Sinnvoll oder schädlich? Kaufland verkauft Vitamin-Pilze
Im Winter haben viele Menschen Vitamin D-Mangel. Das ist keine Behauptung der Pharmaindustrie, sondern von unabhängigen Wissenschaftlern bestätigt. Dennoch wird nicht empfohlen, sich auf Verdacht Pillen einzuwerfen. Der Lebensmittelhändler Kaufland hat jetzt einen Champignon im Angebot, der große Mengen an Vitamin D enthält. Ist der Pilz zu empfehlen?
Inhaltsverzeichnis
- So kommt das Vitamin D in den Pilz
- Stiftung Warentest hat den Pilz geprüft
- Die Verbraucherschützer kritisieren die Deklaration
- Anreicherung von Lebensmitteln mit Vitaminen
- Wie ist unsere Bevölkerung mit Vitamin D versorgt?
- Vitamin D sollten nur bestimmte Menschen einnehmen
- So erhöhen Sie Ihren Vitamin-D-Spiegel auf natürlichem Weg
- Lebensmittel mit hohem Vitamin-D-Gehalt
Jeder Zweite über 65 Jahre hat zu wenig Vitamin D im Blut. Aber auch junge Menschen sind betroffen. Das haben Wissenschaftler vom Helmholtz Zentrum München herausgefunden. Sie haben die Daten einer großen Bevölkerungsstudie ausgewertet.
Der Lebensmittelriese Kaufland hat dieses Wissen offenbar zum Anlass genommen, einen Pilz in sein Sortiment aufzunehmen, der nur so vor Vitamin D strotzt.
So kommt das Vitamin D in den Pilz
Die Pilze sind nicht angereichert mit synthetischem Vitamin D, sondern werden während der Zucht mit UVB-Licht bestrahlt. Die ultravioletten Strahlen sorgen für die Bildung von Vitamin D im Pilz. Bei Champignons, die im Wald wachsen, passiert das auf ganz natürliche Weise.
Bei Zuchtchampignons hingegen nicht, denn sie werden ohne Tageslicht produziert. Durch die Bestrahlung mit UV-Licht, haben die Hersteller die Bildung des Vitamin D hier auch für die gezüchteten Pilze angeregt. Laut Verpackungsangabe enthalten 100 Gramm des Zuchtchampignons 125 Prozent der empfohlenen Tagesdosis von Vitamin D.
Vitamin D
Vitamin D ist gar kein Vitamin im eigentlichen Sinne, sondern ein Prohormon. Das ist eine Vorstufe eines Hormons. Der Mikronährstoff wird erst durch Umwandlung im Körper zum Vitamin D und hat dort wichtige Aufgaben. Das sogenannte Sonnenvitamin wird über Sonneneinstrahlung im Körper selbst gebildet und über die Nahrung aufgenommen.
Vitamin D fördert die Aufnahme von Kalzium in den Organismus und die Härtung unserer Knochen. Es ist beteiligt an der Entwicklung und Aufrechterhaltung unserer Muskelkraft. Der Mikronährstoff ist außerdem beteiligt an der Regulation des Stoffwechsels von Kalzium und Phosphat.
Stiftung Warentest hat den Pilz geprüft
Die Stiftung Warentest hat den Vitaminpilz in einem Schnelltest unter die Lupe genommen. Und tatsächlich, die Stichprobe von sieben Verpackungen hat gezeigt, der Vitamin-Gehalt ist deutlich höher, als dies für gewöhnliche Zuchtchampingnons der Fall ist.
Allerdings schwanken die Gehalte von Vitamin D je nach Verpackung erheblich, wie die Verbraucherschützer herausgefunden haben. So enthielten 100 Gramm einer Packung 5,3 Mikrogramm, eine andere 15,1 Mikrogramm Vitamin D. "Eine Überdosis an Vitamin D müssen Pilzliebhaber aber nicht befürchten. Selbst von den Vitamin-D-reichsten Pilzen könnten sie auf Dauer täglich bedenkenlos mehrere Packungen essen", erklären die Warentester.
Die Verbraucherschützer kritisieren die Deklaration
Davon abgesehen: Wegen der großen Schwankungen der tatsächlichen Vitamin-D-Mengen im Pilz, sei die präzise Verpackungsangabe von 6,25 Mikrogramm je 100 Gramm "scheingenau", so die Kritik der Stiftung Warentest. Zudem seien die Champignons nicht korrekt benannt.
Demnach verlange die Novel-Food-Verordnung der EU aus dem Jahr 2015, dass Zuchtchampignons, die mit UV-Licht bestrahlt wurden, wie folgt deklariert werden müssen: "UV-behandelte Pilze (Agaricus bisporus)". Auf dem Etikett der neuen Sorte steht jedoch nur: "Vitamin D Pilze" und "Kulturchampignon". Sogenannte "Novel Foods" sind neuartige Lebensmittel, die mit bislang unüblichen Verfahren erzeugt wurden.
Anreicherung von Lebensmitteln mit Vitaminen
Das Bundesinstitut für Riskikobewertung konstatiert in einer Stellungnahme: "Eine generelle Anreicherung von Lebensmitteln mit Vitamin D ist nicht empfehlenswert." Weiter heißt es darin: "Die Einnahme von Vitamin D-Präparaten wird nur dann empfohlen, wenn eine gezielte Verbesserung der Versorgung, insbesondere bei Risikogruppen, weder durch die Ernährung noch durch die körpereigene Vitamin D-Bildung durch Sonnenbestrahlung zu erreichen ist."
Wie ist unsere Bevölkerung mit Vitamin D versorgt?
"Die Ergebnisse sind durchaus klar", erklärt Romy Conzade, Erstautorin der oben erwähnten Helmoltz-Studie: "52 Prozent der Probanden lagen unterhalb des Grenzwertes für Vitamin D von 50 nmol/L und sind somit suboptimal versorgt." Betroffen sind laut den Forschern insbesondere ältere Menschen. Die Nationale Verzehrstudie kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass viele Deutsche bezogen auf diesen Mikronährstoff unterversorgt sind. "82 Prozent der Männer und 91 Prozent der Frauen unterschreiten die Empfehlung für die Vitamin D-Zufuhr. In besonderem Ausmaß trifft dies auf junge Erwachsene und Senioren zu", heißt es darin.
Vitamin D sollten nur bestimmte Menschen einnehmen
Auch, wenn Vitamin-D-Mangel ein verbreitetes Phänomen ist, sollte niemand auf Verdacht Präparate einnehmen. Zunächst sollte ein Arzt über einen Bluttest einen Mangel feststellen. Zu viel Vitamin D belastet die Nieren und kann den Knochen schaden. Wer einen nachgewiesenen Vitamin-D-Mangel hat, sollte sich vom Arzt beraten lassen, welche Dosierung er benötigt, statt in Eigenregie zu Nahrungsergänzungsmitteln zu greifen.
So erhöhen Sie Ihren Vitamin-D-Spiegel auf natürlichem Weg
Sie haben selbst Einfluss auf Ihren Vitamin-D-Spiegel. In erster Linie bildet der Körper dieses Prohormon, wenn man sich dem Sonnenlicht aussetzt. Dabei reicht in der Regel ein Aufenthalt im Freien von 5 bis 25 Minuten täglich. Für die Vitamin D-Bildung sorgt das UVB-Licht. Mindestens das Gesicht und die Handrücken sollten frei sein.
Bei intensiver Sonne ist ein längerer Aufenthalt ohne Sonnenschutz jedoch nicht zu empfehlen. Wer regelmäßig für kurze Zeit bei Sonnenlicht draußen ist, bildet körpereigenes Vitamin D, dass im Körper meist lange genug gespeichert wird und so auch über die Wintermonate reicht. Rund 90 Prozent des Vitamin D wird über Sonnenlicht gebildet, nur rund 10 Prozent über die Nahrung.
- Überdosierung: Vitamin D in rauen Mengen ist nicht gesund
- Vitamin D: Wie Sie Ihren täglichen Bedarf decken
- Bewegungsapparat: Vitamin D hilft Knochen, Muskeln und Gelenken
Lebensmittel mit hohem Vitamin-D-Gehalt
Mit einer Vitamin-D-reichen Ernährung können Sie Ihren Vitamin-D-Spiegel bis zu einem gewissen Grad positiv beeinflussen. Reich an Vitamin D sind:
tierische Quellen:
- Fettreicher Fisch (Lachs, Hering, Makrele)
- Innereien (Leber)
- Hühnereier (Eigelb)
- Käse
- Butter
pflanzliche Quellen:
- Pilze
- Avocado
Bei einer ausgewogenen Ernährung kommt es bei gesunden Menschen selten zu einem Nährstoffmangel. Nahrungsergänzungsmittel sind deshalb in aller Regel überflüssig. In bestimmten Situationen kann eine Zugabe jedoch zumindest vorübergehend sinnvoll sein, weil beispielsweise ein ärztlich belegter Mangel vorliegt.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung: Referenzwerte für Vitamin D
- Bundesinstitut für Risikobewertung: (BfR): Gesundheitliche Bewertung von Nahrungsergänzungsmitteln
- Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR): Ausgewählte Fragen und Antworten zu Vitamin D
- Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
- Abschlussbericht der Nationalen Verzehrstudie