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Zum journalistischen Leitbild von t-online.US-Börsen wanken Ist der MSCI World noch eine sichere Anlage?

Donald Trumps Wirtschaftspolitik lässt die US-Börsen taumeln. Technologiewerte stürzen ab – und auch der MSCI World fällt. Viele Anleger fragen sich: Ist der Weltindex noch eine gute Wahl?
Donald Trump versprach den Amerikanern einen beispiellosen Wirtschaftsboom. Weniger Steuern für Unternehmen, mehr Geld für Bürger, florierende Börsen – so lautete sein Erfolgsrezept. "Make America great again" sollte nicht nur ein Slogan sein, sondern ein wirtschaftlicher Quantensprung. Doch kaum zwei Monate nach seinem Amtsantritt zeigt sich ein anderes Bild: Ernüchterung macht sich breit.
Die großen US-Indizes – Dow Jones, S&P 500 und Nasdaq – sind abgestürzt, stehen jetzt sogar tiefer als vor der Wahl. Trumps Wirtschaftspolitik scheint ins Leere zu laufen. Doch was bedeutet das für Anleger in Deutschland? Viele misstrauten von Anfang an Trumps Versprechungen und hielten sich von US-Aktien fern.
Doch selbst sie bleiben nicht verschont: Denn der weltweit beliebte MSCI World hat allein in den vergangenen vier Wochen rund zehn Prozent an Wert verloren. Wie konnte es so weit kommen? Und sollten Anleger nun die Reißleine ziehen und ihre ETFs auf den MSCI World überdenken?
Warum fallen die US-Börsen?
Mehrere Faktoren sorgen derzeit für erhebliche Turbulenzen an den Märkten. Die unberechenbare Zollpolitik von Donald Trump verunsichert Investoren weltweit. Unternehmen, die stark vom Export abhängig oder auf Zulieferer aus China und Europa angewiesen sind, stehen unter Druck. Gleichzeitig steigen die Inflationsraten, was die Kaufkraft der Verbraucher schmälert und Unternehmen zusätzlich belastet.
Hinzu kommt eine insgesamt unsichere Wirtschaftslage in den USA. Das Wachstum lässt nach, erste Rezessionsängste machen sich breit. Auf dem Arbeitsmarkt zeigen sich Eintrübungen: Während im Dezember 2024 noch 323.000 neue Jobs geschaffen wurden, waren es im Januar nur noch 125.000 und im Februar lediglich 151.000. Gleichzeitig ist die Arbeitslosenquote auf 4,1 Prozent gestiegen.
Kein Crash trotz Risiken?
Besonders die großen Technologieunternehmen, die lange Zeit als Wachstumstreiber galten, verlieren unter den aktuellen politischen Maßnahmen massiv an Wert. Der technologielastige Nasdaq 100 hat in den vergangenen vier Wochen rund zwölf Prozent eingebüßt. Der marktbreite S&P 500 mit den 500 größten Unternehmen der USA verlor 7,5 Prozent.
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Michael Wittek, Direktor der Albrecht, Kitta & Co. Vermögensverwaltung, rechnet dennoch nicht mit einem unmittelbar bevorstehenden Crash: "Ein echter Crash wird quasi immer von einem unvorhersehbaren Event ausgelöst. Gute Beispiele sind die Corona-Pandemie oder die Lehman-Pleite. Somit ist es müßig, darüber zu spekulieren."
Wie sehen die US-Wirtschaftsprognosen aus?
Die Aussichten für die US-Wirtschaft sind düster. Ein Prognosemodell der Federal Reserve Bank of Atlanta erwartet für das erste Quartal 2025 einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 2,8 Prozent. Auch Analysten warnen, dass die von Trump verhängten Zölle gegen China, Mexiko und Kanada das Wachstum um bis zu 1,1 Prozentpunkte drücken könnten.
Besonders problematisch ist, dass die US-Wirtschaft stark konsumgetrieben ist. Die Kauflaune der Verbraucher ist massiv eingebrochen und befindet sich auf dem niedrigsten Stand seit 2024. Da der private Konsum mehr als zwei Drittel der amerikanischen Wirtschaftsleistung ausmacht, könnte das Wachstum dadurch erheblich gebremst werden.
Gleichzeitig steigt die Inflation rasant an. Verbraucher rechnen mit einer Preissteigerung von sechs Prozent – der höchste Wert seit Mai 2023. Steigende Preise und eine unsichere Wirtschaftslage setzen den Märkten weiter zu.
Warum leidet der MSCI-World unter den US-Turbulenzen?
Viele deutsche Sparer setzen auf den MSCI World als solide Langfristanlage – sei es durch einen ETF auf den Index oder im Rahmen eines ETF-Sparplans. Doch der Index ist stark von den USA abhängig. Über 70 Prozent der enthaltenen Unternehmen stammen aus den Vereinigten Staaten, darunter die Schwergewichte Microsoft, Apple, Nvidia und Amazon. Diese Technologieriesen dominierten lange den Markt, sind aber nun besonders stark von den aktuellen Verwerfungen betroffen.
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Auch deutsche Anleger spüren die Auswirkungen. Selbst wer keine US-Aktien direkt hält, ist durch den MSCI World in die Entwicklung der amerikanischen Wirtschaft eingebunden. "Insgesamt haben die Zölle zwar einen kurzfristigen Einfluss, aber langfristig sind die Bewegungen an den Aktienmärkten abhängig von deutlich mehr Faktoren", erklärt Wittek. Dennoch sollten sich Anleger bewusst machen, dass ein starker Fokus auf die USA auch ein Risiko bedeutet.
Es könnten aber auch Vorteile entstehen, so Wittek weiter. "Langfristig können Unternehmen, denen es gelingt, effizientere Lieferketten oder alternative Märkte zu finden, von einer größeren Stabilität profitieren. Das könnte ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken und sich sogar positiv auf die Aktienkurse auswirken", erläutert Wittek.
Gibt es Alternativen für deutsche ETF-Anleger?
Wer sein Portfolio breiter aufstellen möchte, kann Alternativen zum MSCI World in Betracht ziehen. Eine Möglichkeit ist der MSCI Europe, der sich stärker auf europäische Unternehmen konzentriert und weniger von der US-Wirtschaft abhängig ist. Auch der MSCI Emerging Markets bietet Potenzial, da er in Wachstumsmärkte wie China, Indien und Brasilien investiert. Allerdings sind Schwellenländer-ETFs meist volatiler und anfälliger für politische Risiken.
- Frag t-online: Welcher MSCI-World-ETF ist zu empfehlen?
- Meinung: Warum der MSCI World ein guter Index ist
Eine weitere Option sind Multi-Asset-ETFs, die neben Aktien auch Anleihen, Immobilien oder Rohstoffe enthalten. Sie bieten eine breitere Diversifikation und können das Risiko eines starken Markteinbruchs reduzieren. Jede dieser Alternativen hat Vor- und Nachteile. Während Europa-ETFs politisch stabiler sind, bieten Schwellenländer mehr Wachstumschancen – allerdings mit höheren Schwankungen.
Was sollten Anleger jetzt tun?
Angesichts der aktuellen Marktlage stellt sich die Frage: Sollte man den MSCI World verkaufen oder an der langfristigen Strategie festhalten? Michael Wittek rät dazu, Ruhe zu bewahren: "Panikverkäufe führen meist nur dazu, dass Verluste realisiert werden, die sich bei einer Erholung wieder ausgleichen könnten." Eine langfristige Perspektive sei entscheidend, denn: "Märkte schwanken – aber breit diversifizierte Portfolios erholen sich langfristig."
Dennoch sollten Anleger prüfen, ob ihr Portfolio noch ihrer Risikoneigung entspricht. Wer sein US-Engagement reduzieren möchte, kann Alternativen in Betracht ziehen. Gleichzeitig könnten die aktuell niedrigen Kurse auch eine Gelegenheit für Nachkäufe bieten. "Für Anleger mit einer langfristigen Strategie könnten die niedrigeren Kurse eine Chance sein, in qualitativ hochwertige Werte einzusteigen", so Wittek.
Der MSCI World bleibt eine solide Wahl für langfristige Anleger, aber seine hohe Abhängigkeit von den USA birgt Risiken. Die US-Börsenturbulenzen beeinflussen den ETF stark, insbesondere durch den Abschwung im Technologiesektor.
Wer weiterhin in den MSCI World investiert, sollte sich der möglichen Schwankungen bewusst sein – aber auch das Positive darin erkennen: Anleger, die über einen ETF-Sparplan regelmäßig investieren, können von den niedrigeren Kursen profitieren, da sie in schwachen Marktphasen mehr Anteile für den gleichen Betrag erhalten.
Alternativen existieren – doch auch sie bergen Chancen und Risiken. Am wichtigsten bleibt eine durchdachte Strategie, denn kurzfristige Marktbewegungen sollten kein Grund für überstürzte Entscheidungen sein.
- Interview mit Michael Wittek, Direktor der Albrecht, Kitta & Co. Vermögensverwaltung GmbH
- Mit Material der Nachrichtenagentur Reuters