Exklusive Berechnung Wichtiger Freibetrag steigt – bringt Sparern aber nicht genug
Die Ampelkoalition erhöht ab 2023 erstmals seit der Euro-Einführung den Sparerpauschbetrag. Warum das für Steuerzahler trotzdem ernüchternd ist.
Es klingt zunächst nach einer willkommenen Änderung: Erstmals seit dem Jahr 2002 erhöht die Bundesregierung zum 1. Januar den Freibetrag für die Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge. Unterm Strich bleiben also mehr Erträge wie Zinsen oder Dividenden für Sie steuerfrei. Doch berücksichtigt man die relative Kaufkraft dieses Freibetrags, geht die Erhöhung nicht weit genug, wie eine Berechnung des digitalen Vermögensverwalters Growney zeigt, die t-online exklusiv vorliegt.
Demnach werden sich Steuerzahler trotz der Erhöhung des Sparerpauschbetrags von 801 Euro auf 1.000 Euro pro Person und Jahr von dem verbleibenden Geld im Jahr 2023 weniger kaufen können als 2013. Oder anders gesagt: Durch die Geldentwertung entspreche die Kaufkraft von 1.000 Euro im Jahr 2023 dem Betrag von rund 796 Euro im Jahr 2013.
"Gleicht nicht einmal die Inflation aus"
"Die Erhöhung ist zweifellos eine gute Nachricht für alle Sparer und Anleger – aber sie gleicht genaugenommen nicht einmal die Inflation der vergangenen zehn Jahre aus", sagt Thimm Blickensdorf von der Growney-Geschäftsleitung. "Dass der Freibetrag so lange nicht erhöht worden ist, macht sich bei einer hohen Inflation besonders stark bemerkbar."
Der Freibetrag für Kapitalerträge hatte sich zuletzt nach der Euro-Einführung erhöht: von 3.050 D-Mark (1.559 Euro) auf 1.601 Euro pro Person im Jahr 2002. In den Jahren 2000, 2004 und 2007 kürzte ihn die damalige Bundesregierung aber jeweils empfindlich.
Freibetrag verliert fast 80 Prozent an Wert
Den Berechnungen von Growney zufolge hat der Freibetrag deswegen und aufgrund der Inflation seit 1998 fast 80 Prozent seines Werts verloren. Die Erhöhung ab Januar 2023 ist dabei bereits mit einberechnet.
In konkreten Zahlen ausgedrückt bedeutet das: 1998 betrug die Kaufkraft des Freibetrags (6.100 D-Mark) mehr als 3.100 Euro. 2023 liegt die Kaufkraft im Vergleich zu 1998 nur noch bei 633,93 Euro. 2013 waren es mit 637,70 Euro etwas mehr. 2003 – also vor 20 Jahren – betrug die Kaufkraft des Freibetrags immerhin noch etwas mehr als 1.500 Euro.
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So hoch ist die Steuer auf Kapitalerträge
Der Sparerpauschbetrag von dann bald 1.000 Euro steht jedem Steuerzahler zu. Nur wenn Sie ihn überschreiten, wird die Abgeltungssteuer fällig (bis 2009: Kapitalertragsteuer). Allerdings nur auf den Teil der Erträge, der über dem Freibetrag liegt. Der Steuersatz dafür liegt bei 25 Prozent. Zuzüglich Solidaritätszuschlag, der auf Kapitalerträge nicht abgeschafft wurde, sind es 26,375 Prozent. Sind Sie in der Kirche, kommt noch Kirchensteuer hinzu.
Wichtig: Damit Ihre Bank den Pauschbetrag berücksichtigt, sollten Sie einen sogenannten Freistellungsauftrag stellen. Haben Sie mehrere Konten oder Depots, teilen Sie die 1.000 Euro entsprechend auf.
Freistellungsauftrag vergessen? Kein Problem
Sollten Sie vergessen haben, einen Freistellungsauftrag zu erteilen oder die Beträge ungünstig über verschiedene Banken und Depotanbieter aufgeteilt haben, können Sie sich die zu viel gezahlte Steuer über die Einkommensteuererklärung zurückholen. Dafür benötigen Sie das Formular "Einkünfte aus Kapitalvermögen" in der Anlage KAP.
Auch wenn die Erhöhung um knapp 200 Euro nicht einmal die Inflation ausgleicht: Wenn Sie den Freibetrag konsequent nutzen und die Steuerersparnis immer wieder investieren, können Sie langfristig deutlich profitieren – dem Zinseszinseffekt sei Dank. Wie stark der steigende Sparerpauschbetrag Ihr Vermögen vergrößert, wenn Sie das Geld über Jahre weiter anlegen, können Sie hier nachlesen.
- Berechnung des digitalen Vermögensverwalters Growney für t-online