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Rente: Der große Schwindel der Parteien


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Wahlplakate im Check
Der große Renten-Schwindel der Parteien

MeinungEine Kolumne von Ursula Weidenfeld

07.09.2021Lesedauer: 3 Min.
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Rentensystem in Deutschland: Wie es derzeit noch funktioniert und warum es ein akutes Problem gibt. (Quelle: t-online)
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Von AfD bis Linke

An ihren Wahlplakaten sollt Ihr sie erkennen: "Rente hoch, Rentenalter runter" ruft die Linke den deutschen Senioren und Vorruheständlern vom Straßenrand aus zu. Die AfD spendiert den Alten ein kämpferisches "Unsere Rente gehört uns – aber nicht der ganzen Welt", während SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz künftig persönlich Hand anlegen will: "Jetzt stabile Renten wählen. Scholz packt das an." Die CDU hingegen raunt an den Ausfallstraßen nur ein allgemeinverbindliches "Für ein gutes Leben im Alter".

Niemand sollte sich Illusionen machen. Auch wenn die Parteien und ihre Kandidaten die Rentenreformpläne hinter schönen Slogans verstecken: Sie werden in den kommenden vier Jahren handeln müssen.

Schon die Wahlplakate zeigen die künftige Rollenverteilung im Bundestag und das Selbstverständnis potenzieller Regierungsparteien. Die AfD wird nicht mitregieren und leistet sich deshalb die größtmögliche Polarisierung. Die Linke versteht sich als Interessenpartei der Älteren.

Rentensystem hätte schon längst neu gedacht werden müssen

Die FDP dagegen übernimmt mit ihrem Slogan "Nie gab es mehr zu tun" die Lobbyarbeit für die Jüngeren. Hier rackert der übermüdete Spitzenkandidat auf den Schwarzweißfotos der Wahlwerbung schon so sehr für Digitalisierung und sichere Schulwege, dass für die Alten keine Energie mehr übrig ist. Und die Grünen ("Bereit, weil Ihr es seid") haben mit der Sozialpolitik ohnehin nicht viel am Hut.

So wird die Rentenpolitik im Wesentlichen eine Sache von SPD oder CDU, oder von beiden bleiben, so wie bisher auch. Das ist keine gute Nachricht. Denn schon in der vergangenen Legislaturperiode hätte das Rentensystem neu verhandelt werden müssen.

Weil die Lage auf dem Arbeitsmarkt aber gut blieb, konnten es sich die Großkoalitionäre leisten, die Sache noch einmal aufzuschieben. Die nächste Bundesregierung kann sich vor der Aufgabe nicht mehr drücken. Die schönen Versprechen und beruhigenden Murmeleien auf den Wahlplakaten werden nicht zu halten sein.

Hoffen auf ein kleines Wunder

Schwarze, Rote und Grüne versprechen in diesen sonnigen Spätsommertagen den Rentnern wie den Beitragszahlern, dass sich für sie nichts ändern – oder sogar, dass alles noch viel besser wird. Gemeinsam hoffen sie auf ein kleines Wunder. Eines wie nach der Finanzkrise, als allein der Beschäftigungszuwachs schöne Zusatzleistungen wie die Mütterrente oder die Rente mit 63 finanzierte.

Diesmal wird es nicht so kommen. Denn anders als 2010 ist die Beschäftigungsreserve heute weitgehend mobilisiert. Anders als vor zehn Jahren gehen Hunderttausende Ältere mehr in die Rente, als Beitragszahler nachwachsen. Anders als damals gibt es heute auch keine Sozialreformdividende mehr, die verteilt werden kann.

CDU und FDP verstecken ein "flexibles Renteneintrittsalter"

Deshalb arbeiten alle Parteien daran, möglichst unauffällig die letzten Reserven für den Arbeitsmarkt zu mobilisieren: Würden mehr Frauen Vollzeitstellen besetzen (und damit höhere Sozialbeiträge entrichten), würde die Rentenkasse vorübergehend stabilisiert. Kein Wunder, dass die politische Linke ein Recht auf Vollzeitbeschäftigung durchsetzen will.

Würden die Menschen länger arbeiten, könnten sie mehr einzahlen und die Rente erst später beantragen. CDU und FDP verstecken ein "flexibles Renteneintrittsalter" in ihren Wahlprogrammen. Bekämen Niedriglöhner einen höheren Mindestlohn, würden sie auch mehr Beiträge zahlen. Auch das ist ein Grund, warum SPD, Linke und Grüne einen wesentlich höheren Mindestlohn verfügen wollen.

Rentenschwindelei der Wahlplakate

Was auf den Wahlplakaten gemeint ist, aber natürlich nicht ausdrücklich steht: Polizisten, Freiberufler und Lehrer in die Rentenversicherung! Frauen raus aus der Teilzeit, hinein ins volle Berufsleben! Einwanderer, kommt hierher, und lasst Euch anstellen!

Klar, mit den Zumutungen wartet man besser bis nach der Wahl. Doch schon jetzt ist klar, dass sie kommen werden. Denn die Alternative – eine noch stärkere Finanzierung der Rente aus dem Bundestagshaushalt – wird kaum funktionieren. Die künftigen Regierungsparteien haben das Geld längst ausgegeben: für Klimaschutzprogramme zum Beispiel.

Die Zeiten, in denen sich Wählerstimmen mit blumigen Wahlversprechen kaufen ließen, mögen noch nicht vorbei sein. In wenigen Wochen wird die Rentenschwindelei der Wahlplakate der harten Realität weichen: Der Realität der Koalitionsverträge.

Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin in Berlin. Ihr neuer Bestseller heißt: Die Kanzlerin. Porträt einer Epoche. Sie können es jetzt bestellen.

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