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Wirtschaftsleistung könnte bei Energieembargo drastisch sinken


Sorge
Wirtschaftsleistung könnte bei Energieembargo drastisch sinken

Von dpa, reuters, fho, neb

Aktualisiert am 29.03.2022Lesedauer: 3 Min.
Kokerei von ThyssenKrupp in Schwelgern am Rhein (Symbolbild): Ein Energieembargo könnte die deutsche Wirtschaft stark treffen.Vergrößern des Bildes
Kokerei von ThyssenKrupp in Schwelgern am Rhein (Symbolbild): Ein Energieembargo könnte die deutsche Wirtschaft stark treffen. (Quelle: Olaf Döring/imago-images-bilder)
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Ein plötzlicher Stopp der russischen Gaslieferungen würde die deutschen Wirtschaft empfindlich treffen, warnen immer mehr Ökonomen. Die Wirtschaftsleistung würde spürbar einbrechen, die Inflation noch weiter steigen.

Die Diskussionen um ein mögliches Embargo gegen russisches Erdgas beobachten viele Ökonomen mit Sorge. Sie warnen vor schweren und langfristigen Folgen für die deutsche Wirtschaft.

Ein deutsches Embargo auf Öl, Gas oder Kohle oder ein russischer Lieferstopp dieser Rohstoffe würde Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaft (DIW) zufolge das deutsche Bruttoinlandsprodukt mittelfristig um bis zu drei Prozent einbrechen lassen.

Auch die Konjunkturforscher der Hans-Böckler-Stiftung rechnen wegen des Ukraine-Kriegs und gestiegener Energiepreise mit drastischen Folgen. Im "Basisszenario" gebe es in diesem Jahr zumindest noch ein Wirtschaftswachstum von 2,1 Prozent. Bei einem ungünstigen Szenario würde die Wirtschaft hingegen um 0,3 Prozent schrumpfen und somit in eine Rezession rutschen. Dabei wäre vor allem der Wegfall von russischem Gas schädlich.

Umbau dauert bis zu 10 Jahre

Müsste sich die Wirtschaft dauerhaft darauf einstellen, kein Öl und Gas mehr aus Russland zu beziehen, würde der entsprechende Umbau den Berechnungen zufolge bis zu zehn Jahre in Anspruch nehmen, teilte das DIW am Dienstag mit. Die Wirtschaftsleistung ginge in den kommenden 18 Monaten um bis zu drei Prozent zurück.

Auch die Inflation würde im Falle eines Importstopps steigen, um bis zu 2,3 Prozentpunkte. Das DIW-Modell berücksichtige auch Wechselwirkungen zwischen den Euroländern sowie den privaten Konsum.

Die Konjunkturforscher der Hans-Böckler-Stiftung schätzen die Inflationsrate moderater ein. Bei stark steigenden Energiepreise und aufgrund Folgen von Lieferengpässen erreiche die Inflation in diesem Modell einen Wert von 6,2 Prozent in diesem Jahr. Gleichzeitig soll die Zahl der Erwerbstätigen steigen und die Arbeitslosenquote im Jahresschnitt von 5,7 auf 4,9 Prozent sinken, wie das Institut am Dienstag in Berlin mitteilte.

Dullien: Deutschland besonders betroffen

Der russische Angriffskrieg habe den wirtschaftlichen Erholungspfad jäh blockiert, erklärte der wissenschaftliche Direktor des IMK, Sebastian Dullien. "Das betrifft viele Länder, aber Deutschland ganz besonders."

Das Konjunkturbild 2022 prägten jetzt dramatisch steigende Energiepreise, außerordentlich hohe Inflationsraten, neue Belastungen von Lieferketten und große Unsicherheit. Dies bremse den privaten Konsum, den Außenhandel und die Investitionsbereitschaft von Unternehmen. "Statt eines dynamischen Aufschwungs werden wir dieses Jahr im besten Fall ein moderates Wachstum sehen."

Forscher: EZB soll flexibles Kaufprogramm einführen

Die Forscher schlagen der Europäischen Zentralbank in ihrer am Dienstag vorgestellten Konjunktur-Prognose vor, ein flexibles Kaufprogramm einzuführen, um im Falle von Marktturbulenzen zügig eingreifen zu können. Die EZB lässt ihr in der Corona-Krise geschaffenes groß angelegtes Anleihenkaufprogramm namens PEPP Ende des Monats auslaufen, auch wenn Zukäufe von Bonds über das weit kleinere APP vorerst weitergehen.

Die Forscher verweisen darauf, dass bisher die Risikoprämien auf Staatsanleihen im Euroraum zwar nur wenig gestiegen seien. Die Renditedifferenzen lägen allerdings bereits wieder auf dem Vor-Pandemieniveau, so dass beispielsweise Italien 1,5 Prozentpunkte höhere Zinsen für einen zehnjährigen Kredit zahlen müsse als Deutschland. Aufgrund der hohen Abhängigkeit Italiens von russischen Gaslieferungen dürften die Lieferkettenprobleme und die Preisanstiege die Wirtschaft des Mittelmeerlandes erheblich belasten, so die Forscher.

IMK erwartet Zinserhöhung

"Insbesondere in dem hier skizzierten Risikoszenario ist es von herausragender Bedeutung, dass die EZB eine reibungslose Übertragung der die Wirtschaftsentwicklung stützenden Geldpolitik in allen Euroländern gewährleistet und so krisenhafte Entwicklungen verhindert", mahnten die Forscher.

Sollte sich die Wirtschaft hingegen auf dem Wachstumspfad halten und sich so wie in dem Basisszenario entwickeln, sieht das IMK den Weg frei für eine Straffung der Geldpolitik durch die EZB. "Sie wird zur Jahreswende voraussichtlich die Zinsen erstmals erhöhen", sagte IMK-Expertin Silke Tober. Die EZB werde dies nicht primär wegen der höheren Inflation tun, sondern auch weil sich die Konjunktur voraussichtlich dann gefestigt habe.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und Reuters
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