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Russland: Flugzeugfliegen wird immer gefährlicher


Probleme bei Ersatzteilen und Wartung
Putins Luftfahrtindustrie: Immer gefährlicher

Von t-online, wan

Aktualisiert am 11.12.2023Lesedauer: 3 Min.
Ein Flugzeug der Ural Airlines nach einer Notlandung (Archivbild): Die Zahl der Zwischenfälle in der russischen Luftfahrt wächst.Vergrößern des Bildes
Ein Flugzeug der Ural Airlines nach einer Notlandung (Archivbild): Die Zahl der Zwischenfälle in der russischen Luftfahrt wächst. (Quelle: IMAGO/Gulnara Ivanova)

Die Zahl der gefährlichen Vorfälle in der russischen Luftfahrt wächst. Allein im Oktober soll es 25-mal Probleme gegeben haben.

In Russland zu fliegen, ist gefährlicher geworden. Die Anzahl der dokumentierten Fehlfunktionen an russischen Flugzeugen soll sich im vergangenen Jahr verdreifacht haben. Diese haben zu mehreren Notlandungen geführt, oftmals wegen fehlender oder nicht zertifizierter Ersatzteile.

Nach Recherchen des US-Magazins "Newsweek" habe es zwischen September 2023 und dem 8. Dezember 2023 alleine 60 Vorfälle im Flugverkehr gegeben. Dazu hätten Notladungen gezählt, brennende Triebwerke und Fehlfunktionen sowie weitere technische Probleme. Im September habe es 15 Vorfälle gegeben, im Oktober gar 25, im November 12 und bereits 8 im Dezember.

Doch die Probleme scheinen schon länger zu existieren. Die russische oppositionelle Zeitung "Nowaja gaseta Europa" hatte sich öffentlich zugängliche Zahlen besorgt. Aus denen geht hervor, dass sich in den ersten acht Monaten dieses Jahres mehr als 120 Unfälle mit Passagierflugzeugen russischer Fluggesellschaften ereignet haben.

Diese Zahl ist mehr als doppelt so hoch wie in den Vorjahren: Zwischen 2018 und 2022 wurden im gleichen Zeitraum durchschnittlich 55 Unfälle verzeichnet.

Weniger Flüge, mehr Vorfälle

Hinzu kommt: Die Zunahme der Unfälle in der Passagierluftfahrt geht mit einem Rückgang des russischen Luftverkehrsaufkommens einher. Das russische Verkehrsministerium geht für 2023 von mindestens neun Prozent weniger Flügen aus. Im vergangenen Jahr sollen es 22 Prozent weniger gewesen sein. Russland wurde von der internationalen Flugbehörde ICAO mit einer roten Flagge als "gefährlich markiert" – gemeinsam mit Butan, der Republik Kongo und Liberia.

Ein Grund für die Zunahme an Vorfällen dürfte am Mangel an Ersatzteilen liegen, verursacht durch die westlichen Sanktionen. Das betrifft vor allem Flugzeuge ausländischer Hersteller, die von russischen Firmen geleast worden waren. Diese wurden nach Kriegsbeginn kurzerhand per Dekret des Kremls verstaatlicht und an russische Fluglinien übergeben, die auch für die Wartung sorgen mussten.

Seit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die EU scharfe Sanktionen gegen die Luftfahrtindustrie in Russland verhängt. Russische Flugzeuge dürfen nicht mehr über europäisches Territorium fliegen, schon gar nicht auf Flughäfen in der EU landen oder abheben. Neben Ersatzteilen sind es auch Softwareupdates, die gerade bei den im Ausland gebauten Maschinen fehlen.

Boeing und Airbus sanktionieren die Russen: Die Flugzeugbauer liefern keine Ersatzteile mehr für die russischen Maschinen. Deshalb sind die russischen Airlines gezwungen, alte Maschinen auszuschlachten oder sich Ersatzteile über Umwege aus anderen Ländern zu besorgen. Doch auch die heimischen Flugzeuge sind offenbar nicht ausreichend gewartet.

Recherche: Russische Flugzeuge haben höheres Unfallrisiko

"Die Wahrscheinlichkeit, in einem solchen Flugzeug zu sterben, ist 20-mal höher als in einem geleasten Flugzeug", heißt es in dem Artikel der "Novaya Gazetta".

Auch bei den Pannen von in Russland eingesetzten Flugzeugen, die aber im Ausland produziert wurden, zeigt sich den Recherchen nach ein Trend: Im Jahr 2023 war die Häufigkeit von Zwischenfällen oder Unfällen mit Beteiligung ausländischer Flugzeuge auf ein weitaus höheres Niveau gestiegen als zuvor. Ihr Anteil an der Gesamtzahl der Vorfälle, der zuvor nie über 40 Prozent lag, betrug in den ersten acht Monaten des Jahres rund 60 Prozent.

Kirill Jankow, Vorsitzender des russischen Fluggastverbandes, erklärte laut "Newsweek" gegenüber dem russischen Nachrichtenportal 74.ru, dass der Anstieg der Zwischenfälle in der kommerziellen Luftfahrt auf einen Mangel an Ersatzteilen und Wartung zurückzuführen sei. "Erstens ist es viel schwieriger geworden, Ersatzteile und Wartungsmaterial für viele Flugzeuge zu bekommen. Und zweitens, was noch schlimmer ist, ist es möglich, dass Ersatzteile, die nicht von den Herstellern zertifiziert sind, bereits in Flugzeuge eingebaut werden", sagte Jankow. "Wir sehen keine Zunahme der Flugzeugabstürze, aber die Zahl der Unfälle hat deutlich zugenommen", betonte er.

Bereits im Mai hatte es Berichte gegeben, dass man es in Russland wohl nicht mehr so genau nimmt bei der Wartung. Die russische Investigativ-Webseite "Projekt" schrieb unter Berufung auf Dokumente der russischen Fluglinie Aeroflot, dass wichtige Informationen über Mängel nicht mehr wie zuvor unmittelbar in eine Liste eingetragen werden müssen. Flugbegleiter hätten eine Anweisung erhalten, "alle Kommentare zur Kabinenausstattung in das Kabinenprotokoll nur in Absprache mit dem Flugzeugkommandanten" einzutragen.

Maschine versuchte zweimal den Start – erfolglos

Im Oktober gab es gleich drei Vorfälle der Firma Aeroflot. In Thailand blieb eine Boeing-777 am Boden, weil der Rumpf beschädigt war – angeblich vom Bodenpersonal. Ein weiterer Flieger, der die Türkei als Ziel hatte, musste nach zwei fehlerhaften Startversuchen in Moskau bleiben, berichtet die ukrainische Prawda. Nach Recherchen der Zeitung gebe es solche Probleme häufiger – meistens seien es die Triebwerke und der Rumpf, die Beschädigungen aufwiesen.

Verwendete Quellen
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