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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Versicherer warnen So teuer wird die aktuelle Flutkatastrophe
Im Westen des Landes sind zahlreiche Orte überflutet, Häuser sind zerstört. Die Flutkatastrophe ist noch nicht vorbei, doch schon jetzt erwarten die Versicherer Milliardenschäden.
Überflutete Straßen, vollgelaufene Keller, umgeworfene Autos: Mindestens 45 Menschen sind durch das Unwetter, ausgelöst von Tief Bernd, ums Leben gekommen. Für Tausende Deutsche jedoch heißt die aktuelle Katastrophe auch: Häuser sind zerstört – Existenzen vernichtet.
Wie hoch die Sachschäden genau ausfallen, lässt sich bislang nur schätzen. Klar ist: Sie gehen in die Milliardenhöhe.
"Es zeichnet sich ab, dass sich dieses Jahr mit Stürmen, Überschwemmung, Starkregen und Hagel zu einem der schadenträchtigsten seit 2013 entwickeln könnte", sagte der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Versicherungswirtschaft (GDV), Jörg Asmussen. Bereits im Juni hatten Starkregen und Hagel einen geschätzten versicherten Schaden von 1,7 Milliarden Euro verursacht.
R+V rechnet mit "hohem zweistelligen Millionenbetrag"
Auch die Versicherung R+V sieht die enormen Schäden des aktuellen Unwetters mit Sorge. "So heftig wie in diesem Jahr haben die Unwetter schon lange nicht mehr gewütet", sagte Rico Kretschmer, Abteilungsleiter Schadenmanagement bei der R+V Versicherung, t-online.
Das aktuelle Tief Bernd dürfte den Schaden nochmals deutlich nach oben treiben. "Nach unserer ersten Einschätzung rechnen wir mit einem hohen zweistelligen Millionenbetrag – mindestens", so Kretschmer weiter.
"Es droht eine noch schlimmere Katastrophe"
Und die Schäden könnten noch deutlich größer ausfallen. "Viel hängt davon ab, wie sich die Situation in den nächsten Stunden und Tagen entwickelt. Wenn es weiter regnet und Dämme brechen oder noch mehr Talsperren überlaufen, droht den Bewohnern in der Region eine noch schlimmere Katastrophe", sagte Kretschmer – und zieht den Vergleich zur Katastrophe 2013.
"Die Überschwemmung richtete damals bei R+V-Kunden Schäden in Höhe von rund 100 Millionen Euro an", sagte Kretschmer. "Nordrhein-Westfalen ist jedoch viel dichter besiedelt. Wenn es in Städten wie Wuppertal oder Köln zu großflächigen Überschwemmungen kommt, trifft es ungleich mehr Menschen." Entsprechend wären die Überschwemmungsschäden im Vergleich zu 2013 um ein Vielfaches höher, befürchtet er.
"Gegenden, die vor Hochwasser sicher sind, gibt es nicht"
Auch die Ergo-Versicherung erwartet noch weitere Schäden. "Wenn auf die aufgeweichten Böden und bereits bestehenden Unterspülungen noch mehr Regen niedergeht, ist mit weiteren Schäden z.B. Erdrutsche, Unterspülungen bzw. Hochwasser zu rechnen", sagte Ergo-Vorstandsvorsitzender Mathias Scheuber t-online.
"Gegenden, die vor Hochwasser sicher sind, gibt es faktisch nicht. Nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre ist klar, dass extremer Niederschlag an jedem Ort in Deutschland möglich ist", so Scheuber.
Derzeit haben die Versicherer alle Hände voll zu tun. "Bei unserer Notruf-Hotline laufen die Telefone heiß", so Kretschmer von der R+V. "Im Minutentakt melden sich verzweifelte Kunden bei unseren Kollegen im R+V-Servicecenter."
Genaueres Schadensbild erst in den nächsten Wochen
Auch vom Talanx-Konzern mit seiner Hauptmarke HDI in Hannover hieß es: "In unserem Geschäft mit Privat- und Firmenkunden sowie im Geschäft mit Industriekunden laufen für das aktuelle Unwetter ständig neue Schadenmeldungen ein."
Unwetter treffen finanziell vor allem zwei Sparten der Sachversicherung: Gebäude und Kfz – bei Autos in der Regel in Form von Hagelschäden. Ein genaueres Bild der Unwetterschäden wird sich womöglich im August ergeben. Dann legen die börsennotierten Versicherungskonzerne ihre Halbjahresbilanzen vor.
Sicher sagen lässt sich jetzt schon, dass die tatsächlichen Schäden höher sein werden als die von den Versicherungen bezahlten Summen. Teuer wird das vor allem für Hausbesitzer ohne sogenannte Elementarschadenversicherung, ein Zusatzbaustein der Gebäudeversicherung. Laut GDV sind bundesweit zwar fast alle Wohngebäude gegen Sturm und Hagel abgesichert, doch weniger als die Hälfte – 46 Prozent – auch gegen Hochwasser und Überschwemmung.
- Eigene Recherche
- Statement vom GDV
- Statement der R+V
- Statement der Ergo
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa