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Wirecard-Skandal: Die wichtigste Anlage-Lehre aus dem Desaster


Meinung
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Risikostreuung
Die wichtigste Lehre aus dem Wirecard-Desaster für Privatanleger

  • t-online-Kolumnistin Jessica Schwarzer
MeinungEine Kolumne von Jessica Schwarzer

Aktualisiert am 13.06.2021Lesedauer: 3 Min.
Der Firmensitz von Wirecard in Aschheim bei München (Symbolbild): Der Dax-Konzern ging vor einem Jahr pleite.Vergrößern des Bildes
Der Firmensitz von Wirecard in Aschheim bei München (Symbolbild): Der Dax-Konzern ging vor einem Jahr pleite. (Quelle: imago-images-bilder)
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In wenigen Tagen jährt sich die Wirecard-Pleite zum ersten Mal. Privatanleger haben viel Geld verloren, oft fünf- oder sogar sechsstellige Summen. Das hätte nicht sein müssen, wenn sie sich an die wichtigste Regel der Geldanlage gehalten hätten.

Wie konnte das passieren? Deutschlands Vorzeige-Technologiekonzern, ein Dax-Konzern noch dazu, ist pleite. Bis vor ziemlich genau einem Jahr galt Wirecard als wertvollstes Finanzunternehmen Deutschlands, dann aber fehlten in der Bilanz plötzlich fast zwei Milliarden Euro.

Auf diese Hiobsbotschaft folgte einige Tage später die Insolvenz. Die Aktie stürzte ab. In den Depots vieler Privatanleger hinterließ das Desaster tiefe Krater. Aktionärsschützer berichten, dass viele Anleger ungewöhnlich hohe Summen in Wirecard investiert hatten – fünfstellige Summen waren eher die Regel als die Ausnahme, mitunter war es noch mehr.

Mit Risikostreuung hatte das oft wenig zu tun. Dabei ist die Diversifikation doch das oberste Gebot der Geldanlage. Es gilt, das Geld in verschiedene Anlageklassen zu investieren, in Aktien, Anleihen, Immobilien und Gold oder andere Rohstoffe beispielsweise. Das soll Ruhe ins Depot bringen. Denn die verschiedenen Anlageklasse entwickeln sich nicht gleich, mitunter sogar gegensätzlich.

Die Börsenexpertin
Jessica Schwarzer ist Finanzjournalistin, Bestsellerautorin und langjährige Beobachterin des weltweiten Börsengeschehens. Die deutsche Aktienkultur ist ihr eine Herzensangelegenheit. Zuletzt ist ihr fünftes Buch "Damit sie sich keinen Millionär angeln muss …" erschienen. Bei t-online schreibt sie alle zwei Wochen über Investments und Finanztrends, die eine breit gestreute Basis-Geldanlage ergänzen. Sie erreichen sie auf LinkedIn, Twitter, Facebook und Instagram.

Geraten etwa die Aktienmärkte in einer Krise unter Druck, sind Gold und Immobilien als sichere Häfen gefragt. Wer das Risiko streut, kann Schwankungen an der Börse hoffentlich abfedern. Und auch innerhalb der einzelnen Anlageklasse ist es wichtig zu diversifizieren und in viele Einzeltitel, Branchen und Länder zu investieren.

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Größter Wirtschaftsbetrug der deutschen Nachkriegsgeschichte

Diese Regel haben viele Wirecard-Anleger nicht beachtet. Auch ein Jahr später haben viele noch einen großen finanziellen Schaden. Sie sind Opfer des größten Wirtschaftsbetrugs der deutschen Nachkriegsgeschichte geworden.

Auch ich gehöre übrigens zu diesen Opfern. Sie auch? Ich hatte eine kleine Summe in die Aktie investiert, aber eine etwas größere in eine Aktienanleihe. Die Pleite nur knapp einen Monat vor Fälligkeit der Anleihe, mit der es eigentlich gut lief, bedeutete: Aktien statt Bargeld. Und schon hatte ich eine etwas größere Position Wirecard.

Und ich habe mich maßlos geärgert. Nicht nur, weil ich Betrügern aufgesessen war. Viel mehr darüber, dass ich die wichtigste Regel der Geldanlage missachtet hatte: die Risikostreuung. Denn eigentlich nutze ich Einzelaktien primär als Beimischung in meinen Aktienportfolio. Deshalb landen sie nur in meinem "Spielgeld-Depot" – obwohl dieser Name leicht in die Irre führt.

Denn: In diesem Depot zocke ich nicht wirklich. Vielmehr probiere ich etwas aus, setze Akzente, investiere in Branchen- und Themen-ETFs und eben auch in eine Einzelaktie.

Risikostreuung statt Klumpenrisiko

Solche Investments haben dagegen in meinem sehr langfristig ausgerichteten größeren Depot für den Vermögensaufbau und die Altersvorsorge nichts zu suchen. In diesem Depot setze ich sehr stur die chancenorientierte Strategie aus meinem Buch „Einfach erfolgreich anlegen“ um. Das mache ich mit breit streuenden ETFs, aber niemals über Einzelaktien, Aktienanleihen und auch nicht über Branchen- oder Themen-ETFs.

So etwas landet eben in meinem „Spielgeld-Depot“. Dort gehe ich stärker ins Risiko, wage mehr, lege aber auch nur kurz- bis mittelfristig an. Eigentlich gilt aber auch dort: lieber ETFs und Fonds als Einzeltitel, Risikostreuung statt Klumpenrisiko. Und vor allem sind die Positionen sehr viel kleiner als im langfristigen Depot. Mit Ausnahme von Wirecard.

War es die Gier? War es Blauäugigkeit? War es Dummheit? Es gab doch all die Warnsignale, die Berichte in der "Financial Times", die fehlenden Testate der Wirtschaftsprüfer.

Am Ende war es eine Mischung von allem. Dass so viele Menschen, übrigens auch die Fondsmanager der ganz großen Adressen, genauso falsch lagen wie ich, versöhnt nicht. Ein Totalverlust an der Börse schmerzt. Er macht wütend.

Dem Dax sieht man die Wirecard-Pleite nicht an

Die Wirecard-Aktie hat in den vergangenen zwölf Monaten 99,55 Prozent verloren und ist nur noch wenige Cent wert. Der Dax hingegen hat 30 Prozent zugelegt. Die Wirecard-Pleite sieht man dem Chart des Standardwert-Barometers übrigens nicht an, noch nicht mal eine Delle ist zu erkennen. Im Gegenteil.

Kein Wunder, denn Wirecard hatte lediglich einen Indexanteil von knapp drei Prozent. Es wäre viel cleverer gewesen, den Dax mit seinen 30 Einzelwerten zu kaufen. Nicht umsonst heißt es: breit gestreut, nie bereut.

Und die Wirecard-Investoren? Wir gehen wohl leer aus. Viel wird nicht zu holen sein. Ob es uns versöhnt, dass Vorstandschef Markus Braun seit fast einem Jahr in Untersuchungshaft sitzt und ihm Medienberichten zufolge zehn Jahre Haft drohen? Dass ihm gewerbsmäßige Bandenbetrug, Marktmanipulation und Untreue vorgeworfen werden? Dass auch er viel Geld verloren hat? Wahrscheinlich hätten die meisten lieber ihr Geld zurück.

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