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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Keuchhusten-Alarm Behörden rufen dringend zur Impfung auf
Das Robert-Koch-Institut meldet 6.600 Keuchhusten-Fälle in Deutschland allein in diesem Jahr. Die Ministerien rufen zur Impfung auf.
Die Zahl der Keuchhusten-Fälle hat sich in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum vervierfacht, das Robert Koch-Institut meldet 6.600 Fälle in 2024. Die Gesundheitsministerien verschiedener Bundesländer (unter anderen Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Bayern und Rheinland-Pfalz) raten dringend zur Impfung.
Bereits im Mai meldete das europäische Nachrichtenportal "Euractiv" einen massiven Ausbruch in der EU. Im vergangenen Jahr (2023/2024) wurden demnach fast 60.000 Fälle von Keuchhusten gemeldet. Zum Vergleich: Im Zeitraum 2021/22 waren es nur rund 6.000. Die Infektionszahlen haben sich also verzehnfacht.
Auch Großbritannien meldete stark steigende Infektionszahlen. Die Gesundheitsbehörde UKHSA (UK Health Security Agency) teilte mit, dass in diesem Jahr bereits 5.000 Fälle gemeldet wurden – mehr als fünfmal so viele wie im gesamten Jahr 2023.
Krankheit ist extrem ansteckend
Keuchhusten (medizinisch "Pertussis") gilt als endemische Infektionskrankheit. Sie taucht alle drei bis fünf Jahre in bestimmten Gebieten auf und gilt als eine der ansteckendsten Kinderkrankheiten überhaupt. Sie kann – wie alle vermeintlichen Kinderkrankheiten – auch für Erwachsene sehr gefährlich werden.
Was ist Keuchhusten?
Keuchhusten (Pertussis) wird durch Bakterien – meist durch das Bakterium Bordetella pertussis – ausgelöst, ist hoch ansteckend und gehört weltweit zu den häufigsten Infektionskrankheiten. Die Erkrankung beginnt oft mit leichten Erkältungssymptomen, denen nach ein bis zwei Wochen heftige, krampfartige Hustenanfälle folgen, die teils Monate anhalten können.
Das wichtigste Mittel gegen Keuchhusten ist die Impfung. In Deutschland sollten Schwangere und Babys immunisiert werden. Die Ständige Impfkommission empfiehlt Schwangeren eine Impfung im letzten Schwangerschaftsdrittel und für Neugeborene das 2+1-Schema: die ersten beiden Impfungen im Alter von zwei und vier Monaten (zwei Dosen im Abstand von zwei Monaten), die dritte Impfung im Alter von elf Monaten.
Welche Folgen es haben kann, wenn die rechtzeitigen Impfungen ausbleiben, zeigt sich in den dramatischen Zahlen aus den Niederlanden und Großbritannien. Die Niederlande meldeten im März vier Todesfälle bei Babys, in Großbritannien starben fünf Babys im ersten Quartal dieses Jahres an der Krankheit.
Zahlen steigen nach Corona stark
Die Ursachen für den derzeitigen massiven Ausbruch sehen Experten unter anderem als Nachwirkung der Corona-Pandemie. Dr. Horst von Bernuth, Professor für Pädiatrische Immunologie und Infektiologie an der Charité, erklärt: "Dass in diesem Jahr wieder mehr Menschen Keuchhusten haben, liegt aber auch am Corona-bedingten Nachholeffekt: Während der Pandemie haben sich weniger Menschen mit Keuchhusten angesteckt. Die Immunität der Bevölkerung gegen Keuchhusten ist damit wahrscheinlich zurückgegangen, sodass nun wieder mehr Menschen zeitgleich erkranken."
Hinzu kommt: Die Impfungen bieten keinen lebenslangen Schutz, eine Auffrischung vernachlässigen jedoch viele Menschen. Nach Empfehlungen der Ständigen Impfkommission sollte eine Auffrischung alle zehn Jahre zusammen mit einer Tetanus- und Diphtherie-Impfung erfolgen.
Gefahr für Ältere und Säuglinge
Nach Angaben des RKI verläuft die Erkrankung bei Jugendlichen und Erwachsenen sowie den meisten geimpften Kindern oft lediglich als lang andauernder Husten. Gefährlich kann die Krankheit aber besonders für Vorerkrankte, Ältere und Säuglinge werden.
Horst von Bernuth: "Auch ältere Menschen, deren letzte Impfung länger zurückliegt, können schwer erkranken. Wenn bei Säuglingen und älteren Menschen nach dem Keuchhusten noch eine Lungen- oder Mittelohrentzündung durch andere bakterielle Erreger hinzukommt, kann es zu Komplikationen kommen."
- Mehr zur Ansteckung und dem Verlauf der Erkrankung lesen Sie hier.
Wichtig zu wissen: Eine Keuchhusten-Infektion baut laut RKI keine lebenslange Immunität auf. Genesene können also erneut erkranken, sind maximal zehn bis 20 Jahre vor einer erneuten Ansteckung geschützt.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- charite.de: "Keuchhusten: Fallzahlen steigen – Gefahr für junge Babys" (3.06.2024)
- euractiv: "Keuchhusten: Alarmierender Anstieg der Erkrankungen in der EU" (8.05.2024)
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa