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Türkei: Lira-Absturz wird zum Schrecken ohne Ende – wegen Erdogan


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Erneute Zinssenkung
Lira-Absturz wird zum Schrecken ohne Ende


Aktualisiert am 16.12.2021Lesedauer: 3 Min.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (Archivbild): Die Lira sackt im Vergleich zu anderen Währungen wie Euro und Dollar immer weiter ab, zeitgleich verlieren die Türken durch eine hohe Inflation stark an Kaufkraft.Vergrößern des Bildes
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (Archivbild): Die Lira sackt im Vergleich zu anderen Währungen wie Euro und Dollar immer weiter ab, zeitgleich verlieren die Türken durch eine hohe Inflation stark an Kaufkraft. (Quelle: Pavel Bednyakov/imago-images-bilder)
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Der türkische Präsident bleibt seiner Politik treu: Während im Westen die Zinswende eingeleitet wird, senkt die türkische Zentralbank den Leitzins weiter. Allein die Sorge deswegen hatte die Lira am Donnerstag abstürzen lassen.

Die türkische Lira kommt nicht zur Ruhe. Am Donnerstag erreichte die Währung erneut ein Rekordtief – die Abwärtsspirale bleibt ungebrochen. Denn die Befürchtung vieler Experten hat sich bewahrheitet: Die türkische Notenbank hat am Mittag erneut den Leitzins gesenkt, von aktuell 15 auf 14 Prozent.

Allein die Sorge, dass dies geschehen könnte, hatte die Lira am Morgen bereits abstürzen lassen. Noch vor dem Zinsentscheid erreichte die türkische Währung ein neues Rekordtief. Für einen US-Dollar mussten am Donnerstag erstmals mehr als 15 Lira gezahlt werden, für einen Euro waren erstmalig mehr als 17 Lira fällig. Nach dem Zinsentscheid rutschte der Kurs noch weiter auf 15,50 Lira pro Dollar ab.

All das widerspricht deutlich den Überzeugungen der internationalen Ökonomen. Die Menschen in der Türkei leiden seit Monaten unter einer hohen Inflation, die Teuerungsrate hat mittlerweile 21 Prozent überschritten. Es bräuchte laut Experten klar eine Zinserhöhung, doch das wird nicht geschehen. Mit einer Wende in der Währungspolitik wie im Westen ist in der Türkei nicht zu rechnen.

Erdoğan stellt sich gegen ökonomischen Konsens

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat in den vergangenen Monaten einen hohen Druck auf die Notenbank ausgeübt und mehrere Chefs der Finanzinstitution ausgetauscht. Auch sein Finanzminister konnte sich nicht in seiner Position halten. Im Dezember ersetzte Erdoğan den bisherigen Minister Lütfi Elvan nach nur einem Jahr durch seinen Stellvertreter.

Erdoğan vertritt die Ansicht, dass hohe Zinsen zur Inflation führen würden und setzt daher auf weitere Zinssenkungen. Damit steht er konträr zum wirtschaftswissenschaftlichen Konsens weltweit, der steigende Zinsen als effektives Mittel gegen die Inflation ansieht.

Immer mehr Türken verlieren daher auch das Vertrauen in Erdoğans politische Fähigkeiten. Einst treue Anhänger wenden sich nun gegen den früher sehr beliebten Präsidenten, andere halten weiterhin zu ihm – das berichten zwei junge Türken im Gespräch mit t-online (mehr dazu lesen Sie hier).

Erdoğan sucht neue Partner im Osten

Der türkische Präsident scheint sich nicht nur in ökonomischen Fragen von den westlichen Vorstellungen abzuwenden. Laut Medienberichten sucht Erdoğan verstärkt Kontakte mit anderen Handlungspartnern, bevorzugt islamisch geprägten Ländern wie Katar oder die Vereinigten Arabischen Emirate, mit denen die Türkei lange Zeit ein geradezu verfeindetes Verhältnis führte.

Auch die Bindungen zu China und Afrika wachsen, während die Geschäfte mit Europa zurückgehen. Vor zwanzig Jahren schloss die Türkei noch zwei Drittel ihrer Geschäfte mit europäischen Partnern ab, heute sind es nur noch 48 Prozent.

Doch die Abwertung bietet auch Chancen: Der günstige Lirakurs macht es zumindest für die Textilindustrie wieder interessant, in der Türkei zu fertigen. So könnten etwa laut der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" die Konzerne Benetton und Hugo Boss einen Teil ihrer Produktion in die Türkei verlegen.

Der Westen kündigt die Zinswende an

Die Türken bezahlen solche neuen Partnerschaften aber bitterlich. Die Lebenskosten sind besonders in den Städten rasant gestiegen, während die Gehälter kaum wachsen.

Manche Grundnahrungsmittel wie etwa Rapsöl haben sich im Preis mehr als verdoppelt. Auch die Preise für Brot und Fleisch sind deutlich angezogen. Gleichzeitig liegt der Mindestlohn mittlerweile bei weniger als umgerechnet 200 Euro im Monat, viele Studenten finden keine Unterkunft mehr. In Istanbul kam es daher in den vergangenen Wochen zu mehreren Demonstrationen.

In den westlichen Ländern stieg die Inflation in der Corona-Krise ebenfalls stark an. In Deutschland erreichte die Teuerungsrate fast sechs Prozent, in den USA fast sieben. Hier lenken die Zentralbanken nun um. Am Mittwochabend verkündete die US-amerikanische Notenbank Fed die Zinswende für das kommende Jahr.

Die aktuelle Rhetorik des türkischen Präsidenten und der verstärkte Fokus in den Osten dürften aber bei den Türken wenig Hoffnung wecken, dass das Land am Bosporus einen ähnlichen Weg einschlagen wird.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
  • Faz: Erdoğan und die schwierige Suche nach neuen Handelspartnern
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