Rebuy, Backmarket und Swappie Generalüberholte Handys bieten einige Vorteile
Sie sind günstiger als fabrikneue Geräte und schonen die Umwelt: Es gibt zahlreiche Gründe für den Kauf eines generalüberholten Smartphones. Aber lohnt sich das?
Mehr als 800 Euro für ein neues Smartphone? Ganz schön teuer. Nicht jeder will oder kann sich das leisten. Klar, es gibt auch günstigere Geräte. Aber die sind auch weniger leistungsfähig als die teureren Smartphones der zahlreichen Hersteller. Eine Alternative sind generalüberholte oder sogenannte Refurbished-Geräte. Die werden immer beliebter, wie eine aktuelle Studie der Marktforscher von Counterpoint aus dem April 2022 zeigt.
Demnach ist der weltweite Markt für wiederaufbereitete Smartphones im vergangenen Jahr um 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gewachsen. Der Absatzmarkt neuer Smartphones stieg im selben Zeitraum dagegen nur um 4,5 Prozent. Der Trend ist eindeutig. Sind wiederaufbereitete Smartphones eine echte Alternative zu neuen Geräten?
Die Nachfrage bestimmt das Angebot
Mit dem großen Interesse an generalüberholten Smartphones steigt auch die Zahl der Firmen, die solche gebrauchten Geräte anbieten. Zum Teil machen das sogar die Gerätehersteller selbst. Ein Beispiel ist Apple. Das Unternehmen verkauft seit Anfang 2022 hierzulande generalüberholte iPhones über seinen Refurbished Store.
Daneben gibt es Firmen wie Clevertronic oder Asgoodasnew, die technische Geräte ankaufen, in ihren Fabriken erneuern und dann wieder verkaufen. Ein weiteres Unternehmen, das Smartphones ankauft, erneuert und wieder auf den Markt bringt, ist Swappie.
Auch alte Geräte funktionieren noch tadellos
Der finnische Reseller ist in 15 europäischen Ländern aktiv und hat sich auf die Aufbereitung von iPhones spezialisiert. Das Unternehmen hat zwar keine eigene Studie dazu gemacht, warum aufbereitete Smartphones immer beliebter werden. Trotzdem hat Swappies Country Manager für Deutschland, Maurizio Hein, eine Erklärung dafür.
"Die Technologie in den Geräten entwickelt sich nicht mehr in der Geschwindigkeit weiter wie früher", sagt Hein. Mal sei im neuen Modell der Prozessor etwas schneller und mal die Kamera etwas leistungsfähiger. Im Großen und Ganzen aber seien mittlerweile selbst vier Jahre alte Geräte noch leistungsfähig genug, um damit Nachrichten verschicken zu können, im Internet zu surfen und Fotos zu machen.
Refurbished bedeutet auch nachhaltig
Einen anderen Grund sieht Hein im Trend, dass Verbraucher vermehrt nach nachhaltigen Lösungen bei technischen Produkten suchen. Apple selbst gibt an, dass bei der Herstellung eines iPhones 13 Pro Max mit 128GB Speicher rund 74 Kilogramm CO2 erzeugt werden. Zum Vergleich: Bei einem Notebook sind es rund 250 Kilogramm und bei einem Flachbildfernseher rund 1.000 Kilogramm CO2.
Die Herstellung von Smartphones kostet außerdem Geld, Energie und verbraucht Stoffe, die von der EU-Kommission als sogenannte "kritische Rohstoffe" oder auch seltene Metalle eingestuft werden. Diese werden zum Teil in Entwicklungsländern unter menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut.
Außerdem verursachen die gebrauchten Geräte unzählige Tonnen Elektroschrott pro Jahr. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) zitiert aus einer Studie aus dem Jahr 2018. Pro Verbraucher seien durchschnittlich schon 10,5 Kilogramm Elektrogeräte jährlich verschrottet worden. "Das bedeutet, jeder einzelne wirft jedes Jahr umgerechnet zehn Mixer, 20 Handys, fünf Toaster oder einen 55-Zoll-Fernseher weg", heißt es weiter. Tendenz steigend.
"Wie neu" kostet auch fast so viel wie neu
Und nicht zuletzt dürfte auch der im Vergleich zum neuen Gerät günstigere Preis ein entscheidender Faktor für ein generalüberholtes Smartphone sein. Allerdings: Die preisstabilen Apple-Geräte sind auch bei Refurbished-Händlern wie Swappie nicht billig. Topaktuelle Handys wie das iPhone 13 bietet das Unternehmen im Zustand "wie neu" für gerade mal rund 100 Euro unter dem Neupreis an.
Die Gründe sind laut Hein: "Uns ist wichtig, dass am Ende der Kunde ein gutes Produkt hat, und das spiegelt sich eben im Preis wider. Darin enthalten sind unter anderem der Prozess der Wiederaufbereitung, der Ankauf und eine schnelle Lieferung der Produkte." Das seien Leistungen, die Kunden bei gebrauchten Waren zum Beispiel über Kleinanzeigenportale nicht erhielten.
Verbraucher sollten auf Garantieausschlüsse achten
Was sagen Verbraucherschützer zum Kauf generalüberholter Smartphones? Generell raten sie nicht davon ab. Aber: Kunden sollten sich genau über den Anbieter informieren, bei dem sie ein solches Gerät kaufen wollen. Vor allem sollte man auf eventuelle Garantieausschlüsse in den AGB achten.
Die Verbraucherzentrale Niedersachsen weist darauf hin, dass bei generalüberholten Produkten, die online bei einem gewerblichen Händler gekauft werden, ein 14-tägiges Rückgaberecht besteht. "Innerhalb dieser Zeit kann der Käufer den Vertrag ohne Angabe von Gründen widerrufen und das Gerät zurückschicken." Kunden sollten die Zeit nutzen, um das Gerät ausgiebig zu untersuchen und zu testen.
Ansonsten ist es laut den Verbraucherschützern mit einer guten Recherche durchaus möglich, ein gutes generalüberholtes Smartphone zu erwerben.
Wer ist die Zielgruppe?
Die Vorteile von aufbereiteten Top-Smartphones schätzen laut Swappie vor allem "urbane Erwachsene" zwischen 25 und 45 Jahren. Denen seien nachhaltiger Konsum und Achtsamkeit wichtiger als nigelnagelneue Geräte, heißt es. Die beliebtesten Modelle seien das iPhone 12 und 12 Pro, die beide je nach Zustand für 450 bis 700 Euro zu haben sind.
Anbieter von generalüberholten Geräten bieten aber nicht nur Smartphones an, die wie neu aussehen. Auch Geräte mit deutlichen Gebrauchsspuren werden aufbereitet und wiederverkauft. Swappie nennt den Zustand "Fair" und weist in der Produktbeschreibung darauf hin, dass das Handy "tiefe Krater, Dellen und Schrammen" haben kann.
Bei Kindern ist der Zustand nicht so wichtig
Zielgruppe für die günstigsten Geräte auf der Plattform seien unter anderem Eltern, sagt Hein. "Erneuerte Geräte bieten ihnen vor allem die Möglichkeit, ein preiswertes Gerät für die eigenen Kinder zu erwerben, bei dem auch der eine oder andere Kratzer nichts ausmacht."
Ein weiterer Grund für die Entscheidung, ein runderneuertes iPhone für die Kinder zu kaufen, sei, dass die Eltern selbst Apple-Geräte nutzten, sagt Hein. Dass man die Kinder im selben Hersteller-Ökosystem haben wolle, sei naheliegend. Allein schon, um Inhalte besser kontrollieren zu können.
Kaum Nachteile gegenüber dem Neukauf
Das beliebteste Apple-Smartphone bei Familien ist laut Swappie das iPhone 8 für rund 150 bis 280 Euro. Lohnt sich der Kauf eines fünf Jahre alten Geräts? Ja, denn hält sich Apple an seinen 7-Jahres-Zyklus zur Unterstützung seiner Smartphones, dann bekommen die iPhone-8-Modelle noch bis 2024 regelmäßige Software-Updates.
Die gesetzlich vorgeschriebene Garantie von 12 Monaten wird den Käufern von wiederaufbereiteten Smartphones ebenfalls gewährt. Bei Swappie sind es sogar 36 Monate. Länger als bei Apple. Also gibt es weder bei der Garantie noch bei der Unterstützung durch den Hersteller einen Nachteil gegenüber neuen Geräten.
Günstiger ist nicht schlechter
Aber was ist mit den Dellen und Schrammen? Auch wenn die günstigsten Geräte bei den Herstellern Gebrauchsspuren haben, durchlaufen sie den gleichen Aufbereitungsprozess wie alle anderen Smartphones. Die am häufigsten durchgeführten Reparaturen bei Swappie sind der Akkuwechsel sowie der Austausch von Displays oder Kameramodulen.
Bei 45 Prozent der in Deutschland angekauften iPhones sind diese laut Swappie in einem sehr guten Zustand und bedürfen nur kleinerer Reparaturen und einer Reinigung. Etwa ein Prozent der angekauften iPhones lasse sich nicht generalüberholen und müsse recycelt werden. Wobei man die originalen und funktionsfähigen Teile der kaputten Geräte als Ersatzteile für die Wiederaufbereitung verwende.
Alternative zu neuen Geräten?
Es ist also eine Frage des persönlichen Geschmacks und Gewissens, ob der Kauf eines aufbereiteten Smartphones infrage kommt. Vor allem der Nachhaltigkeitsaspekt ist ein Gedanke, der in Zeiten des Klimawandels eine immer größere Rolle spielt.
Echte Nachteile gegenüber dem Kauf eines neuen Smartphones gibt es bei den wiederaufbereiteten Modellen kaum. Im Gegenteil: Refurbished-Anbieter Swappie bietet sogar zwölf Monate Garantie mehr auf seine Geräte an als die bei einem Neugerät gesetzlich vorgeschrieben 24 Monate.
Selbst für Verbraucher, die über ihren Mobilfunkbetreiber alle zwei Jahre ein subventioniertes Smartphone kaufen, ist das Refurbished-Modell eine Alternative. Denn die meisten Plattformen bieten über Zahlungsanbieter wie Klarna oder Paypal einen Ratenkauf der wiederaufbereiteten Smartphones an.
- Eigene Recherche