Insolvente MV Werften Was passiert nun mit dem Mega-Kreuzfahrtschiff?
Bei den insolventen MV Werften herrscht viel Unsicherheit darüber, was mit den Standorten, Mitarbeitern und vor allem mit dem größten Kreuzfahrtschiff der Welt passieren wird. Ein Überblick.
Nach dem Insolvenzantrag für die MV Werften richten sich alle Bemühungen auf den Weiterbau des zum Großteil schon fertigen Kreuzfahrtschiffes "Global Dream One". Dazu führte der vorläufige Insolvenzverwalter Christoph Morgen am Freitag erste Verhandlungen mit dem bisherigen Werft-Eigner Genting Hongkong.
"Wir haben in guter, konstruktiver Atmosphäre ein erstes Gespräch geführt und werden nach Lösungen für die Finanzierung suchen", teilte Morgen mit, ohne jedoch nähere Einzelheiten zu nennen. Weitere Gespräche seien geplant.
Das 1,5 Milliarden Euro teure Schiff ist zu 75 Prozent fertiggestellt. Es ist eines der größten Kreuzfahrtschiffe der Welt: 342 Meter lang, 57 Meter hoch, Platz für 9.500 Passagiere und 2.500 Crew-Mitglieder. Doch zur Fertigstellung fehlen noch rund 600 Millionen Euro.
Genting kommt als Käufer in Frage
Bisher wird das Schiff für den Mutterkonzern der Werften, Genting Hongkong, gebaut. Das asiatische Tourismusunternehmen ist spezialisiert auf Kreuzfahrten. Der Konzern kommt auch weiterhin als Abnehmer in Frage.
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Der Bund hatte sich zuvor bereit erklärt, das Geld für die Fertigstellung aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds vorzuschießen, verlangte aber von Genting 60 Millionen Euro als Eigenanteil. Da der Mutterkonzern diese Summe nicht bereitstellte, platzte das Hilfspaket (Lesen Sie hier, wie es zur Insolvenz kommen konnte).
Auch ist weiterhin unklar, wie es für die 1.900 Mitarbeiter weitergeht. Zumindest die Dezemberlöhne sollen am Montag ausgezahlt werden. Nach Angaben der IG Metall hat der Großteil der Beschäftigten bereits die erforderlichen Abtretungserklärungen unterschrieben. Diese seien Voraussetzung dafür, dass die Bundesagentur für Arbeit Insolvenzausfallgeld zahlen könne.
Diese Leistungen werden allerdings nur für drei Monate gewährt. Bis dahin muss der Insolvenzverwalter andere Geldquellen erschließen, soll der Betrieb aufrechterhalten werden. Im Gespräch sind bereits der Verkauf einzelner Standorte oder die Verwertung von werfteigenen Grundstücken.
Morgen zufolge gibt es in Stralsund die Idee, einen maritimen Gewerbepark zu entwickeln. An anderen Standorten werde über den Bau von Offshore-Windkraft-Plattformen nachgedacht. Das Insolvenzverfahren werde voraussichtlich am 1. März eröffnet.
Lindner: Mitarbeitern Perspektive geben
Die Bundesregierung ist nach Angaben von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bereit, einen Neustart der Werften zu begleiten. Sie werde alle Anstrengungen unternehmen, die Mitarbeiter an den Standorten Wismar, Stralsund und Rostock zu unterstützen und dazu beizutragen, ihnen eine Perspektive zu geben, heißt es in einem Brief Lindners an den Gesamtbetriebsrat.
Betriebsratsvorsitzende Ines Scheel sagt, die Arbeitnehmervertreter hätten sich zuvor mit zwei Schreiben an Lindner gewandt. "Wir haben gehofft, dass es doch noch eine Lösung gibt und die Insolvenz abgewendet werden kann. Nun hoffen wir, dass es anders weitergeht", so Scheel.
DGB sieht Perspektive für Werften
Nach Überzeugung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) hat der Schiffbau in Deutschland trotz der Insolvenz der MV Werften eine Zukunft. "Grundsätzlich gibt es ja durchaus Perspektiven für die Werftindustrie", sagte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann am Freitag im Deutschlandfunk.
Bei großen Passagierschiffen werde sich nach der Pandemie zeigen, ob der Markt gesättigt sei. "Aber es gibt natürlich große Alternativen. Beispielsweise im Gütertransport werden wir auch zukünftig auf Schifffahrt angewiesen sein." Deshalb sei es richtig, dass die IG Metall um den Erhalt der Werften kämpfe.
Genting hatte die MV Werften 2016 gekauft, um Kreuzfahrtschiffe für den eigenen Bedarf zu bauen. Doch infolge der anhaltenden Corona-Pandemie brachen die Einnahmen weg und der gesamte Konzern geriet in finanzielle Schieflage. Am Montag stellten die MV Werften dann den Insolvenzantrag.
- Eigene Recherche
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und Reuters