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Nur Angela Merkel kann für neue Staatsschulden zugunsten anderer Länder werben


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Staatsverschuldung
Der Bruch aller Tabus

MeinungEine Kolumne von Ursula Weidenfeld

Aktualisiert am 20.05.2020Lesedauer: 3 Min.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): Gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron hat sie einen umfassenden Wiederaufbauplan für die EU erarbeitet.Vergrößern des Bildes
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): Gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron hat sie einen umfassenden Wiederaufbauplan für die EU erarbeitet. (Quelle: reuters)
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In Deutschland kann nur eine Politikerin für neue Staatsschulden zugunsten anderer Länder Europas werben. Es ist eine, die nicht wiedergewählt werden will: Angela Merkel.

Es ist, als gäbe es kein Morgen. Gestern haben die deutsche Bundeskanzlerin und der französische Präsident 500 neue Schuldenmilliarden ausgelobt, die in den kommenden Jahren den Wiederaufstieg der europäischen Wirtschaft befeuern sollen. Das ist nicht nur ein Tabubruch. Das Geld ist nur der vorerst letzte Versuch, dem Wirtschaftseinbruch nach Corona zu begegnen.

Klar, dass sich der Bürger immer lauter fragt: Wer soll das bezahlen? Gibt es eine Inflation? Und: Kann das überhaupt gut gehen?

Die gute Nachricht ist: Es geht. Die schlechte: Es wird schwer. Und: Für viele Länder Europas wird es schwerer als für Deutschland, für einige vielleicht sogar unmöglich.

Wenn aber besonders getroffene Länder wie Italien oder Spanien nicht aus der Krise kommen, wird auch Deutschland Probleme bekommen, auf seinen Wachstumspfad zurückzukehren. Deshalb will Bundeskanzlerin Angela Merkel nun mit allem brechen, was in Deutschland bisher heilig war. Sie stimmt der Vergemeinschaftung von Schulden zu. Sie will sogar auf die Rückzahlung verzichten. Das ist riskant – und nur für eine Politikerin möglich, die nicht wiedergewählt werden will.

Japan lebt seit Jahren mit riesiger Staatsverschuldung

Deutschland allein steht im Vergleich zu seinen Nachbarländern ganz gut da. Seine Gesamtschuldenlast liegt vermutlich zum Jahresende bei 75 bis 80 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Das ist nicht schön, aber es ist verkraftbar.

Japan lebt schließlich seit Jahrzehnten mit einem Schuldenberg, der über 200 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung beträgt. Dennoch hat man aus diesem Land nichts von Hungerrevolten und Aufständen gegen unseriöse Staatsfinanzierung gehört.

Warum nicht? Weil Japan ein so braver und glaubwürdiger Schuldner ist, dass die eigenen Bürger freiwillig draufzahlen, um die Staatsanleihen zu bekommen. Und weil die Wirtschaft des Landes bisher zwar nur ganz wenig, aber immerhin ein bisschen gewachsen ist.

Deutschland gilt als überseriös

Für Deutschland trifft Ähnliches zu. Das Land gilt als überseriös. Im Augenblick sollte es keine Probleme haben, seine Schulden unters Volk zu bringen. Zumal die Deutschen – wie die Bürger vieler anderer westlicher Länder – ohnehin zu viel sparen. Je älter die Bevölkerung wird, desto größer wird das Bedürfnis nach einem finanziellen Polster für das Alter, desto seltener hauen die künftigen Senioren ihr Geld einfach mal auf den Kopf.

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Das Überangebot an Erspartem könnte dafür sorgen, dass Zinsen und Inflation niedrig bleiben. Jedenfalls, solange alle glauben, dass der Staat seine Verbindlichkeiten bedient.

Auch wenn die deutsche Schuldenlast in 2021 und 2022 noch einmal steigt, weil die Sozialversicherungen in die roten Zahlen rutschen, muss das kein Drama werden: wenn die deutsche Wirtschaft wieder wächst, wenn neue Arbeitsplätze geschaffen werden, wenn keine neue Krise kommt. Dann wird man sich wundern, wie schnell der Schuldenberg wieder schmelzen kann.
Allerdings: Wenn es nicht passiert, wird es bitter, auch in Deutschland.

Italien ist der Problemkandidat der Eurozone

Für andere Länder wird das aber noch schwieriger. In der Eurozone gilt vor allem Italien als Problemkandidat. Das Land hatte schon vor dieser Krise einen Schuldenstand von über 130 Prozent seiner jährlichen Wirtschaftsleistung.

Eine Perspektive zum Schuldenabbau gab es auch in vergleichsweise guten Zeiten nicht. Jetzt ist neben Spanien ausgerechnet Italien besonders stark von Corona betroffen. Wenn aus der Pandemie eine neue Staatsschuldenkrise in Europa entsteht, wird sie in Rom beginnen.

Aus eigener Kraft wird Italien es kaum schaffen, sich aus dieser Lage zu befreien. Auch aus diesem Grund haben Frankreich und Deutschland gestern die neue 500-Milliarden-Hilfe für die besonders getroffenen Länder Europas vorgeschlagen. Denn Angela Merkel und Emmanuel Macron wissen, dass es nicht reicht, wenn die eigenen Perspektiven zum Schuldenabbau ordentlich sind.

Auch für Italien muss in den kommenden Jahren ein Weg aus der enormen Staatsverschuldung gefunden werden. Zur Not auch, indem man das Risiko vorübergehend teilt.

Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin in Berlin. Gemeinsam mit t-online.de und der Leibniz-Gemeinschaft produziert sie den Podcast "Tonspur Wissen".

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