Sachsen-Anhalt Gelände eines ehemaligen KZ an Immobilieninvestor verkauft
4.300 Menschen starben auf dem Gelände, jetzt gehört es einem Investor. Wie konnte das passieren?
In Sachsen-Anhalt ist ein ehemaliges KZ an einen Immobilieninvestor verkauft worden. Der Verkauf des KZs in der Nähe von Halberstadt hat zu viel Aufregung in Sachsen-Anhalt geführt, berichtet der "Spiegel". Vertreter von Politik und Zivilgesellschaft fragen sich, warum das Gelände nicht von der Landesregierung gekauft wurde
Der zuständige Insolvenzverwalter schiebt die Schuld dafür auf die Landesregierung. Er hätte dem Land mehrere Kaufangebote unterbreitet, die aber alle abgelehnt worden seien. Doch warum organisiert ein Insolvenzverwalter überhaupt den Verkauf eines KZs?
4.300 Tote
Das KZ Langenstein-Zwieberge wurde 1944 als Außenstelle des KZs Buchenwald errichtet. Häftlinge aus 38 Nationen wurden auf brutalste Art und Weise gezwungen, Stollen in einen nahe gelegenen Berg zu treiben. In diesen sollten dann Raketen und Jagdflieger gebaut werden. Insgesamt 4.300 Häftlinge kamen bei dem Unterfangen ums Leben, sei es aufgrund der harten körperlichen Arbeit, der katastrophalen Haftbedingungen, oder weil sie hingerichtet worden.
Nach dem Krieg wurde das Gelände erst von der Nationalen Volksarmee der DDR und dann von der Bundeswehr genutzt. 1995 wurde das Gelände dann von der Treuhand an eine Privatperson verkauft. Diese überließ das Gelände inklusive der Stollen unentgeltlich der 1976 gebauten Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge. Doch dann geriet der Besitzer in finanzielle Schieflage und das Gelände wurde Teil der Konkursmasse.
Landesregierung habe nie ein korrektes Angebot erhalten
Die Darstellung des Insolvenzverwalters, dass die Landesregierung kein Interesse am Erwerb des Geländes gehabt habe, weist das zuständige Kultusministerium entschieden zurück. Vielmehr sei es so gewesen, dass die Angebote, die man bekommen habe, nicht annehmbar gewesen sein. Zum einen aufgrund des hohen Preises von mehr als einer Million Euro, zum anderen, weil diese Angebote gar keine konkreten Angaben über das zum Verkauf stehende Gelände enthalten hätten.
Mehrfach habe man den Insolvenzverwalter um die fehlenden Informationen gebeten, aber dieser hätte nicht auf die entsprechenden Nachfragen reagiert. So seien der Landesregierung die Hände gebunden gewesen, da sie nie ein formal korrektes Kaufangebot unterbreitet bekommen hätte.
Denkmalschutz schränkt Nutzung ein
Welche Version der Geschichte nun auch stimmt, fest steht, dass der neue Besitzer des Grundstücks ein Immobilieninvestor aus Sachsen ist. Kaufpreis: 500.000 Euro, also weniger als die Hälfte des angeblichen Angebots, das die Landesregierung unterbreitet, bekommen haben soll. Was das Unternehmen, welches sich nach eigenen Angaben auf die Entwicklung von "problembehafteten Immobilien" spezialisiert hat, mit dem Grundstück vorhat, ist nicht bekannt. Auf eine Anfrage des "Spiegels" heißt es von Unternehmensseite nur, dass man das Projekt erst einmal fertig entwickeln wolle.
Die Landesregierung versucht all jene zu beruhigen, die befürchten, dass aus dem ehemaligen KZ ein gewinnorientiertes Museum oder Ähnliches werden könnte. Der Nutzung des Grundstücks seien durch den Denkmalschutz enge Grenzen gesetzt. Jede einzelne bauliche Maßnahme müsse genehmigt werden und eine kommerzielle Nutzung sei ausgeschlossen.
- spiegel.de: "Will ein sächsischer Investor mit diesem Massengrab Geld verdienen?" (kostenpflichtig)
- spiegel.de: "Streit über früheres KZ in Sachsen-Anhalt eskaliert" (kostenpflichtig)