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Blasenschwäche: Was tun? Expertin klärt auf und gibt Tipps


Meinung
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Kolumne "Gesundheit!"
Das hilft wirklich bei Blasenschwäche

MeinungEine Kolumne von Dr. med. Yael Adler

27.01.2024Lesedauer: 4 Min.
Gymnastik wie Beckenbodentraining hilft gegen Blasenschwäche.Vergrößern des Bildes
Gymnastik wie Beckenbodentraining hilft gegen Blasenschwäche. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)
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Es ist normal, wenn unser körpereigener Abwasserbehälter einen hohen Füllstand meldet. Wer aber zu oft muss, leidet unter Blasenschwäche. Unsere Kolumnistin gibt Tipps.

Vesica urinaria ist nicht etwa der Name einer römischen Göttin, sondern der medizinische Fachbegriff für eines unserer wichtigsten inneren Hohlorgane. Hätten wir es nicht, der in unseren Nieren als Filtrat und Stoffwechselprodukt erzeugte Urin würde Tag und Nacht und überall fröhlich und völlig willkürlich aus uns herauslaufen.

Wer möchte schon als fließendes Gewässer durch die Welt gehen, und deshalb ist die Harnblase einer unserer verlässlichsten Begleiter. Sie ermöglicht es uns schließlich, den Harn zu sammeln und erst bei passender Gelegenheit und vor allem am passenden Ort abzulassen. Und deshalb können wir sie nicht genug hätscheln. Auch, weil sie mitunter übersensibel reagiert und bei nasskaltem Wetter schon einen mittellangen Aufenthalt an der Bushaltestelle ziemlich übelnehmen kann.

Yael Adler
(Quelle: Markus Höhn)

Zur Person

Dr. med. Yael Adler ist Fachärztin für Dermatologie, Venerologie, Phlebologie und Ernährungsmedizin (DGEM). Seit 2007 praktiziert sie in ihrer eigenen Praxis in Berlin. Ihr Talent, komplexe medizinische Sachverhalte anschaulich und unterhaltsam zu vermitteln, stellt sie seit Jahren in Vorträgen, Veranstaltungsmoderationen und den Medien unter Beweis. Über Prävention und Therapien spricht sie regelmäßig in ihrem Podcast "Ist das noch gesund?". Ihre Bücher "Haut nah" und "Darüber spricht man nicht" standen auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste. Mit ihrem letzten Buch "Genial vital! – Wer seinen Körper kennt, bleibt länger jung" durfte sich die leidenschaftliche Ärztin erneut über diese Spitzenplatzierung freuen.

Wichtig ist zu wissen, dass Harndrang sich ab einer Füllmenge von 150 bis 300 Millilitern einstellt. Vesica urinaria ist also ausgesprochen vorsorglich und vorausfühlend, denn das reale Fassungsvermögen der Harnblase liegt bei Erwachsenen bei immerhin 500 bis 700 Millilitern. Aber die Zeit ab Vorwarnung bis zum Auffinden einer Toilettengelegenheit kann schon mal entscheidend sein. Die technische Ausstattung ist relativ hightechmäßig: zwei Harnleiter, Pipelines, die den Urin von den in beiden Nieren als Auffanglager arbeitenden Nierenbecken antransportieren, zwei Blasenschließmuskel, die unerwünschten Flüssigkeitsabgang verhindern sollen.

Der innere wird vom vegetativen Nervensystem befehligt und funktioniert unabhängig von unserem Bewusstsein, anders als der äußere, der unserem Willen folgt – so lange, bis eine zu starke Füllung der Blase den Mechanismus außer Kraft setzt. Die Harnblase selbst ist – je nach Füllstand – dehnbar. Trotzdem ist der ganze Mechanismus auch bei liebevollster Pflege besonders im fortgeschrittenen Alter zuweilen Schwankungen oder Störungen unterworfen: die Höchstmenge an Urin, die unsere Blase halten kann, nimmt im Laufe unseres Lebens ab. Der Harndrang stellt sich früher und/oder stärker ein, und die Zeiten, in denen manch einer einen Vormittag über schlicht vergaß, aufs Klo zu gehen, sind unwiderruflich vorbei.

Schwindender Kontakt zur Kommandozentrale

Denn auch die Nervenverbindungen zur Kommandozentrale im Gehirn unterliegen dem allmählichen Verschleiß – das Informationstempo verlangsamt sich, oder die Botschaften aus dem Oberstübchen kommen nicht mehr ganz korrekt in der unteren Etage an, und auch ein loser werdender Beckenboden spielt eine entscheidende Rolle, was auch schon bei jungen Frauen nach Geburten losgehen kann. Krankheiten der Nerven, wie bei Diabetes, Bandscheibenvorfällen, Multipler Sklerose, Parkinsonkrankheit oder nach Prostata-Operationen, sind weitere ernste Blasenfunktionsgefährder.

Auch die sexuell übertragbaren Chlamydien oder Wucherungen in der Blase können die Ursache einer Inkontinenz sein. Nicht zuletzt deshalb leiden derzeit rund fünf Millionen Deutsche an Harninkontinenz, bei Frauen in der Altersgruppe 60 plus sogar jede Zweite. Eigentlich ein geeigneter Anlass, öfter mal öffentlich über alle damit verbundenen Probleme nachzudenken. In der Realität aber ist Blasenschwäche immer noch eine der Angelegenheiten, über die man nicht so gern redet. Wer bringt sich schon gern ein mit Themen mit urinöser Aura, mit Altersmalaisen, Gebrechlichkeit oder Fehlfunktion welcher Körperteile auch immer.

Ich spüre diese Zurückhaltung bis in meine Sprechstunde. Sich ausgeschlossen zu fühlen aus der Gemeinschaft der Funktionierenden, der Selbstoptimierer, kann sehr einsam machen. Als eine der häufigsten Inkontinenzformen gilt die Stressinkontinenz. Sie tritt auf, wenn der Druck im Bauchraum deutlich ansteigt, bei Belastungen, die so stark auf die Blase wirken, dass der Verschluss schließlich nicht mehr hält. Das ist möglich bei körperlichen Anstrengungen, aber auch schon beim simplen Husten, Niesen oder einem ausgewachsenen Lachanfall. Unser Beckenboden wirkt wie ein Trampolin aus Muskeln und Bindegewebe, das leider oft zur Hängematte wird, wenn es ausleiert und an Elastizität verliert.

Immer auf der Suche nach dem Örtchen

Dann kann auch die Blase, die sich bis dahin wacker hinter unserem Schambein gehalten hat, nach unten absacken: die Gravitations- und Dichteverhältnisse ändern sich. Bei der zweiten Form der Blasenschwäche, der Dranginkontinenz, verspürt man quälend oft den – wie der Name schon sagt – unwiderstehlichen Drang, sofort zur Toilette zu laufen, um die Blase zu entleeren, die sich leider dann auch einfach spontan und unwillkürlich zusammenzieht, sodass man es gar nicht mehr rechtzeitig zur Toilette schafft, obwohl sie noch gar nicht ganz voll war.

Die dritte Erscheinungsform der Harninkontinenz ist eine Mischung aus den beiden ersten. Im Umgang mit solchen Misshelligkeiten entwickeln Betroffene gewisse soziale Strategien gegen Inkontinenz: Man beginnt, gewohnte Wege nach Punkten abzuchecken, an denen man Toiletten benutzen kann ("Versäume keine Gelegenheit zum Pinkeln!"). Beim Besuch längerer Veranstaltungen, wie Konzerten oder Theatervorstellungen, nimmt man vorher nur die Flüssigkeitsmenge zu sich, die ein Ausharren bis zur Pause oder bis zum Ende des Abends realistisch erscheinen lässt.

Wer betroffen ist, findet in Apotheken und Drogerien ein Angebot an Hilfsmitteln zum diskreten Umgang mit der Blasenschwäche. Physiotherapie und Sport sind jedoch die ersten therapeutischen Maßnahmen zur Festigung des Beckenbodens; neben Annehmlichkeiten wie Reiten und Yoga ist die Elektrostimulation etwa durch einen Beckenboden-Stimulationssessel (auch für Männer) wirkungsvoll, der pro Sitzung mit bis zu 11.000 Kontraktionen stimuliert. Bei nervalen Problemen kann der Arzt Medikamente verordnen, die die vom Zentralnervensystem angeordnete und von unserem Willen unabhängige Blasenentleerung blocken.

Botox kann helfen

Nervenstimulationen über die Haut oder Botoxinjektionen in die Muskulatur können die übernervöse Blase zudem entspannen. Bei Frauen in der Menopause kann eine lokale Hormongabe mit Estriol oder Prasteron als Creme oder Zäpfchen hilfreich sein. Verbesserungen lassen sich auch durch einen Vaginallaser erreichen, der sowohl die Scheidentrockenheit als zugleich auch indirekt die Blasenfunktion behandelt. Sollte all das nicht helfen, ist sogar eine (minimalinvasive) operative Straffung der Beckenbodenmuskeln und -fasern möglich. Wichtig ist der Kontakt zum Arzt. Sowohl Urologen als auch Gynäkologen sind Experten für diese Probleme, es gibt sogar extra darauf spezialisierte Zentren. Wer Probleme mit der Harnblase hat, ist damit also nicht allein.

Bleiben Sie anspruchsvoll und leben Sie gesund!

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Expertise als Medizinerin
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