmehl, Fastfood und Marihuana.
Finger weg vom Föhn
Trockene Schuppen entstehen bei Menschen, deren Haare nie richtig fettig werden, und deren Kopfhaut schnell mit Irritationen auf Pflegemittel reagiert. Hier ist alles zu empfehlen, was die Haut nicht noch weiter austrocknen lässt. Betroffene sollten sich seltener die Haare waschen und besonders milde Shampoos aus Zucker- oder Kokostensiden verwenden – ohne Farb-, Duft- oder Konservierungsstoffe und nicht schäumend. Stattdessen kann das Shampoo gegebenenfalls mit Urea (Harnstoff) versetzt sein, einem natürlichen Feuchthaltefaktor. Außerdem hilft es, aufs Haareföhnen zu verzichten.
Nicht oder falsch behandelte Schuppenbildung kann sich auch in andere Richtungen entwickeln: vielleicht ist sie der Auftakt von Haarausfall, ein Symptom speziellerer Pilzinfektionen oder weist auf Allergien hin. Der Hausarzt kann den Weg weisen, der Dermatologe alles Nähere anhand einer Gewebeprobe untersuchen und die für den speziellen Fall optimale Behandlungsstrategie entwickeln.
Im Winter wird es schlimmer
Der Hautarzt empfiehlt Präparate aus der Apotheke zur wirksamen Eigentherapie, meist sind es Antipilz-Shampoos, Selendisulfid, Zinkpyrithion, Ciclopiroxolamin und Ketoconazol, die den Hefepilz Malassezia furfur das Fürchten lehren. Diese Shampoos gibt es auch rezeptfrei. Sie sind komfortabel in der Anwendung, weil sie nur drei Minuten lang einwirken müssen – zur Anwendung als medizinische Shampoos, also der gezielten Haar- und Kopfhautwäsche ohne kosmetische Begleitstoffe. Darüber hinaus gibt es schieferölhaltige Präparate, Selensulfid oder salizylsäurehaltige Lösungen und Kortison.
Wirkstoff-Shampoos werden beim Waschen in die Kopfhaut einmassiert, wirken dort eine gewisse Zeit ein und werden dann gewissenhaft wieder ausgespült. Diese Therapie zieht sich in manchen Fällen über Wochen hin, gilt aber als Erfolg versprechend. Danach wird mit handelsüblichen Shampoos weitergewaschen, allerdings nur, wenn in der Folgezeit nicht schon wieder lästig verstärkte Schuppenbildung auftritt. Das seborrhoische Ekzem wird im Winter übrigens schlechter, im Sommer besser.
Apfelessig hilft oft
Wer aus gegebenem Anlass vorbeugen oder gegensteuern will, benutzt zur Haarpflege eine ayurvedische Kopfhauttinktur mit Neem, Kurkuma, Färberwurzel, Sweet Indrajao oder Kokosöl: Einmal täglich auf die Kopfhaut aufgetragen, wirken diese Substanzen entzündungshemmend, sie regulieren den pH-Wert, lindern außerdem den Juckreiz und pflegen die Haut durch Rückfettung und Bewahrung der Hautfeuchtigkeit. Sie sind geeignet bei Schuppen, Schuppenflechte, Neurodermitis, Juckreiz und Entzündungen der Kopfhaut.
Möglich ist auch die Behandlung mit ein bis zwei Esslöffeln Apfelessig auf einen Liter Wasser zur Haarwäsche. Der Apfelessig hilft bei der Regeneration des Säureschutzmantels auf der Kopfhaut und vertreibt unerwünschte Kopfhautkeime. Außerdem legt das Essigwasser Hornhautlamellen an den Haarschaft an und verleiht dem Haar einen schönen und gesunden Glanz.
Bleiben Sie also klar im und auf dem Kopf, und kommen Sie gesund durch die Zeit!
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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