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"Chefsache ESC": Stefan Raabs Zeit ist abgelaufen


Deutscher Vorentscheid
Der Hauch eines Skandals umweht die ESC-Auswahl

MeinungVon Tobias Schibilla

02.03.2025 - 08:43 UhrLesedauer: 4 Min.
Entertainer Stefan Raab (m.): Der 58-Jährige war für den ESC-Vorentscheid 2025 verantwortlich.Vergrößern des Bildes
Entertainer Stefan Raab (M.): Der 58-Jährige war für den ESC-Vorentscheid 2025 verantwortlich. (Quelle: -)
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Das österreichische Geschwisterpaar Abor & Tynna wird Deutschland beim ESC in Basel vertreten. Der beste Song des Vorentscheids hat gewonnen – der Weg bis zur Entscheidung war aber kaum auszuhalten.

Nach vier langen Shows steht endlich fest, wer für Deutschland beim Eurovision Song Contest (ESC) in der Schweiz antritt. Mit 34,9 Prozent der Zuschauerstimmen konnte sich das österreichische Geschwisterduo Abor & Tynna mit seinem Lied "Baller" gegen die Konkurrenz durchsetzen. Das ist gut, denn die launige Pop-Nummer klingt modern und war mit Abstand das beste Lied, das im Superfinale zur Auswahl stand.

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Bis zu einer guten Platzierung in Basel, die wegen des guten Songs und den sympathischen Interpreten nicht unmöglich scheint, ist es allerdings noch ein weiter Weg. Denn "Baller" ist nicht perfekt. Die Teile des Liedes, in denen Sängerin Tynna rappt, klangen in den "Chefsache ESC"-Sendungen zu dünn produziert, sie selbst traf teils den Takt nicht und wirkte angesichts des schnellen Tempos bisweilen überfordert. Allerdings vergehen noch mehr als zweieinhalb Monate bis zum ESC-Finale – Tynna hat also genügend Zeit, um ihren Song bis zur Perfektion zu üben.

Das Lied, mit dem sich Deutschland um die vorderen Plätze in Basel bewirbt, ist in diesem Jahr allerdings nicht das größte Problem im Hinblick auf den ESC-Vorentscheid. Denn 2025 ist Stefan Raab entscheidend am Prozess der Künstlerauswahl für den ESC beteiligt. Selten wurde so klar, dass seine Zeit im Fernsehen schon seit Jahren abgelaufen ist.

ESC-Beitrag hui – Vorentscheid pfui

Denn während der deutsche ESC-Beitrag in diesem Jahr überraschend modern und chancenreich daherkommt, ist der von RTL und dem NDR produzierte Vorentscheid "Chefsache ESC" das genaue Gegenteil moderner Unterhaltung. Bereits in den Vorrunden und im Halbfinale kam immer wieder das Gefühl auf, die Shows seien zu lang und zu sehr auf Raab zugeschnitten. Das Finale ohne Werbepausen war kaum auszuhalten.

Die Vorrunden und das Halbfinale strahlte noch RTL aus, was zur Folge hatte, dass Werbepausen die Raab-Show immer wieder unterbrachen und die Chance boten, durchzuatmen. Das Finale am Samstag lief in der ARD – ohne Werbeunterbrechungen. Im Umkehrschluss bedeutete das auch, dass die Zuschauer dreieinhalb Stunden Fernsehen wie aus dem vorletzten Jahrzehnt ertragen mussten.

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Natürlich ist Barbara Schöneberger eine Legende im deutschen ESC-Kosmos, sie hat ihren Zenit als Moderatorin allerdings überschritten. Zu uninspiriert, zu langweilig führte die 50-Jährige durch den Abend.

Stefan Raab: Unlustig und sexistisch

Und dann war da noch Stefan Raab, der im Finale durch stumpfen Sexismus und unlustige Sprüche auffiel, etwa als er die Folk-Metal-Band Feuerschwanz, einen der Favoriten des Abends, kritisierte. Ihr Song "Knightclub" habe im Publikumsvoting keine Chance, denn 60 Prozent der Abstimmenden seien Frauen – "und wollen den balladigen, den gefühligen Song, der ans Herz geht", so Raab. Der Entertainer vergaß allerdings, dass bei Feuerschwanz drei Frauen als Teil der Band auf der Bühne stehen und Metal nicht nur von Männern gehört wird.

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Feuerschwanz waren dann auch Gegenstand einiger Verschwörungstheorien, die vor dem Finale des ESC-Vorentscheids in den sozialen Netzwerken verbreitet wurden. Denn ursprünglich klang es für viele Fans so, als würde die Auswahl des deutschen ESC-Beitrags allein über eine Publikumsabstimmung herbeigeführt. Am Dienstag vor dem Finale verschickte der NDR allerdings eine Pressemitteilung, in der es hieß, dass vier der neun Finalisten von der Jury eliminiert würden, bevor das Publikum über das deutsche ESC-Schicksal abstimmen kann. Mehr dazu lesen Sie hier.

Die Entscheidung des NDR löste rege Diskussionen in der deutschsprachigen ESC-Gemeinschaft aus. Gängigste Theorie auf X und Reddit ist, dass Stefan Raab durch die vermeintliche Regeländerung einen Sieg von Feuerschwanz verhindern wollte. Bewiesen ist das natürlich nicht – und dennoch umweht "Chefsache ESC" durch diese Entscheidung der Hauch eines Skandals. Dem Publikum die Wahl im Finale einzuschränken, ist dem Wettbewerb eigentlich unwürdig.

Peinliche Show mit glimpflichem Ende

"Chefsache ESC" ist für Deutschland als ESC-Nation glimpflich ausgegangen. Das liegt allerdings nur an den Fans, die sich zum Glück für Abor & Tynna und nicht für die zweitplatzierte Influencerin und Sängerin Lyza entschieden haben, deren uninspirierte Ballade "Lovers on Mars" sicher auf einem der hinteren Plätze gelandet wäre.

 
 
 
 
 
 
 

Der Vorentscheid hat allerdings auch gezeigt, dass eine Revolution im Hinblick auf den ESC in Deutschland dringend notwendig ist. Groß waren die Worte von RTL und dem NDR, dass man in diesem Jahr mit Stefan Raabs Beteiligung "alles anders" machen wolle. Herausgekommen ist der am schwersten zu ertragende ESC-Vorentscheid seit Langem.

Im nächsten Jahr wird der Südwestrundfunk (SWR) die Organisation übernehmen. Fans können nur darauf hoffen, dass der Sender den Mut finden wird, den Auswahlprozess der Künstler, die Moderation, die Jury und das Wahlverfahren zu modernisieren. Gelingt das nicht, verpasst Deutschland die Chance, die Begeisterung für den ESC auf die nächste Generation zu übertragen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
  • ARD: "Chefsache ESC 2025 – Wer singt für Deutschland?" vom 1. März 2025
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