Razzia "Wirecard im Kleinen": Festnahmen nach Pleite von Wohnmobilfirma
Die Pleite von Flexicamper hat ein Nachspiel. Bei Razzien in der letzten Woche wurden mehrere Personen festgenommen. Über zehn Millionen Euro Schaden sind entstanden.
Nach der Pleite der Rosenheimer Wohnmobilfirma Flexicamper mit Dutzenden Geschädigten haben Ermittler in der vergangenen Woche Razzien durchgeführt und Beschuldigte festgenommen. Darunter ist der frühere Chef des börsennotierten Agrarkonzerns KTG Agrar, Siegfried Hofreiter. Auch die Geschäftsführerin von Flexicamper wurde festgenommen. Das berichtet das Wirtschaftsmagazin Capital.de unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft München II, die in diesem Fall seit dem Sommer die Ermittlungen führt.
Hofreiter hatte KTG Agrar im Jahr 2016 in die Pleite geführt. Bei Flexicamper hatte er laut Handelsregister keine offizielle Funktion, soll aber nach Angaben von Ex-Mitarbeitern kräftig im Tagesgeschäft mitgemischt haben. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft sagte dem Magazin, die Ermittler hätten den Verdacht, dass er bei Flexicamper als sogenannter faktischer Geschäftsführer tätig war.
Die Ermittlungen laufen noch
Die Ermittler werfen Hofreiter und Flexicamper-Chefin Jessica K. unter anderem Insolvenzverschleppung und gewerbsmäßigen Betrug in mindestens 34 Fällen vor. Die genaue Anzahl der begangenen Betrugsdelikte sei allerdings noch Gegenstand der laufenden Ermittlungen, teilte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft mit. Anwälte von Hofreiter und Jessica K. äußerten sich vorerst nicht.
Nach der Pleite von Flexicamper im Mai 2023 hatten zahlreiche Kunden berichtet, dass sie mehrere Zehntausend Euro Anzahlungen geleistet hätten, aber ihr bestelltes Wohnmobil nicht erhalten hätten. Bundesweit sollen davon nach früheren Berichten mehr als 150 Kunden betroffen sein, der Schaden soll bei mehr als 10 Millionen Euro liegen. Der vorläufige Insolvenzverwalter Klaus Martin Lutz hatte den Fall als "Wirecard im Kleinen" bezeichnet.
Nach der Insolvenz von KTG Agrar im Sommer 2016, bei der unter anderem Erlöse aus Anleiheemissionen in Höhe von fast 350 Millionen Euro verloren gingen, hatte die Staatsanwaltschaft Hamburg ein Ermittlungsverfahren gegen Hofreiter und weitere Personen eingeleitet, wie Capital.de schreibt. Dabei ging es unter anderem um den Verdacht der Insolvenzverschleppung und des Bankrotts.
Wie eine Sprecherin der Hamburger Behörde auf Anfrage von Capital.de mitteilte, wurden die Ermittlungen gegen Hofreiter Anfang Juni 2023 noch vor der Anklageerhebung gegen eine "hohe Geldauflage" eingestellt.
- Capital.de: "Flexicamper-Pleite: Fahnder nehmen Ex-KTG-Agrar-Chef fest"