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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Frauen in Führungspositionen Deutschland ist weit abgeschlagen

Der Anteil von Frauen in Führungspositionen in Deutschland ist gering. Viele Länder sind schon viel weiter als die Bundesrepublik, zeigt der internationale Vergleich.
Frauen in hochrangigen Führungspositionen sind in Deutschland weiterhin deutlich unterrepräsentiert. Wie aktuelle Zahlen der Karriereplattform LinkedIn zeigen, die t-online exklusiv vorliegen, steht Deutschland damit im internationalen Vergleich schlecht da.
Denn der Frauenanteil unter hochrangigen Führungskräften liegt demnach bei nur 21,1 Prozent. Das ist im internationalen Vergleich von 19 Ländern der drittletzte Platz. Weniger Frauen haben nur in Indien (17,6 Prozent) und den Vereinigten Arabischen Emiraten (20,9 Prozent) eine Führungsposition inne.
Auch im europäischen Vergleich hinkt Deutschland beim Thema Parität damit hinterher: In Frankreich liegt der Frauenanteil bei 31,3 Prozent in Führungspositionen, im Vereinigten Königreich werden 30,9 Prozent der Führungspositionen von Frauen ausgeführt und in Italien sind es 30,9 Prozent.
Managerin Wittmann: "Dieser Trend kann sich negativ auswirken"
LinkedIn-Managerin Barbara Wittmann sieht für diese Zahlen mehrere Erklärungsansätze, darunter auch die jüngsten Veränderungen im Bereich Remote Work. Denn während die Nachfrage nach Arbeitsplätzen, die keine oder wenig Präsenz im Büro voraussetzen, weiterhin hoch sei, schrumpfe das Angebot und Unternehmen setzten verstärkt auf hybrides Arbeiten.
"Dieser Trend kann sich negativ auf die Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt auswirken", so Wittmann, die bei der Karriereplattform für den deutschsprachigen Raum verantwortlich ist. Denn Arbeit ohne Präsenz im Büro kommt vor allem jenen Frauen zugute, die sich zudem noch um Kinder und pflegebedürftige Angehörige kümmern.
Sie sieht die Unternehmen in der Pflicht, an ihren Einstellungskriterien zu arbeiten. Diese sollten mehr auf Fähigkeiten als auf bestimmte Abschlüsse und Jobtitel achten. Dadurch könnte dann gerade in Bereichen, in denen Frauen bisher deutlich unterrepräsentiert seien, wie IT, Forschung und Baugewerbe, der Anteil erhöht werden. Darüber hinaus sollten Unternehmen nach der Ansicht von Wittmann auch ihre Beförderungspraxis und Einstellungsverfahren hinterfragen, sowie Mitarbeiterinnen gezielt auf Führungsaufgaben vorbereiten. Letzteres sei auch eine Aufgabe für Schulen und Ausbildungsstätten.
Für die Erhebung hat LinkedIn in seinem LinkedIn Economic Graph die Daten seiner mehr als einer Milliarde Nutzer und 69 Millionen Unternehmen ausgewertet. Die Ergebnisse unterscheiden sich von anderen offiziellen Zahlen durch die Definition von Führungskräften, da LinkedIn sich auf hochrangige Führungskräfte fokussiert. So weist etwa das Statistische Bundesamt einen Anteil von 28,7 Prozent weiblicher Führungskräfte aus.
Entwicklung sogar rückläufig
Große Veränderungen zeichnen sich unterdessen auch in den kommenden Jahren nicht ab, wie die LinkedIn-Daten zeigen. Über alle verglichenen Länder hinweg liegt der Anteil von Frauen bei Neueinstellungen bei 45,1 Prozent. Das sind 1,6 Prozent weniger als im Vorjahr. Bei neu eingestellten Führungskräften liegt der Frauenanteil dagegen nur bei 32,2 Prozent – das liegt noch 4,5 Prozent unter dem Vorjahreswert.
Ähnlich stellt sich die Lage auch für Deutschland dar, wobei die Bundesrepublik insgesamt unterdurchschnittlich abschneidet. Zwar lag der Anteil der Frauen bei Neueinstellungen bei 41 Prozent, was im Vergleich zum Vorjahr ein leichter Anstieg von 0,3 Prozent ist. Doch bei neu eingestellten Führungskräften sank der Anteil der Frauen im gleichen Zeitraum um 3,8 Prozent auf derzeit 21,9 Prozent.
Auch bei den Neueinstellungen liegt Deutschland damit auf dem viertletzten Platz. In Indien liegt der Frauenanteil bei Neueinstellungen bei 33,3 Prozent, in den Vereinigten Arabischen Emiraten bei 34,4 Prozent und in Mexiko bei 39,2 Prozent. Bei Führungskräften ist sogar nur Indien noch hinter Deutschland, hier machten Frauen zuletzt 21,2 Prozent aus, was 9,1 Prozent weniger sind als im Vorjahr.
Besonders hoch ist der Frauenanteil bei den verglichenen Ländern hingegen in Frankreich. Hier machten Frauen 53,5 Prozent der Neueinstellungen aus, bei den neuen Führungskräften waren es 34,4 Prozent. Im Vereinigten Königreich waren es bei den Neueinstellungen 46,4 Prozent Frauen und bei den neuen Führungskräften machten Frauen 36,6 Prozent aus. Auch die Niederlande hatte überdurchschnittliche Frauenanteile. Bei den Neueinstellungen insgesamt waren es 47,4 Prozent, bei neuen Führungskräften 33,6 Prozent. In Schweden wurden zwar mit 48,3 Prozent fast so viele Frauen wie Männer neu eingestellt, bei den Führungskräften waren es allerdings nur 31,7 Prozent und damit weniger als im weltweiten Vergleich.
- Eigene Recherche
- Anfrage an Barbara Wittmann (LinkedIn)
- Auswertung von LinkedIn