Mafia-Windpark finanziert? Großrazzia bei der HSH Nordbank
Wegen eines Millionen-Kredits für einen Windpark in Süditalien ist die HSH Nordbank Ziel einer Großrazzia geworden: Die Anlage soll von der Mafia zur Geldwäsche genutzt worden sein. 200 Polizisten haben deshalb in sechs Bundesländern Wohnungen und Büros des Finanzinstituts durchsucht. Auch bei dem Hersteller der Windkraftanlage wurde nach Beweisen gefahndet.
Bei den Ermittlungen gehe es um den Verdacht der Geldwäsche und Unterstützung einer kriminellen Vereinigung, sagte der Osnabrücker Oberstaatsanwalt Alexander Retemeyer. Betroffen waren unter anderem Geschäftsräume des Geldhauses in Kiel und Hamburg sowie des Windanlagenbauers Enercon in Aurich, Remels und Bremen.
225 Millionen für 48 Windmühlen
Hintergrund sei die Finanzierung des vermutlich von der Mafia in der kalabrischen Stadt Crotone gebauten Windparks aus dem Jahr 2006, teilte die Staatsanwaltschaft Osnabrück mit. Dabei geht es um 48 Windmühlen, die die Landesbank für Hamburg und Schleswig-Holstein mit 225 Millionen Euro finanziert hat.
Die Behörde richtet ihre Ermittlungen gegen überwiegend im Emsland ansässige Geschäftspartner des Unternehmens und der Bank. Diese stünden offenbar im Kontakt mit der kalabrischen Mafia, sagte Retemeyer. In Deutschland wurden 20 Objekte in Bayern, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein- Westfalen und Schleswig-Holstein unter die Lupe genommen. Auch in Österreich wurde gefahndet. Ermittelt wird in dem Fall seit Februar 2013.
Mittels Firmengeflecht Geld gewaschen
Die Staatsanwaltschaft Osnabrück arbeite eng mit den italienischen Behörden zusammenarbeitet, erklärte Retemeyer. Die Beschuldigten stünden im Verdacht, mittels eines Firmengeflechts in Deutschland, Italien, San Marino und der Schweiz Gelder einer Ndrangheta-Gruppierung gewaschen zu haben. Die Ndrangheta agiert von Kalabrien aus europaweit.
"Die Ermittlungen richten sich nicht gegen die HSH, nicht gegen aktive oder ehemalige Mitarbeiter, Vorstände oder Organe des Hauses", sagte ein Sprecher der Bank. Die Tilgung der Kreditsumme nebst Zinsen soll bis zur Beschlagnahmung der Anlage fristgerecht bedient worden sein.
Ermittlungen richten sich gegen Auftraggeber
Enercon stellte klar, dass sich die Untersuchung nicht gegen die Firma, sondern gegen die Auftraggeber des Windparks in Italien, der von Enercon errichtet worden sei, richte. "Seitens der Enercon GmbH wurde die uneingeschränkte Bereitschaft zugesichert, mit den Ermittlungsbehörden bei der Aufklärung des Sachverhalts zu kooperieren", erklärte das Unternehmen.
Der "Spiegel" berichtet in seiner neuesten Ausgabe, die italienische Staatsanwaltschaft gehe schon länger dem Verdacht nach, dass der Windpark an der Sohle des italienischen Stiefels dazu gedient habe, schmutziges Geld des Arena-Clans zu waschen, der in der Region das Sagen habe.
Rom ersucht Kiel um Hilfe
Deshalb habe die Antimafia-Staatsanwaltschaft in Rom schon vor Längerem ein Rechtshilfeersuchen nach Kiel geschickt. Als einzige Reaktion habe die Kieler Staatsanwaltschaft vor zwei Jahren zwei Aktenordner mit Vertragsunterlagen weitergeleitet, die sie von der HSH Nordbank erbeten habe. Die Kieler Staatsanwaltschaft bestätigte dies.
Das Rechtshilfeverfahren laufe, sagte eine Sprecherin. Ins Rollen kamen die Ermittlungen dem "Spiegel" zufolge in Deutschland durch die Anzeige eines niedersächsischen Finanzamtes bei der Staatsanwaltschaft Osnabrück. Diese habe daraufhin das Bundeskriminalamt eingeschaltet.
Mafia-Clan-Chef soll zu Eignern gehört haben
Die italienischen Behörden nahmen bereits im Jahr 2008 Ermittlungen auf, weil sie den Verdacht hegten, dass der Arena-Clan den Windpark über besagtes Firmennetz und Strohmänner besaß. Nach Angaben der italienischen Finanzpolizei stellte sich heraus, dass der Bruder des 2004 ermordeten Clan-Chefs Carmine indirekt zu den Eignern gehörte. 2012 wurde die Anlage beschlagnahmt, die damals zu den größten in Europa zählte.