Schuldfrage bleibt ungeklärt Cum-Ex-Prozess gegen Bankier Olearius eingestellt
Der Prozess um den Bankier wird angesichts des Gesundheitszustands des 82-Jährigen eingestellt. Die Schuldfrage bleibt damit ungeklärt.
Der Cum-Ex-Steuerprozss gegen den 82 Jahre alten Ex-Chef der Hamburger Privatbank M.M.Warburg, Christian Olearius, ist wegen des angeschlagenen Gesundheitszustands des Angeklagten vom Landgericht Bonn eingestellt worden. Das Verfahren werde eingestellt, sagte Richterin Marion Slota-Haaf am Montag in Bonn. Sowohl Anklage als auch Verteidigung hatten ein vorzeitiges Ende des im vergangenen September begonnenen Prozesses beantragt. Zuletzt durfte nur noch 45 Minuten pro Gerichtstag gegen Olearius verhandelt werden.
Die Staatsanwaltschaft hatte Olearius schwere Steuerhinterziehung vorgeworfen. Vor dem Landgericht Bonn wurden 14 Fälle verhandelt, der Schaden für den Fiskus lag den Anklägern zufolge bei knapp 280 Millionen Euro. Die Verteidigung hatte massive Kritik an der Arbeit der Ermittlungsbehörden geübt und die Vorwürfe der Anklage zurückgewiesen.
Bislang gibt es acht Schuldsprüche im Verfahren
Bei den Cum-Ex-Geschäften verschiedener Banken war dem deutschen Staat ein Schaden in Milliardenhöhe entstanden. Anleger ließen sich dabei eine einmal gezahlte Kapitalertragssteuer auf Aktiendividenden mithilfe von Banken mehrfach erstatten. Dazu verschoben sie um den Stichtag der Dividendenzahlung herum untereinander Aktien mit – also cum – und ohne – ex – Dividendenanspruch. Die Fälle hatten weite Kreise gezogen, bei Banken und Anwaltskanzleien gibt es deswegen immer wieder Durchsuchungen.
Zu Cum-Ex hat es am Bonner Landgericht seit 2020 bereits acht Schuldsprüche gegeben, eine Vielzahl an Verfahren dürfte in den kommenden Jahren noch folgen. Im nun eingestellten Verfahren musste sich zum ersten Mal die Spitze eines Finanzinstituts vor Gericht Cum-Ex-Vorwürfen stellen. Olearius war früher Chef der Warburg-Privatbank und später ihr Aufsichtsratsvorsitzender, inzwischen ist er nur noch Gesellschafter.
Olearius bleibt vorerst erspart, an den Staat 43 Millionen Euro als damalige Taterträge zahlen zu müssen. Die Staatsanwaltschaft hatte beantragt, ein sogenanntes Einziehungsverfahren überzuleiten und dadurch gewissermaßen vom Strafverfahren abzukoppeln. Das lehnte das Gericht in der vergangenen Woche aber ab und wies darauf hin, dass die Ankläger hierzu bislang nicht fertig ermittelt hätten.
Olearius traf sich mehrfach mit Scholz
Dies könnte die Staatsanwaltschaft später noch tun und dann ein separates Einziehungsverfahren anstrengen. Hierbei ginge es ums Geld und nicht um die Schuldfrage. Olearius müsste nicht mehr vor Gericht erscheinen. Nach Auskunft seines Sprechers hat er im Jahr 2020 gemeinsam mit dem Co-Gesellschafter Max Warburg wegen Cum-Ex bereits 230 Millionen Euro an den Staat gezahlt.
Olearius ist einer der bekanntesten Cum-Ex-Akteure. Sein Vorgehen schlug auch in der Politik hohe Wellen. Denn aus Tagebucheinträgen von ihm ging hervor, dass er sich 2016 und 2017 insgesamt dreimal mit dem späteren Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) getroffen hatte, als dieser noch Erster Bürgermeister von Hamburg gewesen war. Der genaue Inhalt der Treffen ist unklar. Fakt ist aber, dass die Finanzbehörde danach eine Steuerforderung fallen ließ und die Ansprüche nach damaliger Rechtslage verjährten. Dass ein kausaler Zusammenhang zwischen den Scholz-Olearius-Treffen und der Behördenentscheidung bestand, ist nicht erwiesen. Scholz schließt eine Einflussnahme aus, beruft sich bei der Frage nach dem genauen Inhalt der Gespräche aber auf Erinnerungslücken.
- Nachrichtenagentur Reuters