Steuern Unerwünschte Reklame im Briefkasten ist rechtswidrig
Ein Urteil des Landgerichts Lüneburg könnte gravierende Folgen für die deutsche Werbewirtschaft haben. So stellt das Zuschicken von Postwurfsendungen gegen den ausdrücklichen Willen des Empfängers einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar, urteilten die Richter. Damit steht die Werbung am Briefkasten nach Ansicht der Richter in ihre jetzigen Form vor dem Aus.
Rechtsanwalt verklagt Deutsche Post
Geklagt hatte Rechtsanwalt Henning Grewe aus Lüneburg gegen die Deutsche Post DHL. "Trotz mehrerer Schreiben an die Post wurden mir immer wieder Ausgaben von "Einkauf aktuell" in den Briefkasten gesteckt", sagte Grewe . Seit Dezember 2010 hatte Grewe die aus einem in Klarsichtfolie verpackten Programmheft und Werbebroschüren bestehende wöchentliche Sendung bis zum vergangenen März noch acht weitere Male erhalten. Eine Unterlassungserklärung wollte die Post nicht abgeben, weil die Kosten und Mühen gemessen an der Belästigung des Klägers zu hoch seien.
Beim Amtsgericht gescheitert
Dagegen erhob Grewe Klage beim Amtsgericht, scheiterte aber mit dem Unterlassungsanspruch. Der Kläger könne einfach einen "Werbung - nein danke!"-Aufkleber an seinem Briefkasten anbringen, so die Argumentation.
"Das wollte ich aber nicht", erklärte Grewe der "Landeszeitung". "Ich möchte selbst entscheiden, welche Werbung ich bekomme und welche nicht. Außerdem sehe ich nicht ein, dass ich zur Mülltrennung genötigt werde, die Packung zu öffnen und mir den Inhalt anzuschauen", begründete Grewe seinen Schritt.
Landgericht beruft sich auf Selbstbestimmungsrecht
Das Landgericht sah das ähnlich. Ein solcher Aufkleber sei nicht notwendig, wenn der Empfänger auf anderem Wege eindeutig zu verstehen gegeben habe, dass er diese Werbung nicht wünsche. "Das Zusenden von Postwurfsendungen gegen den ausdrücklichen Willen des Empfängers stellt einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, nämlich dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar sowie eine Eigentums- oder Besitzstörung."
Bei ihrer Entscheidung beriefen sich die Richter auch auf Artikel 2 des Grundgesetzes, der das Selbstbestimmungsrecht garantiert. Das Interesse des Einzelnen am Schutz seiner Individualsphäre habe grundsätzlich Vorrang vor dem Interesse eines Unternehmens an Werbung. Auch gegen das Gesetz für unlauteren Wettbewerb sei dabei verstoßen worden.
Post droht Ordnungsgeld
Im Wiederholungsfall droht der Post oder ihren gesetzlichen Vertretern nun ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder eine Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten (Aktenzeichen: 4 S 44/11 - Verkündung am 4. November 2011).
Revision möglich
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung für die gesamte Werbewirtschaft ließ die Kammer eine Revision zu. Der Fall könnte also demnächst den Bundesgerichtshof beschäftigen. Ein Antrag auf Revision liege bislang noch nicht vor, erklärte eine Sprecherin des Landgerichts. Die Frist sei aber noch nicht abgelaufen.
Urteil könnte Folgen haben
"Im Hinblick auf die erhebliche Anzahl von Werbeverweigerern wird dies gegebenenfalls dazu führen, dass die bisher bekannte Form der Postwurfsendungen nicht mehr möglich sein wird", heißt es im Urteil.