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Wirtschaftliche Folgen im Krim-Konflikt schon spürbar


Vor Wirtschaftsanktionen
Wirtschaftliche Folgen im Krim-Konflikt bereits spürbar

Von afp, reuters, dpa-afx, t-online
Aktualisiert am 21.03.2014Lesedauer: 4 Min.
Besorgnis an der Börse Moskau: Sanktionen zeigen erste AuswirkungenVergrößern des Bildes
Aufregung an der Börse Moskau: Sanktionen zeigen erste Auswirkungen (Quelle: AFP-bilder)

Noch hat die EU die dritte Sanktionsstufe gegen Russland nicht beschlossen. Doch bereits jetzt zeigen sich im Krim-Konflikt erste wirtschaftliche Konsequenzen. So versuchen westliche Geldhäuser aus Furcht vor einer Eskalation der Krim-Krise russische Kredite loszuwerden. Kreditkartenfirmen stellen Zahlungstransaktionen für die Bank Rossija ein. Und Rating-Agenturen senken die Kreditwürdigkeit Russlands, was dessen Aktienkurse am Freitag auf Talfahrt schickt. Zuvor hatten die USA und die EU die Sanktionen gegen Russland verschärft.

Der Gipfel beauftragte die EU-Kommission ferner, weitere Sanktionen unter Abwägung der Folgen vorzubereiten. Das wäre dann die dritte Stufe. Sie beschreibt Folgen "in einer Reihe von Wirtschaftsbereichen", also Wirtschaftssanktionen. "Wir bereiten Phase drei bereits vor", sagte EU-Ratspräsident Hermann van Rompuy.

Denkbar sind ein Waffenembargo, die Einschränkung von Aktivitäten russischer Banken in der EU und ein Export-Bann für Spitzentechnologie. Die zusätzlichen Sanktionen sollen verhängt werden, sollte Russland weitere Schritte "zur Destabilisierung der Lage in der Ukraine" unternehmen, also etwa über die Krim hinaus im Osten des Landes militärisch eingreifen. Letzteres hat Russland zuletzt allerdings ausgeschlossen.

Dritte Sanktionsstufe müsste "Schlüsselbereiche" betreffen

Bei möglichen Wirtschaftssanktionen will die EU so vorgehen, dass die Last nicht nur auf einige EU-Länder fällt. Deshalb sollen dem Vernehmen nach verschiedene Bereiche betroffen sein. Die Rede ist von Handel, Waffenexporten und Energie. Der britische Premier David Cameron sagte: "Natürlich müssten Schlüsselbereiche wie Finanzen, das Militär und Energie betroffen sein." Die EU macht zugleich ihr Handeln von künftigen Ereignissen abhängig.

Dennoch sind die Finanzmärkte bereits in Aufruhr. "Viele Banken werden nun nervös, und am Kreditmarkt tauchen eine Flut russischer Namen auf, die von Banken zu guten Preisen angeboten werden", sagte ein Händler. Sowohl Kredite von Banken als auch von Unternehmen seien darunter. Es handele sich auch nicht nur um Problem-Papiere, sondern auch um gut laufende Kredite. Die Preise für russische Kredite fielen bereits auf breiter Front. Vor allem Hedge Fonds und andere risikofreudige Investoren dürften Interesse zeigen.

Deutsche Wirtschaftsvertreter bekräftigten unterdessen ihre Ablehnung von Wirtschaftssanktionen. Wer geschäftliche Verbindungen habe, habe "kein Interesse daran, dass es dem Partner schlechtgeht", sagte der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft, Eckhard Cordes, dem "Handelsblatt". Der Handel mit Russland sichere hierzulande "rund 350.000 Arbeitsplätze". Der Präsident des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Anton Börner, bezeichnete mögliche Wirtschaftssanktionen in den "Ruhr Nachrichten" als "Katastrophe".

Bank Rossija blockiert

Die Kreditkartenfirmen Visa und Mastercard teilten mit, dass sie ihre Zahlungstransaktionen für Kunden der russischen Bank Rossija eingestellt hätten. Rossija sowie die Aktsionerny Bank of the Russian Federation wurden am Donnerstag von den USA mit Sanktionen belegt, weil dort "bedeutende Gelder der russischen Führung" deponiert seien. Die Rossija-Bank erklärte, dass sie ihre Arbeit wie gewohnt fortsetzen werde. Allen Verpflichtungen gegenüber Kunden und Partnern werde nachgekommen.

Die Rossija-Bank belegt laut Aussage eines Vertreters der US-Regierung Platz 17 der größten Banken in Russland. Sie habe ein Vermögen von rund zehn Milliarden US-Dollar und Konten bei Bankinstituten in den USA und Europa.

Die SMP Bank teilte ebenfalls mit, dass ihre Kunden nicht mehr mit ihrer Visa- oder Mastercard zahlen oder Geld am Automaten ziehen könnten. Die SMP wird von den Brüdern Arkadi und Boris Rotenberg kontrolliert, die auf der US-Sanktionsliste stehen.

Rating-Agenturen stufen Russlands Kreditwürdigkeit herab

Russlands stellvertretender Finanzminister sieht derweil noch keine schweren Folgen der Sanktionen für Russlands Finanzsektor. Alexej Moiseew widerspricht auch der Einschätzung von Rating-Agenturen, wonach die Krim-Krise Auswirkungen für die Kreditwürdigkeit des Landes haben könnte.

Sowohl die US-Ratingagentur Standard & Poor's als auch der Konkurrent Fitch hatten Russland herabgestuft. Fitch teilte am Freitag mit, die wirtschaftlichen Aussichten Russlands würden von stabil auf negativ herabgesetzt. Diesen Schritt hatte Standard & Poor's bereits am Vorabend vollzogen.

Kapitalflucht aus Russland?

Das Herabsetzen der Perspektiven auf negativ berücksichtige die Auswirkungen möglicher Sanktionen gegen Russland, erklärte Fitch. Standard & Poor's verwies auf die "geopolitischen Risiken", die Investitionen aufhalten und eine Kapitalflucht zur Folge haben könnten. Der RTS-Aktienindex an der Börse in Moskau sackte am Freitag zeitweise um rund vier Prozent ab.

Geflüchtet ist mit seinem Geld bereits einen Tag vor den US-Sanktionen der Putin-Vertraute Gennadi Timtschenko. Der - laut "Forbes" - sechstreichste Mann Russland veräußerte am Mittwoch alle seine Aktien an dem von ihm mitgegründeten Öl-Handelsunternehmen Gunvor mit Sitz in Genf, wie die Firma am Donnerstagabend mitteilte. Er habe damit "möglichen Sanktionen zuvorkommen wollen".

Oligarch verkauft Anteile an Schweizer Firma

Die USA hatten auch den 61-jährigen Timtschenko auf ihre Sanktionsliste gesetzt. Dessen Geschäfte im Öl- und Gashandel stünden "in direktem Zusammenhang" zu Putin, erklärte das US-Finanzministerium. Sollte er Konten in den USA besitzen, seien diese ab sofort eingefroren.

Gunvor teilte mit, Timtschenko habe alle seine Anteile an seinen Geschäftspartner Thorbjörn Törnqvist verkauft. Dieser sei nun mit einem Anteil von 87 Prozent Mehrheitsaktionär der Firma. So könne Gunvor seine Geschäfte ohne Angst vor Sanktionen weiterbetreiben.

Eine Sprecherin des US-Finanzministeriums bestätigte dies auf Anfrage: Auch die Konten von Gunvor in den USA wären eingefroren worden, hätte sein Anteil an der Firma mehr als 50 Prozent betragen.

Nach den USA hat auch die Europäische Union aus Protest gegen die Annexion der Krim ihre Sanktionsliste gegen Russland verschärft. Einreise- und Kontensperrungen wurden auf nunmehr 33 Personen ausgeweitet, diplomatische Gespräche auf Eis gelegt.

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