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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Tatort" mit Thiel und Boerne "Das Gefieder am Kopf wird schütter"
In Münster wird wieder fröhlich gemordet. Ein IT-Experte stürzt in den Tod, ein Journalist wird erschossen und ein Geschäftsmann macht dubiose Transaktionen - der neue Fall des Ermittler-Pärchens Thiel und Boerne .
Es fängt spannend an: eine ominöse Beerdigung, ein blauhaariges Mädchen und ein Mann, der im Morgenmantel aus einem Hochhaus stürzt. War es Mord oder Selbstmord? Wer wurde beerdigt? Wer ist der Typ, zu dem das Mädchen in den Wagen steigt? Fragen über Fragen, die mit fortlaufender Handlung keine Rolle mehr spielen, denn wir sind wieder in Münster, wo Thiel (Axel Prahl) und Boerne (Jan Josef Liefers) das Zepter schwingen.
Auch wenn man den grummeligen Thiel und seinen narzisstischen Nachbarn Boerne in den letzten 15 Jahren (ja, so lange streiten sich die Zwei schon durch die deutsche TV-Landschaft) lieb gewonnen hat, schleicht sich allmählich Ermüdung ein.
Fans des Münsteraner "Tatorts" mögen die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, aber viele Gags des sich ständig anfrotzelnden Duos zünden einfach nicht mehr. Pointen verkommen zum Selbstzweck, verpuffen als Rohrkrepierer und lassen die Handlung kräftig ruckeln. Wenn Boerne etwa zur kleinen Kollegin "Alberich" (Christine Urspruch), die eine Glühbirne auswechselt, sagt: "Na, da müssen Sie sich mal auf die Zehenspitzen stellen", ist das eher unangenehm als lustig.
Zementierte Parameter
Die Autoren von "Fangschuss" (Stefan Cantz und Jan Hinter) haben in einem Interview mal gesagt, im Münsteraner "Tatort" sei der "Fall" zweitrangig, zu sehr freue man sich ohnehin auf die Kabbeleien der Ermittler. Mitnichten. Wenn etwa ein schlumpfblau-haariges Mädchen (Janina Fautz) vor Thiels Tür steht und dessen Tochter sein will, sorgt das natürlich für Lacher, mutet aber auch irgendwie abgedroschen an - vor allem wenn Boerne seinem Kollegen auch noch den Vaterschaftstest schadenfreudig unter die Nase reiben will. Und dann ist das blaue Girlie auch noch in den Mord verstrickt, in dem ihr vermeintlich neuer Daddy ermittelt. Klingt konstruiert? Ist es auch.
Es gilt die Ermordung eines Enthüllungsjournalisten (Christian Maria Goebel), der auch auf Schlumpfines Vaterliste stand, aufzuklären. Die Spur führt zu einem dubiosen Futtermittelhersteller. Es fallen Phrasen wie: kontaminierter Mais aus der Ukraine und illegale Verschiffung nach Afrika. Große Themen, wichtige Themen, die aber nichts weiter als Beiwerk in einer flachen Geschichte sind, denn es soll ja schließlich viel gelacht werden.
Die Inszenierung stakst durch ihre zementierten Parameter. Nichts Neues im Münsteraner Universum. Boernes Haupthaar lichtet sich, haha wie lustig. Just in diesem Moment macht ein Haarwundermittel der Unternehmerin Dr. Freya Freitag (Jeanette Hain) die Runde. So ein Glück aber auch! Zufälligerweise ist die aalglatte Geschäftsfrau auch noch Prüferin im Jagdverband, in dem Boerne seinen Jagdschein machen möchte.
Wer war der Mörder noch gleich?
Nach ein paar mauen Lachern ist keiner der Verdächtigen mehr verdächtig. Thiel ist nicht erneut Papa geworden und Boerne immer noch kein Jäger. Journalist Offergeld, der am Ende Schlumpfines Vater war und der Hochhausspringer mussten ins Gras beißen, weil sie herausfanden, dass das Wunder-Haarmittel doch keine Wunder bringt. Strippenzieherin Dr. Freitag wird in einem uninspirierten Showdown dingfest gemacht. Ihre Motive sind dabei so durchschaubar wie der ganze Plot. Scheint den Machern egal zu sein, dafür gibt es ja Kalauer am laufenden Band.
"Das Gefieder am Kopf wird schütter", sagt "Alberich" zu Boerne, als sie ihn mit seiner leichten Platte konfrontiert. Eine treffendere Metapher für den neuen Münsteraner "Tatort" kann es kaum geben, aber süß sind sie trotzdem - die beiden Ulknudeln.