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China heizt die Preise in Deutschland an – das droht der Wirtschaft


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Wirtschaft gegen Politik
China heizt die Inflation in Deutschland an


Aktualisiert am 22.04.2022Lesedauer: 4 Min.
Vertritt weiterhin strenge Maßnahmen: Für Präsident Xi geht es in diesem politisches Jahr um seine Wiederbestätigung – bei der Corona-Politik riskiert er daher keine Experimente.Vergrößern des Bildes
Vertritt weiterhin strenge Maßnahmen: Für Präsident Xi geht es in diesem politisches Jahr um seine Wiederbestätigung – bei der Corona-Politik riskiert er daher keine Experimente. (Quelle: Ryan Pierse/getty-images-bilder)
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China zeigt mit seinen Lockdowns in Shanghai, dass es für seine Null-Covid-Politik nicht vor wirtschaftlichen Schäden zurückschreckt – für sich und die ganze Welt. Bei vielen Produkten werden das auch die Deutschen spüren.

Die strikte Corona-Politik der chinesischen Staatsführung hat die internationalen Lieferketten schon einmal erschüttert: Im vergangenen Jahr führte die Schließung von Terminals in den Häfen von Ningbo-Zhoushan und Yantian in der Nähe von Hongkong und Shanghai zu großen Verzögerungen in den Lieferketten.

Damals hat die Null-Covid-Strategie Chinas viele Unternehmer in Europa vor schwere Herausforderungen gestellt, die Kosten für Containerschiffe schossen sprunghaft in die Höhe. In der Logistikbranche gilt das vergangene Jahr daher geradezu als "Chaosjahr" – auch wegen der Blockade des Suezkanals, die im Frühjahr 2021 für zusätzliche Belastungen sorgte.

Nun ist mit der Millionenmetropole Shanghai der größte Hafen der Welt von der harten Lockdown-Politik der Chinesen betroffen. Wiederholt sich die Dramatik des vergangenen Jahres also? Oder droht der Weltwirtschaft gar ein noch größeres Lieferchaos?

Einer, der die Situation in China schon länger beobachtet, ist der Ökonom Vincent Stamer. Er ist Handelsexperte am Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel. Mit Blick auf die chinesischen Häfen sagt er: "Die Vorzeichen sind dieses Mal andere." 2021 seien die durch Lockdowns geschlossenen Häfen das Nadelöhr gewesen – heute seien vor allem die stillgelegten Fabriken das Problem für die internationalen Lieferketten.

Weitere Belastung für die deutsche Wirtschaft

Vielerorts stehen wegen des Lockdowns die Bänder still. Wo sie noch laufen, schlafen die Angestellten nicht selten in der Fabrik, isoliert, damit sie sich nicht mit Corona anstecken. Viele andere Bewohner Shanghais dürfen dagegen ihre Wohnungen nicht mehr verlassen. Die Folge: Viele Fertig- und Zwischenprodukte werden nicht hergestellt und in die Welt verschifft.

Ein ähnliches Bild bietet sich auch im Hafen von Shanghai. Zwar ist dieser weiterhin operationsfähig, jedoch nur mit begrenzter Kapazität. Vor der chinesischen Küste stauen sich deshalb Hunderte Schiffe: Laut IfW liegt der Anteil der Güter in Containern, die sich zurzeit nicht bewegen, aktuell bei knapp 12 Prozent. Das ist fast so viel wie zu Spitzenzeiten 2021, als es rund 14 Prozent waren.

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"Ich halte daher die Konsequenzen in Shanghai insgesamt für schwerwiegender als die Terminal-Schließungen in Ningbo-Zhoushan und Yantian 2021", sagt Stamer. "Es wird dieses Jahr deutlich länger dauern, die Produktion wieder hochzufahren."

Chinas Lockdown belastet deutsche Wirtschaft zusätzlich

Chinas striktes Vorgehen kann daher erneut schwere Konsequenzen haben. "Wenn China nicht von seiner Null-Covid-Strategie abweicht und andere Metropolen dem Beispiel Shanghais folgen müssen, könnten die Konsequenzen ähnlich stark ausfallen wie im vergangenen Jahr", warnt Stamer.

Damals hatte das Lieferchaos in der Welt dafür gesorgt, dass Deutschlands Wirtschaft statt um 4,7 Prozent lediglich um 2,7 Prozent gewachsen ist. Für dieses Jahr sind die Aussichten kaum besser. Unabhängig vom aktuellen Lockdown in Shanghai hat der Internationale Währungsfonds (IWF) die Prognosen für Europas Wirtschaftswachstum jüngst nach unten korrigiert.

Denn Europa – und besonders Deutschland – dürften nach Einschätzung des IWF die wirtschaftlichen Folgen des Kriegs in der Ukraine und den damit verbundenen Sanktionen am deutlichsten spüren. Ein großflächiges Lockdown-Szenario in China könnte die Wirtschaft in Deutschland noch stärker unter Druck setzen.

Experten schließen weitere Lockdowns nicht aus

Unwahrscheinlich ist das laut Stamer nicht. "Wenn China schon bei einer Wirtschaftsmetropole wie Shanghai nicht vor einem so strikten Lockdown zurückschreckt, wird die Regierung bei anderen Metropolen kaum zögern, ähnlich vorzugehen", warnt er.

Vor Shanghai hatte China bereits die Region Jilin im Nordosten Chinas in einen Lockdown versetzt. Erst Ende März lockerte die Regierung die Maßnahmen nach drei Wochen Lockdown für die ländliche Region, in der mehr als 4 Millionen Menschen leben.

Auch andere Experten erwarten nicht, dass China in diesem Jahr von seiner strikten Null-Covid-Politik abweichen wird, auch wenn damit hohe wirtschaftliche Kosten verbunden sind.

Präsident Xi darf keine Schwäche zeigen

Politisch befindet sich das Land in einer kritischen Phase. Die Kommunistische Partei hält Ende des Jahres ihren 20. Parteikongress ab, bei dem Präsident Xi für eine weitere Amtszeit nominiert werden möchte. Experten bewerten den Parteitag als eines der wichtigsten politischen Ereignisse des Jahrzehnts. Sollte Xi bestätigt werden, dürfte er so stark wie noch nie zuvor aus dem Kongress hervorgehen.

"Wenn China die Restriktionen lockert, wird die Zahl der Todesfälle in die Höhe schießen", sagt Yanzhong Huang, China-Experte bei dem amerikanischen Thinktank Council on Foreign Relations. "Das wird China in einem so sensiblen politischen Jahr wie diesem nicht zulassen", erklärte er unlängst der britischen BBC.

"China steht daher vor dem Dilemma, kurzfristigen Schmerz – in Form von signifikanten Steigerungen der Infektions- und auch Todeszahlen – in Kauf zu nehmen, um dafür eine langfristige Stabilität zu erlangen", analysiert Huang. Der Experte bezweifelt, dass China diesen Tausch in diesem Jahr eingehen wird und stattdessen weiter auf strikten Lockdown setzen dürfte.

Elektronikprodukte werden voraussichtlich teurer werden

Für Deutschland bedeutet all das: Zahlreiche Waren und Zulieferprodukte dürften abermals knapp werden – die Preise für sie wahrscheinlich weiter steigen.

IfW-Experte Stamer schätzt, dass die Deutschen schon in den kommenden Wochen die Folgen des Lockdowns in Shanghai spüren werden. Denn die Metropole ist ein wichtiger Produktionsstandort für die Elektroindustrie. Stocken hier die Exporte, merken das sowohl die deutschen Verbraucher als auch die Industrie, sagt Stamer.

Kurzarbeit droht Deutschland vorerst nicht

"Konkret könnten schon bald Kameras, Handys, Uhren teurer werden, also Produkte aus dem Bereich der Unterhaltungselektronik", so Stamer. Der Grund: Wenn weniger Kameras aus Fernost geliefert werden, konzentriert sich die Nachfrage in Deutschland auf jene Produkte, die aus anderen Quellen stammen, was wiederum die Preise hochtreibt.

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In den kommenden Wochen dürften Lieferungen von elektronischen Zwischenprodukten, etwa Speicher- oder Leitmedien ausfallen oder verspätet ankommen, zu einer großflächigen Kurzarbeit werde es aber voraussichtlich nicht kommen.

"Diese Prognose gilt allerdings nur in der Hoffnung, dass der Lockdown in Shanghai bald endet und keine weiteren Lockdowns in weiteren chinesischen Metropolen eingeführt werden", schränkt der Ökonom ein.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Gespräch mit Vincent Stamer
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