In den Suizid gemobbt Ex-Telekom-Managern in Frankreich droht Haft
Von 2008 bis 2009 musste die französische Telekom Stellen abbauen. Für dieses Ziel soll ein Ex-Manager seine Angestellten in den Suizid getrieben haben. Ein Gericht entscheidet über seine Schuld.
Zehn Jahre nach einer beispiellosen Suizid-Serie bei der französischen Telekom müssen mehrere ehemalige Manager mit Haftstrafen rechnen. Das Urteil des Pariser Strafgerichts im Mobbing-Prozess gegen den früheren France-Télécom-Chef Didier Lombard sowie sechs weitere Manager wird am Freitag verkündet. Die Staatsanwaltschaft hat ein Jahr Haft für Lombard und zwei weitere Verantwortliche gefordert, vier andere sollen für acht Monate ins Gefängnis. Dem Konzern droht zudem eine Geldbuße von 75.000 Euro.
Durch "organisiertes Mobbing" sollen Lombard und die anderen Manager bei dem Umbau des Unternehmens nach der Privatisierung so viel Druck gemacht haben, dass sich eine Reihe von Mitarbeitern das Leben nahm. Die Angeklagten weisen die Vorwürfe zurück.
Stellenabbau durch Psychoterror
Die Manager sollen in den Jahren 2008 und 2009 bei France Télécom eine Atmosphäre geschaffen haben, die viele Mitarbeiter in die Verzweiflung trieb. Gewerkschaften sprachen von einer "außergewöhnlichen Brutalität" in dem Unternehmen, das heute Orange heißt.
Unter Leitung von Unternehmenschef Lombard sowie seines Stellvertreters Louis-Pierre Wenes mussten damals 22.000 der rund 120.000 Mitarbeiter gehen. Lombard sagte laut Zeugen vor Managern, er werde den Stellenabbau durchziehen, "ob durch das Fenster oder durch die Tür".
Bei dem Prozess geht es um insgesamt 39 bedrängte Mitarbeiter. In 19 Fällen gehen die Richter von einem Suizid aus, zwölf weitere versuchten, sich das Leben zu nehmen, die restlichen waren wegen Depressionen zum Teil arbeitsunfähig.
Arbeitsbedingungen mit Absicht verschlechtert
"Ich fühlte mich wie ein Parasit", sagte ein Telekom-Mitarbeiter in dem Prozess aus. Er wurde an einen Arbeitsplatz 450 Kilometer von seiner Familie versetzt. Als Zivilklägerin trat eine Frau auf, deren Vater sich 2011 vor einem Telekom-Laden in Mérignac in Westfrankreich selbst angezündet hatte. "Mit dem Tod meines Vaters haben sie ihr Firmenziel erreicht", sagte sie in Richtung der Angeklagten.
Die Staatsanwältin Françoise Benezech sagte in ihrem Plädoyer, die früheren Manager seien geradezu "besessen" vom Ziel des Stellenabbaus gewesen. Sie hätten die "Arbeitsbedingungen gezielt verschlechtert", um die Menschen zur Kündigung zu treiben.
Die Gewerkschaften bei der Telekom wollen ein "Modellurteil" erreichen. Sie waren im Namen der Beschäftigten vor Gericht gezogen. "Wir hoffen auf Gefängnisstrafen", sagt Patrick Ackermann von der Gewerkschaft SUD-PTT.
Stellenabbau hat französische Telekom gerettet
Die Verteidigung plädierte hingegen dafür, "kein Exempel" in dem Prozess zu statuieren. "Bei einem Drama sucht man einen Verantwortlichen", sagte die Anwältin von Ex-Telekomchef Lombard. "Das ist Rache, nicht Gerechtigkeit."
Lombard selbst rechtfertigte sein Handeln mit ökonomischen Zwängen und dem Konkurrenzdruck in der Branche. Ohne den Stellenabbauplan "würde es die französische Telekom heute nicht mehr geben", betonte er vor Gericht.
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- Nachrichtenagentur AFP