Infektionsschutzgesetz Homeoffice-Pflicht – diese neue Regel gilt jetzt für Arbeitnehmer
Die Homeoffice-Pflicht ist jetzt auch im Infektionsschutzgesetz verankert. Was heißt das konkret? Wann kann der Chef Homeoffice ablehnen? Und kann ich mich selbst weigern, von zu Hause aus zu arbeiten?
Inhaltsverzeichnis
- Was ändert sich mit der neuen Homeoffice-Pflicht?
- Wann können Arbeitnehmer Homeoffice ablehnen?
- Wann können Arbeitgeber Homeoffice verweigern?
- Was kann ich tun, wenn mein Chef Homeoffice ablehnt?
- Was kann ich tun, wenn mein Arbeitnehmer Homeoffice ablehnt?
- Welche Vorschriften gelten bei Präsenzarbeit?
- Kommt bald ein Recht auf Homeoffice?
Erst war es nur eine lockere Aufforderung, dann eine Pflicht, die die Bundesregierung in der Corona-Arbeitsschutzverordnung festlegte – und jetzt ist die Arbeit im Homeoffice noch ein Stück strenger geregelt.
Seit das geänderte Infektionsschutzgesetz auch den Bundesrat passiert hat, gilt eine neue Regel für Arbeitnehmer. Wir erklären, welche das ist, wann sie greift und was sonst noch beim Homeoffice gilt.
Was ändert sich mit der neuen Homeoffice-Pflicht?
Für den Arbeitgeber erst einmal wenig. Schon bevor das überarbeitete Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Kraft trat, hatten sie ihren Beschäftigten anbieten müssen, Arbeiten im Büro und ähnliche Tätigkeiten nach Hause zu verlagern, "wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen". Daran hat sich nichts geändert.
Neu ist allerdings, dass Arbeitnehmer dieses Angebot jetzt annehmen müssen, wenn die Bundesnotbremse greift. In § 28b Abs. 7 Satz 2 IfSG heißt es dazu aber einschränkend, "soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen".
Wann können Arbeitnehmer Homeoffice ablehnen?
Das geht relativ einfach. Denn die Gründe, die gegen die Arbeit im Homeoffice sprechen, müssen weder dringend noch erheblich sein. "Es muss nur irgendeinen Grund geben", sagt Nathalie Oberthür, Vorsitzende des Ausschusses Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins.
Dazu zähle beispielsweise zu geringer Platz in der Wohnung oder fehlende technische Ausstattung. Beweise dafür müssten Arbeitnehmer nicht liefern, wohl aber eine schriftliche Ablehnung schicken. Arbeitgeber sollten den Schriftverkehr dokumentieren.
Wann können Arbeitgeber Homeoffice verweigern?
Das geht auch weiterhin, wenn der Beruf zum Beispiel noch andere Tätigkeiten beinhaltet, die im Betrieb erledigt werden müssen. Das Arbeitsministerium nennt etwa die Bearbeitung und Verteilung der eingehenden Post, die Materialausgabe, die Bearbeitung des Warenein- oder -ausgangs oder die Kundenbetreuung. Auch die Sicherstellung der Ersten Hilfe im Betrieb könnte einem Wechsel ins Homeoffice entgegenstehen.
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Laut Oberthür können "zwingende betriebliche Gründe" etwa sein, dass "die Tätigkeit mit virtuellen Mitteln nicht erledigt, die notwendige technische Ausstattung nicht beschafft oder die notwendige Datensicherheit im Homeoffice nicht gewährleistet werden kann".
Der schlichte Unwille, Arbeitsplätze außerhalb des Betriebs einzurichten, reiche hingegen nicht aus, um Homeoffice abzulehnen.
Gut zu wissen: Die Homeoffice-Pflicht gilt nicht nur für Unternehmen und Betriebe, sondern auch für den öffentlichen Dienst. Lesen Sie hier, wie gut sich die Politik selbst an ihre eigenen Regeln hält.
Was kann ich tun, wenn mein Chef Homeoffice ablehnt?
Arbeitsrechtlerin Oberthür zufolge könnte sich aus der Homeoffice-Pflicht im Infektionsschutzgesetz nun erstmals ein Rechtsanspruch auf Homeoffice ableiten lassen – zumindest solange das neue Gesetz gültig ist. Bieten Arbeitgeber kein Homeoffice an, obwohl nichts dagegenspricht, sollten sich Arbeitnehmer zunächst beschweren und den Betriebsrat einschalten.
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Nütze das nichts, könnten sie die zuständige Arbeitsschutzbehörde ansprechen, falls durch die Arbeit vor Ort eine konkrete Gesundheitsgefahr für sie bestehe. Auf Verlangen der Behörde muss der Arbeitgeber dann Gründe darlegen, weshalb Homeoffice nicht möglich ist. Letztlich könnten Arbeitnehmer aber auch einen Anwalt einschalten.
Was kann ich tun, wenn mein Arbeitnehmer Homeoffice ablehnt?
Auch Angestellten könnten mit der neuen Regel Konsequenzen drohen – wenn sie die Arbeit zu Hause ablehnen.
"Wenn ein Arbeitnehmer Homeoffice-Angebote nicht annimmt, obwohl er könnte, dann kann man darüber nachdenken, ob der Arbeitgeber ihm den Zutritt zum Betrieb verwehren kann und möglicherweise kein Gehalt zahlt für diese Zeit", sagt Oberthür.
Was kann ich tun, wenn mein Chef flexible Arbeitszeiten ablehnt?
Unternehmen sollen nicht nur Homeoffice anbieten, sondern sind auch aufgefordert, wo immer möglich flexible Arbeitszeiten einzusetzen. So soll es sich zu klassischen Berufsverkehrszeiten in Bussen und Bahnen weniger ballen.
Allerdings liegt es im Ermessen des Arbeitgebers, ob er diese Maßnahme umsetzt. Tut er das nicht und halten Arbeitnehmer eine solche Gleitzeit hingegen für durchaus möglich, rät Oberthür zu einer Beschwerde beim Betriebsrat.
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Welche Vorschriften gelten bei Präsenzarbeit?
Schon seit der Arbeitsschutzverordnung gelten Verschärfungen in puncto Corona-Schutz am Arbeitsplatz. Die Beschäftigtenzahl in geschlossenen Räumen ist begrenzt. Wenn mehrere Menschen in einem Raum arbeiten, muss es mindestens zehn Quadratmeter Platz für jeden geben.
Wenn das wegen der Arbeitsabläufe nicht möglich ist, muss der Arbeitgeber "durch andere geeignete Schutzmaßnahmen den gleichwertigen Schutz der Beschäftigten" sicherstellen, heißt es in der Verordnung. Das könnten zum Beispiel Trennwände sein.
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Wo auch das nicht umsetzbar ist oder der Abstand nicht eingehalten werden kann, sollen Arbeitgeber "medizinische Gesichtsmasken" oder FFP2-Masken stellen. Das gilt auch für "Tätigkeiten mit Gefährdung durch erhöhten Aerosolausstoß", zum Beispiel da, wo wegen viel Lärm laut gesprochen werden muss.
Kommt bald ein Recht auf Homeoffice?
Ein Gesetzentwurf von Arbeitsminister Heil sieht vor, dass Arbeitnehmer auch nach der Corona-Krise das Recht bekommen sollen, einen Wunsch nach regelmäßigem mobilen Arbeiten mit ihrem Arbeitgeber zu erörtern. Ein ursprünglich angedachtes Recht auf Homeoffice allerdings ist nicht mehr geplant – die Union ist dagegen.
"Das Homeoffice derzeit ist eher eine Notmaßnahme", sagte Oliver Stettes vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW). "Die Diskussion um Regelungen sollte sich auf das Homeoffice im Regelbetrieb beziehen. Dazu gehören dann auch Fragen der Erreichbarkeit und der technischen Ausstattung."
Ein Rechtsanspruch sei der falsche Ansatz. "Homeoffice kann nur produktiv sein, wenn beide Seiten das für sinnvoll erachten: Arbeitnehmer und Arbeitgeber."
- Eigene Recherche
- Gespräch mit Nathalie Oberthür
- mdr.de: "Was ändert sich mit der Homeoffice-Pflicht?"
- Nachrichtenagentur dpa