Nachfolger von Matthias Müller Herbert Diess wird neuer Volkswagen-Chef
Der bisherige VW-Markenchef Herbert Diess wird neuer Volkswagen-Konzernchef. Er löst Vorgänger Matthias Müller ab. Doch das ist nicht der einzige Umbau in Wolfsburg.
Herbert Diess ist neuer Vorstandschef des Volkswagen-Konzerns. Der Aufsichtsrat berief den 59-jährigen VW-Markenchef an die Spitze des weltgrößten Autokonzerns mit mehr als 600.000 Beschäftigten.
Der bisherige Vorstandschef Matthias Müller scheide "im gegenseitigen Einvernehmen" mit sofortiger Wirkung als Vorstandsvorsitzender aus, aber nicht aus dem Unternehmen, teilte VW mit. Demnach wird er seinen Vertrag bis 2020 erfüllen. Müllers Vertrag wäre eigentlich erst 2020 ausgelaufen. Er hatte 2015 von Martin Winterkorn übernommen, der wegen des Diesel-Abgasskandals zurückgetreten war.
Diess wäre gern BMW-Chef geworden
Winterkorn war es auch, der Diess zu Volkswagen geholt hatte, um die Profitabilität der Kernmarke zu steigern. Das ist dem Manager Diess seitdem eindrucksvoll gelungen. Er hat die hohen Kosten gesenkt und die schwache Gewinnmarge gesteigert.
Dass er das kann, hatte Diess bereits vorher beim Münchner Konkurrenten BMW gezeigt. Dort leitete er zunächst verschiedene Werke, bevor er 2003 Chef der BMW-Motorradsparte wurde. Seit 2007 saß er im Konzernvorstand, zunächst für den Einkauf. Hier setzte er Milliardenkürzungen gegenüber den Lieferanten durch. Später als Entwicklungsvorstand setzte er sich für den Ausbau des Hybridauto-Angebots ein.
Gern wäre der Vater dreier Kinder damals Chef von BMW geworden, zog aber gegenüber dem heutigen Chef Harald Krüger den Kürzeren. Beim ungleich größeren Volkswagen-Konzern hat sich sein Ehrgeiz nun ausgezahlt.
Ein großer Konzernumbau steht an
Diess soll nun den Konzernumbau weiter vorantreiben. Er übernehme die Führung "in einer Phase hoher Veränderungsdynamik im Unternehmen und der gesamten Automobilindustrie". Diess habe "bei der Neuausrichtung der Marke Volkswagen eindrucksvoll bewiesen, mit welchem Tempo und mit welcher Konsequenz er tiefgreifende Transformationsprozesse umsetzen" könne.
Erste Schritten dieses umfassenden Umbaus des Zwölf-Marken-Konzerns wurden nun auch schon bekannt gegeben: So führt Volkswagen neue Markengruppen ein. Damit soll der Autobauer künftig nicht mehr so zentral geführt werden. Eingeführt werden die Markengruppen "Volumen" mit VW, Seat und Skoda, "Premium" unter anderem mit Audi und "Super Premium" mit Porsche an der Spitze. Bei der Nutzfahrzeugeinheit Truck & Bus sollen die Voraussetzung geschaffen werden, sie an die Börse zu bringen.
Entscheidungen sollen schneller getroffen werden
Die für die Markengruppen verantwortlichen Vorstandsvorsitzenden übernehmen zusätzlich Konzernführungsaufgaben. Der neue Konzernchef Herbert Diess ("Volumen") verantwortet demnach die Konzernentwicklung- und Forschung, Audi-Chef Rupert Stadler ("Premium") den Konzernvertrieb und Porsche-Chef Oliver Blume ("Super Premium") die Konzernproduktion.
Ziel der Neuordnung ist laut Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch die Entscheidungen in dem riesigen Autokonzern zu beschleunigen. Die neue Aufteilung solle die Konzernsteuerung verschlanken und Synergien nutzen, sagte Pötsch nach der Sitzung des Aufsichtsrats.
Neuer Personalvorstand ist Vertrauter des Betriebsratschefs
Die Neuordnung findet auch beim weiteren Personal Niederschlag: Es gibt einen neuen Personalvorstand, und zwar den bisherigen Generalsekretär des Konzernbetriebsrates, Gunnar Kilian. Kilian ist der engste Vertraute des einflussreichen Betriebsratschefs Bernd Osterloh. Der bisherige Personalchef Karlheinz Blessing steht VW weiterhin als Berater zur Verfügung, bis sein Vertrag ausläuft.
Der bisherige VW-Vorstand Francisco Javier Garcia Sanz, zuständig für Beschaffung, verlässt laut VW das Unternehmen auf eigenen Wunsch. Kommissarisch übernimmt der Beschaffungschef der Marke VW, Ralf Brandstätter.
Auf Diess warten zahlreiche Aufgaben
Doch auf Diess warten neben der Neuordnung noch weitere Herausforderungen. Der Aufbau eines breiten Angebots an Elektroautos wird den Konzern viel Geld und Mühe kosten. Die Interessen des mächtigen Betriebsrats und der wichtigsten Aktionäre – den Gründerfamilien Porsche und Piëch, dem Emirat Katar und dem Bundesland Niedersachsen – wollen balanciert werden. Um ihr Vertrauen wird Diess kämpfen müssen, genau wie um das Vertrauen der von den Dieselmanipulationen enttäuschten Kunden.
Diess ist für eine deutliche Sprache bekannt, gilt jedoch zugleich als diplomatischer und verbindlicher als der bisherige Konzernlenker Matthias Müller. Trotzdem polarisiert er: Die einen beschreiben ihn als "sehr charmant" und angenehm im Umgang, die anderen als "harten Knochen". Gelobt wird seine Bodenhaftung. Ein eitler Typ, das sei er nicht.
Dass sich die Autobranche fundamental wandeln müsse, das sei für Diess selbstverständlich, heißt es aus dem VW-Aufsichtsrat. Er habe Ideen und eine klare Strategie.
- AFP, Reuters, dpa-AFX