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Indexpolicen: "Finanztest" warnt vor Investions-Mogelpackungen


"Raten dringend davon ab"
Vorsicht vor diesem verbreiteten Finanzprodukt


16.07.2024Lesedauer: 4 Min.
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Älterer Frau schaut skeptisch: Indexpolicen locken Sparer mit falschen Versprechen.Vergrößern des Bildes
Ältere Frau schaut skeptisch: Indexpolicen locken Sparer mit falschen Versprechen. (Quelle: Inside Creative House/getty-images-bilder)

Ihr Name lässt vermuten, man würde in einen ETF investieren, doch Indexpolicen sind gerade keine Aktienanlage. "Finanztest" rät dringend von ihnen ab.

Sie heißen "IndexSelect", "IndexClever" oder "Dax-Rente": Stark beworbene Indexpolicen, mit denen Hunderttausende für ihr Alter sparen. Das Versprechen: eine private Altersvorsorge, die vom Boom der Aktienmärkte profitiert und gleichzeitig vor Verlusten geschützt ist. Klingt toll, klappt aber nicht. Das zeigt eine neue Untersuchung der Zeitschrift "Finanztest".

"Von den guten Renditen der Aktienmärkte sind diese Altersvorsorgeprodukte meilenweit entfernt. Als die Aktienmärkte im vergangenen Jahr um 20 Prozent und mehr stiegen, bekamen Kunden der Allianz und bei ähnlichen Indexpolicen nur Nullrenditen", sagt Ulrike Sosalla, stellvertretende Chefredakteurin von "Finanztest".

Die Allianz ist Marktführer bei Indexpolicen. Unter dem Namen "IndexSelect" bietet sie die meistverkaufte Indexpolice Deutschlands an. Rund eine halbe Million Menschen haben nach Angaben der Allianz inzwischen einen Vertrag abgeschlossen.

"Indexpolicen sind lediglich für die Anbieter ein gutes Geschäft. Wir raten Verbraucherinnen und Verbraucher dringend davon ab, sie für ihre private Altersvorsorge zu nutzen”, sagt Stephan Kühnlenz, wissenschaftlicher Leiter und Altersvorsorge-Experte von "Finanztest".

Wie funktionieren Indexpolicen?

Indexpolicen sind – anders als ihr Name annehmen lässt – keine Aktienanlage. Sie gelten vielmehr als Alternative zu herkömmlichen Lebens- oder Rentenversicherungen. Bei Indexpolicen garantiert der Versicherer nur die eingezahlten Beiträge, investiert dafür aber die Überschüsse an der Börse. Das Geld wird jedoch nicht direkt in die Aktien eines Index wie des weltweiten MSCI World investiert, sondern in Derivate, deren Erfolg davon abhängt, wie sich ein Index entwickelt.

Derivate sind kompliziert zu durchschauende Finanzkonstrukte, deren Preise sich von anderen Anlagen ableiten – im Fall von Indexpolicen von Indizes. Mit einem Investment in ein Derivat besitzt man also zum Beispiel keine Anteile an den Unternehmen, die in einem Aktienindex gelistet sind, sondern wettet darauf, wie sich deren Wert künftig entwickelt. Dadurch ist es möglich, auch auf fallende Kurse zu setzen. Mehr zu Derivaten lesen Sie hier.

Was hat "Finanztest" herausgefunden?

"Finanztest" hat die Wertentwicklung von zwölf Indexpolicen in den vergangenen Jahren untersucht. Das Ergebnis ist ernüchternd: Bei der Allianz habe es nur in 37 der simulierten 100 Einjahreszeiträume eine Rendite über null gegeben, 63-mal seien Kunden leer ausgegangen. Im Schnitt lag die Rendite bei mickrigen 1,64 Prozent.

Ähnlich sieht es bei der Nürnberger aus: Kunden, die eine "Dax-Rente" abgeschlossen haben, blieben in 65 von 100 Fällen auf einer Nullrendite sitzen. Die durchschnittliche Rendite betrug lediglich 1,94 Prozent. Der Grund für die schlechten Ergebnisse: Kursverluste an der Börse schlagen voll ein, Kursgewinne dagegen sind durch eine Quote oder einen sogenannten Cap gedeckelt.

Bei einer Quote profitiert der Versicherte nur anteilig von der Kursentwicklung, zum Beispiel mit 70 Prozent. Ein Cap begrenzt den maximalen Wertzuwachs pro Monat auf einen niedrigen Prozentsatz am Gesamtkapital. Bei den getesteten Produkten lag er zwischen 2 und 2,8 Prozent. Über das Jahr gemittelt gleichen die schlechten Monate die guten oft wieder aus. Am Ende bleibe so oft nur der Kapitalerhalt – ohne Rendite.

Ein Beispiel: Angenommen, der Aktienmarkt bricht in einem Monat um 10 Prozent ein. Dann wird dieses Minus komplett mitgenommen. Erholt sich der Aktienmarkt im nächsten Monat wieder und steigt um 15 Prozent, profitieren Sparer nur bis zum Cap der Indexpolice. Liegt dieser Deckel zum Beispiel bei 2 Prozent, ist der Kunde wegen des Verlusts im Vormonat noch immer 8 Prozent im Minus. Dass sich Sparer bis Jahresende noch ins Plus arbeiten, ist angesichts des Caps unwahrscheinlich.

 
 
 
 
 
 
 

"Die Anbieter sind sich dieser Mogelpackung durchaus bewusst. Da verwundert es kaum, dass fast alle der zwölf von uns kontaktierten Anbieter anfangs ihre Beteiligung an unserem Test verweigert haben. Eine Intransparenz, die wir bei 'Finanztest' in der Form selten erleben", sagt Sosalla.

Was kritisieren die Tester hauptsächlich?

"Finanztest" führt drei zentrale Kritikpunkte gegen Indexpolicen ins Feld:

  1. Es handelt sich bei ihnen um eine Mogelpackung, die Teilhabe am Börsenerfolg verspricht, das aber nicht einlöst – nicht einmal in guten Börsenjahren.
  2. Die Produkte sind intransparent gestaltet. Kunden wissen bei Vertragsabschluss nicht, wie hoch die Indexbeteiligung ausfallen wird.
  3. Die Kosten sind hoch und schmälern die Rendite zusätzlich.

"Die Kritik an der Produktgruppe gibt es seit vielen Jahren", sagt Sosalla, "doch da sie weiterhin verkauft werden und die Börsen gut liefen, haben wir neu durchgerechnet – und raten vehement davon ab."

Ist es sinnvoll, eine Indexpolice zu kündigen?

Wer sich erst vor Kurzem für eine Indexpolice entschieden hat, für den ist die Kündigung nach Einschätzung der Experten durchaus noch eine Option. "Nach ein, zwei Jahren kann man ruhig noch aussteigen", sagt Kühnlenz. "Später lohnt sich das wegen der Kosten, die bereits angefallen sind, oft nicht mehr." Im Einzelfall könne es aber sinnvoll sein, den Vertrag ruhend zu stellen.

Wie sorgen Sparer sinnvoll fürs Alter vor?

Aus Sicht von "Finanztest" gibt es zwei Möglichkeiten, besser privat fürs Alter vorzusorgen – und beide führen wieder an die Börse. "Ein paar faule Äpfel im Korb sind kein Grund, gleich den ganzen Korb wegzuwerfen", sagt Sosalla. Sie rät alternativ zu einem ETF-Sparplan in Eigenregie oder zu einer fondsgebundenen Rentenversicherung.

"Bei einem ETF-Sparplan eröffnet man ein Depot, richtet einen monatlichen Sparplan mit einer festen Summe ein und lässt ihn idealerweise über 20 oder 30 Jahre laufen. Als Basisanlage empfehlen wir einen ETF auf einen weltweiten, breit gestreuten Index, zum Beispiel den MSCI World mit mehr als 1.500 Aktien", so die Expertin. Lesen Sie hier, wie Sie einen ETF-Sparplan aufsetzen.

Der Vorteil: geringe Kosten – und damit letztlich mehr Rendite. Der Nachteil: Sparer müssen sich selbst kümmern und Verlustphasen aushalten, die es an der Börse unweigerlich irgendwann gibt. Dieses Risiko sinkt aber dank des langen Anlagehorizonts und der breiten Streuung – Krisen können ausgesessen werden und Verluste in einer Branche werden durch Gewinne in anderen wieder wettgemacht.

"Fondsgebundene Rentenversicherungen eignen sich für alle, die eine Versicherungslösung bevorzugen, zum Beispiel, wenn sie Angst haben, einen ETF-Sparplan in Eigenregie nicht durchzuhalten", erklärt Sosalla. Wichtig dabei: Sparer sollten auf günstige Anbieter achten, damit die Rendite nicht zu sehr leidet. Lesen Sie hier, mit welcher Anlage Sie am Ende mehr Gewinn erzielen – ETF-Sparplan oder fondsgebundener Rentenversicherung.

Verwendete Quellen
  • Pressegespräch mit "Finanztest"
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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