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Siemens Energy: An der Dax-Spitze trotz Milliardenverlusten


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Trotz Millionenverlust
Wie Siemens Energy zum Börsenstar aufstieg


15.07.2024Lesedauer: 3 Min.
Das Logo der Firma Siemens Energy (Symbolbild): In den vergangenen drei Jahren konnte das Unternehmen sein Auftragsvolumen mehr als verdoppeln.Vergrößern des Bildes
Siemens Energy: Trotz Problemen mit der Windkrafttochter feiert der Konzern Börsenerfolge. (Quelle: IMAGO/Dwi Anoraganingrum/imago-images-bilder)
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Noch vor Kurzem lag die Aktie von Siemens Energy am Boden. Doch dann vervierfachte sie sich im Wert. Wie kann das sein, wenn das Unternehmen Jahr für Jahr Verluste macht?

Herbst 2023: Die Aktie von Siemens Energy fällt auf 6,40 Euro. Ein Kurseinbruch in einem Jahr, das man getrost als ein schwarzes bezeichnen kann. 4,6 Milliarden Euro Rekordverlust stehen in der Bilanz. Das Unternehmen mit dem Fokus auf Energieerzeugung, das sich 2020 von Siemens abspaltete und seither eigenständig an der Börse gelistet ist, musste mithilfe staatlicher Garantien in Milliardenhöhe gerettet werden.

Problemkind ist die Windkrafttochter Gamesa. Hier fallen Quartal für Quartal dreistellige Millionenverluste an. Siemens Energy kämpft in dieser Sparte seit Jahren mit hohen Verlusten, die das gesamte Unternehmen belasten. Umso erstaunlicher scheinen vor diesem Hintergrund die jüngsten Kurserfolge der Aktie. 123 Prozent legte Siemens Energy seit Jahresbeginn zu – mehr als jeder andere Dax-Titel. Wie kann das sein?

Windkraft: Vom Weltmarktführer zum Krisenkandidaten

Einst war Siemens Energy Weltmarktführer bei Windrädern auf hoher See, sogenannten Offshore-Windrädern. Bis 2016. Da hatten die Münchener ihr Windgeschäft mit der spanischen Gamesa fusioniert. Diese war allerdings auf Windräder an Land ("Onshore") spezialisiert. Die Integration gelang nur schleppend, die Synergien waren gering. Die Konkurrenz aus China drückte aufs Geschäft. Und dann holten Qualitätsprobleme bei den Windrädern das Unternehmen ein.

So verlor etwa ein Windrad im Windpark Odal in Norwegen im Frühjahr ein 22-Tonnen-schweres Rotorblatt. Verletzt wurde niemand, dennoch musste fast die Hälfte der 34 Windräder im Park wegen zu hoher Sicherheitsrisiken abgeschaltet werden. Windräder, vor allem vom Typ X.5, musste man sogar ganz vom Markt nehmen. Und Reparaturen, Neuanfertigungen und der Austausch von Komponenten erwiesen sich als sehr teuer.

Antje Erhard
(Quelle: Rüdiger Jürgensen)

Zur Person

Antje Erhard arbeitet seit rund 20 Jahren als Journalistin und TV-Moderatorin. Ihr Weg führte sie von der Nachrichtenagentur dpa-AFX u.a. zum ZDF. Derzeit arbeitet sie für die ARD-Finanzredaktion in Frankfurt und berichtet täglich, was in der Welt der Börse und Wirtschaft passiert.

Und so ist es ziemlich genau ein Jahr her, dass Siemens Energy warnen musste, die Kosten für die Gamesa-Misere könnten sich auf eine Milliarde Euro summieren. Experten fragten, ob die Sparte überhaupt sanierbar sei. Die Kursmisere nahm ihren Lauf – bis zu besagten 6,40 Euro im vergangenen Herbst. Dass sich das Blatt anschließend so schnell wendete, der Aktienkurs sich bis zuletzt auf fast 28 Euro mehr als vervierfachte, hat am Ende wohl mehrere Gründe.

Milliarden-Deal mit Saudi-Arabien

Einmal ist viel Spekulation im Spiel: Viele Anleger sind eingestiegen, ohne sich der Schwierigkeiten bewusst zu sein. Sie lockte eher der niedrige Kurs. Auch handelt es sich immer noch um ein Unternehmen der Siemens-Familie. Also eins mit Historie und gutem Ruf.

Daneben bescheren andere Geschäftsbereiche dem Konzern auf Quartalsbasis schwarze Zahlen: Mit Stromnetzen und Gasturbinen verdient Siemens Energy gut. Erst vor wenigen Tagen zog das Unternehmen einen Großauftrag aus Saudi-Arabien an Land: für zwei Gaskraftwerke mit je 2.000 Megawatt Kapazität. Auftragsvolumen: 1,4 Milliarden Euro.

Zugleich investiert Siemens Energy 1,2 Milliarden Euro in sein lukratives Stromnetzgeschäft: Bis 2030 sollen hier 10.000 neue Stellen entstehen – in Deutschland, in Österreich, in Kroatien, Rumänien und Großbritannien. Die Nachfrage nach Strom steigt enorm. Binnen zwei Jahren hatten sich die Aufträge verdoppelt.

Das zweite Quartal endete mit Gewinn – immerhin 108 Millionen Euro. Ein Jahr zuvor waren noch 189 Millionen Euro Verlust aufgelaufen. Die Jahresprognose wurde angehoben. Nach den vielen Gewinnwarnungen Balsam für das Unternehmen. Allein das sorgte für einen Kurssprung.

Schließlich werden die Verluste bei Gamesa allmählich kleiner – doch es bleibt bei roten Zahlen. Erst 2026 dürfte Gamesa wieder Geld verdienen. Immerhin: In zwei Jahren soll eine neue Onshore-Plattform marktreif sein und das Pannensystem X.5 ablösen. Im Sommer kommt ein neuer Chef. Am 7. August wird wieder Bilanz gezogen bei Siemens Energy.

Siemens Energy muss jetzt liefern

Am Ende gibt es viel Licht – es bleibt aber auch viel Schatten. Und selbst Analysten sind sich nicht einig, ob der Turnaround gelingt: Goldman Sachs hatte zweimal das Kursziel ordentlich angehoben: Auf inzwischen 32 Euro, eben weil Gas und Strom gut laufen. Das liegt etwas unter dem Allzeithoch der Aktie vor rund dreieinhalb Jahren.

Anders dagegen JP Morgan: Die Investmentbank hat gerade ein Kursziel von 13 Euro ausgegeben: Das ist weniger als die Hälfte des aktuellen Kurses. Begründung: Es gäbe im Unternehmen "zwei Geschwindigkeiten" – die langsamere ist die bei Gamesa. 18 Analysten haben im Mittel ein Kursziel von 26,23 Euro, also leicht weniger als das aktuelle Niveau.

Fazit: Siemens Energy hat noch einen langen Weg vor sich bis zu schwarzen Zahlen. An der Börse gab es dafür viel Vorschusslorbeeren. Wenn Siemens Energy nicht abliefert, sind diese Kursgewinne auch schnell wieder vom Winde verweht.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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