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Sparbuch oder Aktien – was schützt Ihr Geld besser vor Inflation?


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Mythen entlarvt
Sparbuch oder Aktien – was schützt besser vor Inflation?

MeinungEine Kolumne von Gerd Kommer

23.10.2021Lesedauer: 4 Min.
Ein Paar sichtet Rechnungen (Symbolbild): Die Inflation macht Sparern und Anlegern zu schaffen.Vergrößern des Bildes
Ein Paar sichtet Rechnungen (Symbolbild): Die Inflation macht Sparern und Anlegern zu schaffen. (Quelle: megaflopp/getty-images-bilder)
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So hoch war die Teuerungsrate schon lange nicht mehr: Mehr als 4 Prozent Inflation in Deutschland – da wird manchem angst und bange um sein Geld. Was wirklich dagegen hilft.

Seit Januar sind die Preise in Deutschland und in anderen Ländern stark gestiegen. Im vergangenen September betrug die Inflation hierzulande 4,1 Prozent. Für viele Sparer stellt sich deshalb die Frage: "Wie schütze ich mich vor Inflation?"

Zu diesem letztlich uralten Thema wurden schon ganze Bibliotheken geschrieben: Darunter ist Wahres, Halbwahres und Falsches. Was stimmt und was nicht, werde ich Ihnen in dieser Kolumne erläutern.

"Aktien schützen gut vor Inflation" – sind Sie sicher?

Ich unterstelle dabei, dass die Inflationsrate nicht dauerhaft über etwa 15 Prozent pro Jahr steigt. Eine Inflation, die jahrelang über dieser Marke liegt, wird als "galoppierende Inflation" bezeichnet. Ist das der Fall, gelten für die Vermögensanlage grundsätzlich andere Regeln, auf die ich in den nächsten Wochen in einem eigenständigen Kolumnenbeitrag eingehen werde.

Und wo ich in diesem Beitrag von "Aktien" spreche, meine ich ausnahmslos die Anlageklasse Aktien, in die man bequem und einfach über breit gestreute ETFs investieren kann. Ich meine nicht Einzelaktien, weil ich die aufgrund ihres Einzelwertrisikos für unattraktiv halte. Lesen Sie hier acht Gründe, warum Sie ETFs kaufen sollten.

Auf die Frage, ob selbst genutzte oder vermietete Wohnimmobilien vor Inflation schützen, gehe ich in den nächsten Wochen gesondert ein. Gleiches gilt für Gold und Bitcoin.

Eine verbreitete und viel zu selten hinterfragte Binsenweisheit, wenn es um die Frage des Inflationsschutzes von Aktien geht, lautet: "Aktien schützen gut vor Inflation". Diese Ansicht muss man jedoch mit einem großen Fragezeichen versehen. Warum, werde ich anhand von Zahlen zeigen.

Im Jahr 2008 betrug die Inflation in Deutschland moderate 1,1 Prozent. Der globale Aktienmarkt (der MSCI-World-Index) lieferte in diesem Crash-Jahr eine Rendite von minus 37 Prozent (der DAX minus 40 Prozent). Schlechterer Inflationsschutz geht eigentlich nicht mehr.

"Einzeljahre sind doch hier nicht von Belang!", protestiert da mancher Aktienfan – kein überzeugender Einwand. Über die 13 Jahre von Anfang 2000 bis Ende 2012 produzierte der MSCI World Index eine Rendite von kumulativ minus 3 Prozent. Die deutsche Inflation betrug über diesen Zeitraum kumulativ 24 Prozent. Inflationsschutz? Hallo??

Genauso schlimm für Aktionäre waren die zwölf Jahre von 1970 bis 1981. In diesem Zeitraum belief sich die Inflation auf kumulativ 84 Prozent gegenüber mickrigen 43 Prozent Aktienmarktrendite.

Keine Anlageklasse schützt kurz- und langfristig vor Inflation

Diese Zahlen machen eines klar: Wer von Inflationsschutz spricht, muss zuerst einmal klarstellen, was er meint: kurzfristigen oder langfristigen Schutz. Auf diesem Planeten existiert nämlich keine Anlageklasse, die beides zusammen bietet – jedenfalls nicht in halbwegs zuverlässiger Form.

Der "ETF-Papst"
Dr. Gerd Kommer ist seit mehr als 20 Jahren Bestsellerautor für Investmentratgeberbücher. Zugleich ist er Geschäftsführer der Gerd Kommer Capital GmbH, einer digitalen Vermögensverwaltung, bei der Kunden bereits mit kleinen Beträgen starten können, sowie der Gerd Kommer Invest GmbH, einem Honorarberatungsunternehmen. In seiner t-online-Kolumne schreibt er gemeinsam mit seinen Kollegen Felix Großmann und Daniel Kanzler alle zwei Wochen über sein Spezialgebiet: den langfristigen Vermögensaufbau mit ETFs.

Ja, Aktien erzeugen auf sehr lange Sicht guten Inflationsschutz, sprich eine nominale Rendite, die im Mittel deutlich über der Inflationsrate liegt. Dummerweise bieten Aktien kurz- und mittelfristig miserablen, sprich keinen Inflationsschutz.

Für die Matheexperten unter Ihnen: Die statistische Korrelation – der Grad der Parallelentwicklung – zwischen den Jahresrenditen von Aktien und der jährlichen Inflation lag in den vergangenen 50 Jahren ziemlich genau bei null. Das bedeutet, dass zwischen den Aktienrenditen und Inflationsraten überhaupt kein statistischer Zusammenhang besteht.

Auch in der spezifischen Konstellation "starker Anstieg der Inflationsrate in kurzer Zeit" – im volkswirtschaftlichen Jargon spricht man hier von "Inflationsschock" – kommt es bei Aktien überwiegend zu schlechten Renditen. Noch mal Fehlanzeige in Sachen Inflationsschutz.

Wie Sparbuch, Tagesgeld und Co. abschneiden

Betrachten wir nun eine liquide Anlageform, die nach Aussage vieler "Experten" besonders schlecht oder gar nicht vor Inflation schützt: das Sparbuch und andere Geldmarktanlagen. Zu Geldmarktanlagen gehören neben dem Sparbuch auch Tagesgeld, kurzfristige Staatsanleihen, kurzfristige Unternehmensanleihen und Geldmarktfonds.

Im Aktien-Crash-Jahr 2008 erzielte man mit einem Geldmarktinvestment (vor Kosten und Steuern) eine Rendite von rund 3 Prozent. Ergo schützten Geldmarktanlagen im Jahr 2008 exzellent vor Inflation – ganz anders als Aktien.

Generell betrug die Korrelation der Jahresrenditen von Geldmarktanlagen mit der Inflationsrate während der zurückliegenden 50 Jahre hohe +0,8. Ein Wert, der dem für Aktien spektakulär überlegen ist.

Aktien schützen auf lange Sicht gut, aber nicht perfekt

Wie passt das damit zusammen, dass gefühlte zehn von zehn Experten in den traditionellen Medien, im Internet und bei Banken sagen, "Aktien schützen gut, Geldmarktanlagen schützen schlecht vor Inflation"?

Es passt insofern zusammen, als diese Experten leider einen ganz maßgeblichen Gesichtspunkt regelmäßig unter den Teppich kehren: nämlich, ob sie von kurzfristigem oder von langfristigem Inflationsschutz reden. Wer als Journalist oder Berater hier nicht sauber unterscheidet, handelt fahrlässig.

Fakt ist, Aktien schützen kurz und mittelfristig völlig unzuverlässig vor Inflation. Dazu sind sie viel zu schwankungsanfällig, im Börsen-Slang viel zu volatil. Langfristig schützen Aktien hingegen gut, aber keineswegs perfekt vor Inflation. Immerhin.

Aber diesen langfristigen Inflationsschutz gibt’s nicht umsonst: Wer ihn für sich nutzen möchte, muss akzeptieren, dass die Rendite von Jahr zu Jahr, von Monat zu Monat manchmal sehr heftig rauf- und runterpendelt. "Runter" heißt: Sie als Anleger haben zumindest sogenannte Buchverluste im Depot – verkaufen Sie die Aktien, realisieren Sie den Verlust. Dieses Risiko und der kurzfristig fehlende Inflationsschutz sind gewissermaßen der Preis der hohen Langfristrendite von Aktien.

Es gibt viele gute Gründe für Aktien

Bei Geldmarktanlagen ist alles genau umgekehrt. Sie schützen kurzfristig gut vor Inflation, weil ihre jährliche Rendite kaum schwankt und sich zuverlässig etwas oberhalb oder etwas unterhalb der Inflation bewegt.

Auf sehr lange Sicht schützen Sparbuch und Co. dagegen schlecht vor Inflation, weil die Anlagen zwar kaum schwanken, aber eben in der Mehrheit der einzelnen Jahre (nach Steuern und Kosten) knapp unterhalb der Inflationsrate rentieren – so wie auch derzeit.

Die meisten von uns glauben irrtümlich, dass Nullzinsen erst seit einigen Jahren existieren. Wenn man richtig rechnet, waren sie in den vergangenen 120 Jahren aber der Normalfall.

Es gibt viele gute Gründe in Aktien zu investieren. Inflationsschutz ist jedoch nur einer, wenn man glasklar und explizit anerkennt, dass es lediglich um langfristigen Inflationsschutz geht. Den liefern Aktien, wenn auch nicht völlig zuverlässig. Kurz- und mittelfristig scheren sich Aktienrenditen um Inflation genauso wenig wie Teenager um das Tanzverbot an Karfreitag.

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