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Krankheiten: Was verbirgt sich hinter dem Käfer-Tiger-Syndrom?


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Käfig-Tiger-Syndrom und Paradies-Depression
Diese Krankheiten kannte Oma noch nicht

Ann-Kathrin Landzettel

Aktualisiert am 18.03.2015Lesedauer: 3 Min.
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Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder
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Mausarm, Käfig-Tiger-Syndrom oder Internet-Sexsucht: Diese Modekrankheiten waren unseren Großeltern noch völlig unbekannt. Einige körperliche Beschwerden sind neu und durch die moderne Arbeitswelt entstanden. Andere dagegen gab es schon früher. Sie haben aber heute andere Auslöser oder schlicht einen neuen Namen bekommen.

Ein Beispiel ist die so genannte Paradies-Depression. Sie bezeichnet ein Krankheitsphänomen, bei dem Menschen "unter eigentlich 'paradiesischen' Lebensumständen Symptome einer Depression, psychosomatische Krankheiten oder Suchtprobleme entwickeln“, heißt es im "Lexikon der modernen Krankheiten", herausgegeben von Elmar Brähler und Hans-Wolfgang Hoefert (Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 49,95 Euro).

Paradies-Depression: Spiegelbild unserer Gesellschaft?

Der Ausdruck werde als populäre Bezeichnung für ein Phänomen verwendet, bei dem eine anhaltende Überstimulation mit ständig neuen Freizeit- und Unterhaltungsmöglichkeiten zu Abstumpfung, Langeweile und letztendlich zu Interessenlosigkeit und Antriebsschwäche führe. Es scheint also das gute Leben zu sein, das wir heute führen, das neue Krankheiten heraufbeschwört.

Käfig-Tiger und Cinderella

Dass auch die Anpassungen der Rollenverteilung Mann und Frau krank machen können, zeigt beispielsweise das Käfig-Tiger-Syndrom, welches ein Störungsbild beschreibt, "bei dem Väter das Eingebundensein in das Familienleben als Belastung empfinden und infolge dessen zu Stimmungsschwankungen, Unruhe und Unentschlossenheit neigen."

Der Cinderella-Komplex hingegen bezeichnet bei Frauen die Angst vor Unabhängigkeit. "Dies führt zu einem unbewussten Begehren nach Abhängigkeit und Versorgung durch Andere, meist Ehemänner beziehungsweise Lebensgefährten", heißt es im Lexikon.

Arbeitsplatzphobie: Die Angst, ins Büro zu gehen

Auch Angststörungen nehmen in der Gesellschaft weiter zu. Und häufig betreffen sie das Berufsleben: Neben der Angst zu versagen, arbeitslos zu werden oder den beruflichen Herausforderungen nicht standhalten zu können, wird auch die Arbeitsplatzphobie ein immer bekannter werdendes Phänomen. Neu sind diese Ängste nicht - ihre Benennung allerdings schon.

"Bei Arbeitsplatz bezogenen Ängsten erleben die Betroffenen eine ausgeprägte und beeinträchtigende Angst vor dem Arbeitsplatz als Ort sowie vor Situationen, Gegenständen oder Personen, die mit dem Arbeitsplatz in Verbindung stehen", lautet die Erklärung der Autoren des Lexikons.

Auf neue Techniken folgen neue Erkrankungen

Technische Neuentwicklungen gehen an den Menschen ebenfalls nicht spurlos vorüber. Viele neue Erkrankungen hängen eng mit den heutigen Lebensstil zusammen. So sind nicht nur der SMS-Daumen, der Mausarm, das Office-Eye-Syndrom und die Internet-Sexsucht auf technische Weiterentwicklungen zurückzuführen.

Wie der Schönheitswahn uns krank macht

Auch die Entwicklung der Medienwelt, in der normale Körpervorgänge wie das Altern als Defizit betrachtet werden, biete eine weitere Quelle für die Entstehung neuer Krankheitsbilder, sind Brähler und Hoefert sicher. Bildbearbeitungsprogramme sowie Foto- und Videokanäle haben ihren Teil dazu beigetragen, dass der eigene Körper für viele zum Feind geworden ist und das Streben nach optischer Perfektion zum täglichen Kampf wird.

Der Wunsch, den Schönheitsidealen der Moderne gerecht zu werden, hinterlässt Spuren. Sichtbar wird dies nicht nur durch Erkrankungen wie Magersucht, Bräunungssucht oder Sportsucht. Auch der Adonis-Komplex, der sich durch eine "obsessive Beschäftigung mit der Modifikation der Muskelmasse des eigenen Körpers“ auszeichnet spiegele die Schwerpunkte der heutigen Gesellschaft wieder. Das gleiche gilt für das Dorian-Gray-Syndrom, bei dem die Patienten nur einen Wunsch verspüren: Ewig jung bleiben zu können.

Burn-out ist nicht neu

Ein anderes Krankheitsbild dagegen ist nicht allein ein Phänomen der heutigen Zeit: das Burn-out-Syndrom. Bereits 1974 beschrieb der deutsch-amerikanische Psychoanalytiker Herbert J. Freudenberger unter dem Titel "Stuff Burn-Out“ die emotionale Erschöpfung nach beruflicher Überlastung bei ehrenamtlichen Mitarbeitern.

Doch warum wird die Erkrankung gerade heute so häufig diagnostiziert? "Die Verantwortung, ein authentisches selbstbestimmtes Leben in der modernen Leistungsgesellschaft führen zu müssen, wird zur Belastung", lautet die Erklärung im "Lexikon der modernen Krankheiten“. Stress, Leistungsdruck und Unsicherheiten tragen ihr Übriges dazu bei.

Wenn die Pharmaindustrie Krankheiten erfindet

Es gibt viele Gründe für die Entwicklung neuer Krankheiten: Manche hätten ihren Ursprung in der pharmazeutischen Industrie, die versuche, zu bereits bestehenden Medikamenten, Erkrankungen zu erfinden, schreiben Brähler und Hoefert und zählen dazu das Aging-Male-Syndrom, also die "Wechseljahre" beim Mann.

Aus harmloser Schüchternheit wird schnell eine Sozialphobie

Das Sozialversicherungssystem bilde ebenfalls neue Krankheitsbilder heraus, etwa die Rentenneurose oder das Schleudertrauma. Auch Verhaltensweisen von Menschen würden pathologisiert und als Krankheit definiert. So wird aus einer harmlosen Schüchternheit schnell eine Sozialphobie.

Bin ich wirklich krank?

Wer durch das Lexikon der modernen Krankheiten blättert, bekommt nicht nur einen hervorragenden Überblick über die Krankheitsbilder unserer Zeit. Er erkennt sich bei der ein oder anderen Erkrankungen sicherlich wieder. Und neben der Frage "Bin ich wirklich krank?" gesellt sich vielleicht sogar der Entschluss hinzu, zukünftige Diagnosen etwas genauer zu hinterfragen.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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