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Vermögenssteuer: Steuer für Reiche? Diese Debatte läuft falsch


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Unfaires Abgabensystem
Steuer für Reiche? Diese Debatte läuft falsch

MeinungEine Kolumne von Ursula Weidenfeld

Aktualisiert am 27.08.2019Lesedauer: 4 Min.
Ein wohlhabendes Paar genießt einen Jachtausflug: Unsere Kolumnistin Ursula Weidenfeld hat einen klare Meinung zum deutschen Steuersystem.Vergrößern des Bildes
Ein wohlhabendes Paar genießt einen Jachtausflug: Unsere Kolumnistin Ursula Weidenfeld hat einen klare Meinung zum deutschen Steuersystem. (Quelle: gilaxia/getty-images-bilder)
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Die SPD will die Vermögensteuer wieder einführen. Das kann man vertreten – wenn man sich eine große Steuerreform zutraut. Davon ist die große Koalition weiter entfernt denn je.

Ein paar Tage vor den Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen, wenige Wochen vor der Entscheidung, wer die SPD demnächst führen wird, scheint es kein Halten mehr zu geben: "Tax the Rich", besteuert die Reichen, schallt es fröhlich aus den Parteizentralen von Rot, sehr Rot und Grün.

Die Leistungsfähigen könnten wirklich mehr beitragen, murmelt der Koalitionspartner CDU im Geheimen mit, und stimmt öffentlich zu, dass die Reichen den Solidaritätszuschlag weiterhin zahlen sollen. Was für ein Gedruckse! Die richtige Lösung ist einfach und erfordert Disziplin und Mut. Beides bringen die Koalitionspartner zur Zeit nicht auf.

Richtige Reihenfolge für Steuer für Reiche

Wenn die Bundesregierung die Steuern für Reiche erhöhen wollte, wäre folgende Reihenfolge richtig:

  1. Die Regierung müsste erst einmal darlegen, wann, warum und wozu sie mehr Geld braucht als bisher.
  2. Dann müsste sie begründen, warum eine Reichensteuer der richtige Weg zu diesen Mehreinnahmen wäre.
  3. Schließlich müsste sie den Spitzensatz der Einkommensteuer entsprechend erhöhen – oder die Vermögensteuer wieder einführen.

Einen solchen offenen Weg aber scheuen Sozial- wie Christdemokraten, Linke wie Grüne. Denn sie würden schon beim ersten Punkt Schiffbruch erleiden.

Braucht der Staat tatsächlich höhere Steuereinnahmen?

Wozu braucht der Staat jetzt mehr Geld, und warum sollte eine Steuererhöhung der richtige Weg dahin sein? In einer drohenden Rezession die Steuern zu erhöhen, ist die denkbar dämlichste Idee, die ein Finanzminister verfolgen kann. Denn damit dämpft er Investitionen und Konsum zusätzlich, er gefährdet Arbeitsplätze und vertieft den wirtschaftlichen Rückgang. Entsteht durch die Rezession langfristig ein Staatsdefizit – wovon Deutschland noch weit entfernt ist –, darf er Schulden machen. Das ist besser, als in dieser Situation die Ausgaben zu kürzen oder die Einnahmen durch Steuererhöhungen anzupassen.

Doch braucht der Staat tatsächlich höhere Steuereinnahmen? Oder braucht er nur ein besseres Steuersystem? Gerade die Positionen des Bundeshaushalts, die angeblich so nötig sind, um die Verkehrs-, Wohnungsbau- und Dateninfrastruktur auszubauen, fließen im Augenblick gar nicht ab. Zu wenig Planer, zu wenig Bauarbeiter, zu wenig Genehmigungen. Hier ist noch mehr Geld zur Zeit kontraproduktiv. Die Preise würden steigen, sonst aber würde sich wenig bewegen.

Heutiges Steuersystem ist unfair

Kaum jemand bestreitet, dass das heutige Steuersystem ziemlich unfair ist. Denn auch die ganz Armen müssen Steuern bezahlen. Sie werden durch die Mehrwertsteuer proportional stärker belastet als die Reichen, auch sie zahlen Tabak-, Mineralöl- und Alkoholsteuern, auch sie müssen die Umlagen für die Energiewende mitfinanzieren, die den Strom teuer machen. In der Summe zahlen auch sie am Ende rund 25 Prozent Steuern – die Reichen kommen mit rund 35 Prozent davon. Das ist weder richtig noch gerecht.

Unabhängig von der Konjunktur gibt es also viele gute Gründe, über eine Steuerreform zu diskutieren. Es wäre sinnvoll – und im Vergleich zu den meisten anderen Ländern überfällig –, die Steuern auf Arbeitseinkommen zu senken. Auch eine Entlastung der Armen von indirekten Steuern und Abgaben wäre vernünftig. Hat man beides erledigt, kann man über eine Vermögensteuer sinnvoll nachdenken. Denn die Länder mit hohen Vermögen- und Erbschaftsteuern langen beim Einkommen wesentlich maßvoller zu, als man das in Deutschland bisher tut.

Deutschlands Wirtschaftsstruktur von Familienunternehmen geprägt

Ganz einfach wäre diese Sache allerdings auch nicht. Denn Deutschlands Wirtschaftsstruktur wird stärker als in anderen Ländern von Familienunternehmen geprägt. Eine Vermögensteuer wie auch eine hohe Erbschaftsteuer würde diese Unternehmen in der Substanz belasten. Die Weitergabe der Firmen von Generation zu Generation würde erschwert, wahrscheinlich würden viele Firmen nach und nach den Eigentümer wechseln, an die Börse gehen, oder vorübergehend bei Private-Equity-Unternehmen geparkt.

Will man das verhindern, müsste man Vermögen ungleich besteuern, wie es viele in der SPD jetzt diskutieren. Sie wollen faule Erben belasten und fleißige Unternehmensnachfolger verschonen. Doch damit ist das Scheitern der Reform vorprogrammiert. Das Verfassungsgericht hat der Ungleichbehandlung von Vermögen sehr enge Grenzen gesetzt. Deshalb darf die Vermögensteuer in Deutschland zur Zeit nicht mehr erhoben werden. Eine weitere Blamage in Karlsruhe aber will niemand riskieren.

Reichensteuer allein ist falsch und unrealistisch

Bleibt also der Verzicht auf die Vermögensteuer und stattdessen ein höherer Spitzensteuersatz in der Einkommensteuer. Dumm nur, dass man damit am Ende nur die gut verdienenden Beschäftigten belastet, die den größten Teil ihres Einkommens als Lohn ausbezahlt bekommen. Genau hier werden Steuerzahler in Deutschland am stärksten belastet, das wird durch eine höhere Einkommensteuer noch krasser. Die wirklich Reichen aber kassieren den größten Teil ihrer laufenden Einkünfte aus ihrem Vermögen, aus Zinsen, Dividenden oder anderen Kapitalerträgen. Für diese aber gilt ein Pauschalsteuersatz von 25 Prozent – das ist weniger, als ein Mittelverdiener direkt von seinem Lohn abgezogen bekommt.


Ein tatsächlich gerechtes Steuersystem, in dem die Reichen auch prozentual mehr zum Gemeinwesen beitragen als Durchschnittsverdiener, entsteht nur, wenn sich die Koalitionspartner eine große Reform zutrauen. Davon sind sie weiter entfernt denn je. Die Debatte um die Reichensteuer allein ist falsch und unrealistisch. Sie wird nur eins verschärfen: die Polarisierung der Gesellschaft.

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