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"Von Natur aus faul": So denkt Amazon-Chef Bezos über seine Mitarbeiter


Das System Amazon
"Von Natur aus faul" – So denkt Jeff Bezos über seine Mitarbeiter

Von t-online, neb

20.06.2021Lesedauer: 3 Min.
Der Glanz des Erfolgs: Amazon-Gründer Jeff Bezos blickt auf eine riesige Erfolgsgeschichte zurück – den meisten anderen Menschen traut er diese wohl nicht zu. Sie seien von Natur aus faul.Vergrößern des Bildes
Der Glanz des Erfolgs (Symbolbild): Amazon-Gründer Jeff Bezos blickt auf eine riesige Erfolgsgeschichte zurück – den meisten anderen Menschen traut er diese wohl nicht zu. Sie seien von Natur aus faul. (Quelle: Kyle Johnson/imago-images-bilder)
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Er ist kein Optimist: Laut Multimilliardär Jeff Bezos sind alle Menschen faul – vom Kunden bis zum Mitarbeiter. Und das System Amazon ist gnadenlos darauf ausgerichtet.

Wer die langen Arbeitszeiten, die verpflichtenden Überstunden und die vielen Laufwege der Mitarbeiter beim Onlinegiganten Amazon kennt, weiß: Amazons Gründer Jeff Bezos ist kein Menschenfreund.

Eine großangelegte Recherche der New York Times ("Inside Amazon's Employment Machine") zu einem der größten Warenhäusern des Konzerns in den USA lässt nun aber noch deutlich tiefer in das System Amazon blicken – und in die mentalen Grundsätze, die dahinter stecken.

Denn mehrere, zum Teil ehemalige Manager berichten, dass Bezos in seinem Konzern nichts dem Zufall überlasst. Jeder Schritt der Mitarbeiter ist maximal durchgetaktet. In dem beobachteten Warenhaus wird jede Handlung dokumentiert und analysiert – von der Zeit, die ein Angestellter braucht, ein Produkt zu verpacken, bis zur Dauer der Pause. Wer die Leistung nicht bringt, dem droht die Entlassung.

Auch in Deutschland ist Amazon häufiger für seine Arbeitsbedingungen in die Kritik geraten. Mehrfach äußerten auch hier Mitarbeiter den Vorwurf der Überwachung.

Mitarbeiter sollen sich bei Amazon nicht einleben

Dahinter liegt offensichtlich eine Grundsatzüberzeugung von Bezos: Menschen seien von Natur aus faul. Diese Einblicke gibt der New York Times dabei kein kleiner Fisch im Amazon-Universum, sondern der Manager David Niekerk. Er hat fast 17 Jahre lang bei Amazon gearbeitet und war dabei für das Personalwesen und die Betriebskultur zuständig.

Amazon-Gründer Bezos halte ihm zufolge alle Menschen für Minimalisten: "Er sagt, es liegt in der Natur des Menschen, so wenig Energie wie möglich aufzuwenden, um das zu bekommen, was wir brauchen oder wollen", so Niekerk.

Das zeigten offensichtlich auch Daten des Onlinegiganten. Mit der Zeit nahm die Motivation der Mitarbeiter ab. Bezos betonte daher gegenüber seinen Managern mehrfach, er habe kein Interesse daran, dass sich Mitarbeiter zu sehr im Konzern einlebten. Dies sei der Gang "in die Mittelmäßigkeit", so sei der Multimilliardär überzeugt.

Er hat daher sein gesamtes System auf seine Überzeugung aufgebaut. Sowohl auf Kundenseiten mit Bestellmethoden, die möglichst komfortabel und einfach sind, als auch auf der Mitarbeiterseite, bei denen jeder Schritt komplett durchkoordiniert wird.

Nach drei Jahren ist Schluss bei Amazon

Stattdessen setzt er auf strikte Kontrolle und ein System, das Anreize zum Verlassen des Unternehmens schafft. Die Fluktuationsrate ist dementsprechend bei den amerikanischen Amazon-Standorten doppelt so hoch wie in anderen Unternehmen der Logistikbranche.

Und das ist gewollt: Nach drei Jahren gibt es keine automatischen Gehaltserhöhungen für die einfachen Logistik-Mitarbeiter, auch Picker, genannt. Auch interne Beförderungen sind deutlich seltener als bei anderen Unternehmen in der Branche. Dafür biete Amazon Weiterbildungskurse an, um sich in neue Bereiche zu bewerben.

Mitarbeiter, die länger bei Amazon arbeiten, frustriert das System. "Wenn wir über das geforderte Maß hinausgehen, gibt es dafür keine Belohnung", sagt etwa ein Mitarbeiter, der fünf Jahre bei Amazon war und im System durch seine besonders gute Leistung immer wieder aufgefallen ist.

Bezos will der beste Arbeitgeber der Welt werden

Doch mittlerweile scheint auch Bezos Umdenken zu müssen: Amazon verschleißt seine Mitarbeiter so schnell und stark, dass manche Manager besorgt sind, dass ihnen auf Dauer die Mitarbeiter ausgehen. "Wir sind menschliche Wesen. Wir sind keine Werkzeuge, um tägliche Raten und Ziele zu erreichen", schrieb etwa ein Mitarbeiter als internes Feedback.

Immer häufiger streiken Amazon-Mitarbeiter – und das, obwohl in den USA die Streikkultur deutlich weniger ausgeprägt ist als in Europa. Zu gering ist der Kündigungsschutz, zu abhängig sind viele Amerikaner von ihren Jobs.

Gegenüber seinen Aktionären sagte Bezos daher vor Kurzem: "Wir brauchen eine bessere Vision, wie wir einen Mehrwert für unsere Mitarbeiter erzeugen können." Scheinbar möchte der Multimilliardär eine Kehrtwende machen. Amazon soll zukünftig der beste Arbeitgeber der Welt werden. Für viele Amerikaner wäre das ein Segen. Denn der Onlineriese ist mittlerweile einer der größten privaten Arbeitgeber des Landes, in den kommenden Jahren dürfte sich diese Entwicklung noch verschärfen.

Besonders im Niedriglohnsektor geraten so immer mehr Menschen in die Abhängigkeit des Konzerns. Menschen, die laut Bezos Philosophie nur einen kurzfristigen Platz bei Amazon haben.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • The New York Times: Inside Amazon's Employment Machine
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