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Alba-Chef warnt vor Recycling-Fehler: "Das kann richtig gefährlich werden"


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Alba-Chef Arbter über Mülltrennung
"Es landen noch zu viele Bananenschalen im Hausmüll"


Aktualisiert am 15.05.2023Lesedauer: 6 Min.
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Bananen (Symbolbild): Ihre Schale gehört in den Biomüll – wo sie Biogas abscheidet. (Quelle: IMAGO/mix1press)
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In deutschen Küchen schlummert die Lösung der Energiekrise, denn aus Bioabfällen könnte Biogas werden. Doch dafür müsste die Politik entschiedener handeln, findet der neue Chef von Alba, Robert Arbter.

Gemüseschalen vom Kochen, Apfelbutzen und verwelkte Blumensträuße: In vielen deutschen Haushalten landen diese Dinge schnell mal im Hausmüll. Was die wenigsten wissen ist, dass sie damit eine wertvolle Ressource für die Energiewende wegwerfen. Im Biomüll steckt enormes Potenzial, erklärt Robert Arbter, der seit April Alba leitet, eines der größten deutschen Entsorgungsunternehmen.

t-online hat Arbter in der unterirdischen Müllverwertungsstelle unter dem Berliner Potsdamer Platz getroffen. Im Interview erläutert er, warum die falsche Mülltrennung brandgefährlich sein kann, welche Chancen bislang ungenutzt bleiben – und weshalb er dabei nicht auf das Deutschlandtempo von Kanzler Olaf Scholz (SPD) vertraut.

t-online: Die Deutschen gelten weltweit als besonders penibel bei der Mülltrennung. Können Sie das aus Ihrer Erfahrung bestätigen?

Robert Arbter: Das kommt auf den Blickwinkel an. Eine Zeit lang war Deutschland bei Mülltrennung und Recycling Vorreiter. Alba wurde 1968 gegründet und hat in den 1970er-Jahren mit dem sogenannten Berliner Modell die Abfalltrennung für Glas und Altpapier eingeführt. In den 1990er Jahren hat das bundesweit Schule gemacht. Aber inzwischen haben uns einige andere Länder überholt und Deutschland ist nicht mehr Spitzenreiter.

An welche Länder denken Sie da?

Schweden, Japan und Südkorea sind vorne mit dabei.

Viele Menschen sind skeptisch, ob sich ihre Mühe beim Recycling lohnt. Immer wieder wird unterstellt, dass auf der Müllhalde ohnehin alles zusammengeschüttet werde. Ist das so?

Das ist ein Vorurteil, das ich privat wie beruflich häufig höre, und ich kann ganz klar sagen: Das stimmt nicht. Das kann jeder schon daran merken, dass unsere Müllfahrzeuge immer nur eine Abfallart sammeln, also entweder nur Papier oder nur den Gelben Sack. Auch die Altglas-Laster haben deswegen verschiedene Kammern, damit sich das sortierte Glas nicht wieder vermischt. Außerdem: Seit 2005 gibt es keine Müllhalden in Deutschland mehr. Entweder wir trennen und recyceln unsere Abfälle über die bunten Tonnen oder der Inhalt der schwarzen Tonne wandert in die Müllverbrennung. Abfalltrennung lohnt sich also.

Welchen Vorteil hat das?

Je reiner eine Art von Müll sortiert wird, desto besser kann sie recycelt werden.

Was bringt das ganz konkret für Klima und Umwelt?

Zum Beispiel Leichtverpackungen aus Plastik können dann zu Recyclat verarbeitet werden, das neu hergestelltes Plastik ersetzt. Und das lohnt sich: Wenn man eine Tonne alte Kunststoffverpackungen recycelt, spart man 400 Kilogramm CO2 ein. Die gleiche Menge zu verbrennen, erzeugt hingegen 150 Kilogramm CO2. Dagegen verursacht der Betrieb der Sortieranlagen kaum CO2. Im Jahr spart allein Alba beim Recycling so 16,5 Millionen Tonnen Primärrohstoffe und 2,1 Millionen Tonnen CO2 ein.

Welche einfachen Handgriffe können die Menschen im Alltag denn umsetzen, um dabei zu helfen?

Das Wichtigste ist, Hausmüll und Leichtverpackungen zu trennen, das machen die meisten Menschen bereits. Denn wenn Plastik im Hausmüll landet, kann es kaum mehr aussortiert werden – der Rest landet unnötig in der Verbrennung. Mehr Luft nach oben gibt es auch beim Bioabfall: Es landen noch zu viele Bananenschalen, schimmeliges Brot oder Speisereste im Hausmüll, dabei könnte damit ganz wunderbar Biogas erzeugt werden. An dieser Stelle zeigt sich: Abfallwirtschaft ist auch Energiepolitik.

Robert Arbter

Nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre wurde Robert Arbter 2009 an der TU Berlin promoviert. Danach arbeitete er zehn Jahre für die Unternehmensberatung KPMG. Von 2019 bis 2021 war er bereits Finanzchef bei Alba, ging dann zum Dienstleistungsunternehmen Gegenbauer. Zum 1. April 2023 wechselte er zurück zu Alba und übernahm die Geschäfte von Eric Schweitzer als Geschäftsführer.

Seit Russlands Angriff auf die Ukraine vor mehr als einem Jahr sind Alternativen zum russischen Erdgas ein besonders dringendes Anliegen in Deutschland. Inwiefern bietet sich da Biogas aus Abfall an?

Eigentlich ganz prima – Biogas aus Bioabfällen könnte in die existierenden Gasnetze gespeist werden und hat nicht die Naturschutz-Probleme, die sonst bei Biogas aus Mais oder Raps kritisiert werden. Bei uns stellt sich nicht die Frage, ob Bauern dafür Monokulturen anbauen, die direkt vom Feld in die Vergärung gehen, statt Menschen oder Tiere zu ernähren. Wir könnten ein Viertel des jährlichen Erdgasbedarfs in Deutschland, also 140 Terrawattstunden, durch Biogas aus Abfällen ersetzen.

Warum passiert das nicht?

Es fehlen die entsprechenden Biogasanlagen und die rechtlichen Rahmenbedingungen. Die bestehenden Anlagen müssten umgerüstet werden, um auch für Bioabfälle geeignet zu sein. Alternativ bräuchte es große, neue Anlagen. Das gestaltet sich in Deutschland schwierig, denn von der Idee bis zur fertigen Anlage ist es ein sehr zäher Prozess. Außerdem muss Bioabfall besser getrennt werden. Wie gesagt: Recycling und Energiewende sind noch nicht miteinander verzahnt.

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In Bezug auf den Bau der LNG-Terminals hat Bundeskanzler Olaf Scholz vom "neuen Deutschland-Tempo" gesprochen. Macht Ihnen das Hoffnung?

Ich weiß nicht, ob wir als Branche darauf hoffen können. Meine konkrete Erfahrung zeigt, dass der Prozess selbst dann langwierig ist, wenn wir mit öffentlichen Partnern zusammen solche Anlagen bauen wollen. Da wir auch in Polen und Bosnien-Herzegowina tätig sind, sehen wir auch, wie es anders gehen kann: nämlich schneller. Wir investieren hier zwar weiter, aber der Genehmigungsstau könnte für Deutschland noch zum Problem werden.

Ein anderes Problem ist, dass in der Bundesrepublik noch immer mehr als die Hälfte des Mülls verbrannt wird. Das erzeugt viel klimaschädliches CO2, ganz unnötig, wie Sie sagen. Wie kann das sein?

Abfälle zu verbrennen, ist in jedem Fall eine ineffiziente Form der Energiegewinnung. Rund zwei Drittel des Mülls, der in die Verbrennung geht, könnte problemlos anders genutzt werden, sagt das Umweltbundesamt. Wir fordern daher ganz klar, dass die stoffliche Verwertung – also Recycling oder die Herstellung von Biogas – attraktiver werden muss als die Müllverbrennung.

Was muss dafür politisch passieren?

Die Bundesregierung muss vor allem entscheiden, was am wichtigsten ist. Letztes Jahr hat sie beschlossen, dass die Müllverbrennungsanlagen ab 2024 in den nationalen Emissionshandel aufgenommen werden. Das heißt, die Betreiber müssen dann für das CO2 zahlen, das sie verursachen, und dieser CO2-Preis steigt. Gleichzeitig sieht das geplante Gebäudeenergiegesetz für Heizungen vor, dass Wärmeenergie aus Müllverbrennung als 100 Prozent erneuerbar gelten soll. Das passt nicht zusammen – entweder die Energie aus Müllverbrennungsanlagen ist klimaschädlich und wird besteuert oder sie ist erneuerbar und damit klimafreundlich – beides gleichzeitig kann nicht sein. Das sendet auch verwirrende Signale an die Verbraucher.

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Nicht nur Öl und Gas, sondern auch Stahl und Metall kamen bis vor Kurzem in großem Stil aus Russland nach Europa. Die Kriegssanktionen haben dem ein Ende gesetzt. Welche Rolle spielt Metallrecycling auch vor diesem Hintergrund?

Die Auswirkungen des Krieges sind da schwer zu messen. Aber allein schon das deutsche Klimaschutzgesetz und der Green Deal der EU stellen die Stahl- und Metallindustrie vor große Herausforderungen: Der CO2-Ausstoß dieser sehr energieintensiven Branchen muss runter. Die eine Möglichkeit ist, die Hochöfen mit grüner Energie und Wasserstoff zu versorgen, doch das ist in der Größenordnung kaum zu schaffen. Die andere Option ist, mehr Metall zu recyceln. Denn recycelter Stahl spart 72 Prozent Energie, recyceltes Aluminium sogar 95 Prozent. Deshalb gehe ich davon aus, dass Recycling in diesem Bereich in den kommenden Jahren deutlich an Bedeutung gewinnen wird.

Das klingt nach einem vielversprechenden Geschäftszweig. Inwiefern passt das zur Entscheidung bei Alba, sich von der Metallrecyclingsparte trennen zu wollen?

Wir befinden uns weiterhin im Verkaufsprozess. Da es sich um eine börsennotierte Tochterfirma handelt, kann ich dazu aber nicht mehr sagen, als dass wir dennoch weiter in diesen Bereich investieren, etwa in das Recycling von Aluminium.

Metall ist nicht die einzige Sparte mit guter Aussicht auf Wachstum. Die Branche setzt auch verstärkt auf Elektroschrott. Was erhofft man sich davon?

Elektroschrott hat enormes Potenzial. In einer Tonne Althandys stecken 250 Gramm reines Gold. Zum Vergleich: In einer Tonne Golderz, dem Gestein, aus dem Gold gewonnen wird, stecken nur vier Gramm. Und das ist nur eines von vielen Edelmetallen und seltenen Erden, die wiederverwendet werden können. Die Aufbereitung ist allerdings technisch kompliziert, da es viele verschiedene Arten von Elektroschrott gibt und sich die einzelnen Geräte auch schnell verändern. Ganz wichtig dabei: Elektroschrott gehört nicht in den Hausmüll.

Damit er besser sortiert werden kann.

Ja, das auch. Vor allem kann es aber sonst auch richtig gefährlich werden. Wenn die Lithiumbatterien aus Handys, E-Zigaretten oder Kameras im Schredder beschädigt werden, können sie leicht Feuer fangen und es kommt zu Bränden, die sich schnell auf eine ganze Halle ausbreiten können. Sogar einige Müllautos von uns wären aus diesem Grund fast abgebrannt. Beim Nachsortieren erwischen wir Akkus oft nicht, da können uns nur die Verbraucher helfen.

Schauen wir zum Abschluss noch auf Entwicklungen in der Branche: Europas größter Einzelhändler, die Schwarz-Gruppe, zu der Lidl und Kaufland gehören, kauft ein Entsorgungsunternehmen nach dem nächsten auf. Mittlerweile liegt der Konzern auf Platz vier der Müllentsorger – direkt hinter Alba. Setzt Sie das unter Druck?

Wettbewerb setzt immer unter Druck, aber für den Verbraucher führt das auch dazu, dass es Entsorgung zu günstigen Preisen gibt. Alba stellt sich seit über 50 Jahren erfolgreich dem Wettbewerb, daher sehe ich das einigermaßen gelassen.

Der Plan der Schwarz-Gruppe ist, den kompletten Wertstoffkreislauf in eigener Hand zu halten: Verpackungen für die Produkte in ihren Supermärkten selbst herstellen, dann Lebensmittel und Co. darin verkaufen und mit der Sammlung, Sortierung und Aufbereitung des Verpackungsmülls auch noch Geld machen. Für wie sinnvoll halten Sie einen solchen Ansatz?

Letztlich ist das eine Entscheidung, die ein Unternehmen wie die Schwarz-Gruppe selbst treffen muss. Aber es gibt schon gute Gründe, wieso es spezialisierte Dienstleister wie Alba gibt.

Herr Arbter, vielen Dank für das Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Robert Arbter
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