Preisanstieg von 138 Prozent Tausende Türken demonstrieren gegen rasante Inflation
"Es reicht": Tausende Menschen gingen in Istanbul auf die Straße, um gegen den Wertverfall der Lira zu protestieren. Die Polizei griff hart durch – es gab mehrere Festnahmen.
Angesichts der Währungskrise in der Türkei haben in Istanbul und Ankara zahlreiche Menschen demonstriert. Die schätzungsweise 5000 Demonstranten forderten am Sonntag vor allem eine Erhöhung des Mindestlohns.
Die Demonstrierenden versammelten sich im asiatischen Teil der Stadt und hielten Schilder hoch mit der Aufschrift: "Es reicht!" Die linke Gewerkschaft Disk hatte zu dem Protest aufgerufen. Es war nicht der erste Protest in den vergangenen Wochen gegen den aktuellen Wertverfall der Lira und der damit verbundenen Wirtschaftspolitik des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan.
Die Lage sei für ihn und seine Familie derzeit "wirklich hart", sagte der Textilarbeiter Faruk Karaahmet während der Demonstration. Bei einer Erhöhung des Mindestlohns "könnten wir ein wenig mehr in Würde leben". Der Netto-Mindestlohn liegt derzeit bei 2825 Lira (179 Euro) monatlich. Die Demonstranten forderten eine Aufstockung auf 5200 Lira (331 Euro).
90 Demonstranten festgenommen
Im November war die Inflationsrate in der Türkei nach offiziellen Angaben auf 21,3 Prozent im Vorjahresvergleich gestiegen. Das ist der höchste Wert seit drei Jahren, wie die Statistikbehörde mitteilte. Die Opposition zweifelt die offiziellen Daten zur Inflation an und geht davon aus, dass die reale Teuerungsrate noch deutlich höher ist.
In Ankara wurden unterdessen mindestens 90 Studierende festgenommen, wie die Initiative "Wir finden keinen Unterschlupf" mitteilte. Sie hatten trotz eines Demonstrationsverbots des Gouverneurs versucht, sich in der Hauptstadt zu versammeln. Studierende protestieren seit diesem Sommer mit verschiedenen Aktionen gegen hohe Mieten und fordern bezahlbaren Wohnraum.
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Preissteigerungen von mehr als 100 Prozent
In Istanbul etwa hat sich das Leben nach Angaben der Stadtverwaltung innerhalb eines Jahres um mehr als 50 Prozent verteuert. Den höchsten Preisanstieg verzeichnet demnach Sonnenblumenöl mit einem Plus von rund 138 Prozent.
Der Generalsekretär der Gewerkschaft Disk, Adnan Serdaroglu, warnte im Sender Halk TV: "Die Menschen verarmen." Er forderte eine deutliche Anhebung des monatlichen Mindestlohns.
Hintergrund der Lira-Krise ist nach Ansicht von Kritikern unter anderem die Einmischung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan in die Geldpolitik der Notenbank. Erdoğan drängt immer wieder auf niedrige Zinsen und vertritt entgegen gängiger volkswirtschaftlicher Lehre die Ansicht, hohe Zinsen förderten die Inflation.
- Nachrichtenagentur dpa