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Handball-WM — DHB-Manager über Corona-Lage: "Keine Sorgen machen"


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Oliver Roggisch
"Ein Riesenverlust" – DHB-Manager hadert mit Spieler-Absagen

  • Dominik Sliskovic
InterviewVon Dominik Sliskovic

Aktualisiert am 15.01.2021Lesedauer: 5 Min.
Oliver Roggisch: Der DHB-Teammanager blickt optimistisch auf die WM in Ägypten.Vergrößern des Bildes
Oliver Roggisch: Der DHB-Teammanager blickt optimistisch auf die WM in Ägypten. (Quelle: foto2press/imago-images-bilder)
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Deutschland startet gegen Uruguay in die Handball-WM in Ägypten. Vor dem Turnierstart zeigt sich DHB-Teammanager Oliver Roggisch im t-online-Interview trotz aller Umstände optimistisch.

Am Freitag beginnt für die deutsche Handball-Nationalmannschaft die Weltmeisterschaft in Ägypten. Ab 18 Uhr (im Liveticker bei t-online) misst sich das Team von Bundestrainer Alfred Gislason mit Uruguay.

Zuvor hatte es viele und langwierige Debatten um das Turnier am Nil gegeben: Bundesliga-Funktionäre kritisierten das Sicherheitskonzept der Veranstalter, Spitzenspieler verzichteten aus Sorge vor einer Corona-Infektion freiwillig auf eine Teilnahme. Doch nun, kurz vor dem ersten Anwurf der WM, soll es sich nur um Handball drehen. Das wünscht sich auch DHB-Teammanager Oliver Roggisch.

Der Weltmeister von 2007 spricht im t-online-Interview über die sportliche Perspektive der deutschen Nationalmannschaft und erklärt, welch enormen Unterschied zehn Zentimeter im Handball machen können.

t-online: Herr Roggisch, in Ihrer Doppelfunktion als Sportlicher Leiter der Rhein-Neckar Löwen und Teammanager der DHB-Nationalmannschaft haben Sie die Diskussion um die Austragung der WM sowohl von Vereins- als auch Verbandsseite miterlebt. Wie ist Ihnen dieser Spagat gelungen?

Oliver Roggisch (42): Es geht für die Rhein-Neckar Löwen, alle anderen Bundesligisten und den DHB in diesen Corona-Zeiten ums Überleben des Handballsports. Das eint uns, obwohl jeder zum Teil andere Aufgaben lösen muss. Uns ist es beispielsweise mit den Rhein-Neckar Löwen nicht gelungen, die Politik von unseren Hygienekonzepten zu überzeugen, sodass wir als einziger Bundesligist ausschließlich Geisterspiele ausgetragen haben. Wir haben in der Liga und im Europapokal gespielt und sind so präsent geblieben. Und genau so ist es mit unserer Nationalmannschaft: Über dieses Team wird der Handball auch diesen Januar wieder für die große Öffentlichkeit sichtbar. Natürlich gab es da Diskussionen um den richtigen Weg, aber das war für mich kein Spagat, sondern die Suche nach Lösungen.

Patrick Wiencek, Hendrik Pekeler, Steffen Weinhold und Finn Lemke verzichten aus Sorge vor einer Corona-Infektion freiwillig auf die WM. Was bedeuten diese Ausfälle für die Nationalmannschaft?

Das ist ein Riesenverlust, gar keine Frage. Aber wenn eine Nation solche Ausfälle kompensieren kann, dann ist es Deutschland. Wir haben in der Bundesliga so viele junge Talente, die nur auf ihre Chance, sich in der deutschen Nationalmannschaft zu beweisen, warten. Das bedeutet nicht, dass wir in Ägypten das Level erreichen werden, was wir mit diesen vier Stammspielern gehabt hätten, aber wir haben dennoch eine schlagkräftige Truppe beisammen.

Uwe Gensheimer hat im t-online-Interview gesagt: „Unter den Voraussetzungen, mit denen wir nach Ägypten reisen, gehören wir definitiv nicht zu den Topfavoriten.“ Welche sportliche Perspektive soll dieses Turnier der Nationalmannschaft dann erschließen, wenn nicht, um Medaillen mitzuspielen?

Wir haben uns kein fixes Ziel gesetzt. Unter diesen Umständen können wir einfach keine Prognose wagen. Uns geht es eher darum, unser Maximum auszureizen. Wir wollen Tempohandball spielen, der die Zuschauer in Deutschland begeistert.

Könnte die WM erzwungenermaßen einen personellen Umbruch in der Nationalmannschaft einleiten?

Nein, der Umbruch kommt dann, wenn die jungen Spieler besser sind als die, die jetzt nicht mit uns nach Ägypten reisen.

Eine spannende Personalie ist Juri Knorr, der mit der Erfahrung von gerade einmal drei Länderspielen zur WM reist. Was erhoffen Sie sich von ihm im Rückraum?

Ich sehe Philipp Weber, eben aufgrund seiner Erfahrung, als unsere Nummer eins auf der Spielmacherposition. Das bedeutet jedoch nicht, dass Juri nicht zum Zug kommen wird. Er hat bereits in der EM-Qualifikation gegen Österreich eine tolle Leistung gezeigt, zieht im Training immer voll mit. Er bringt vieles mit, hat einen herausragenden Schlagwurf. Dennoch dürfen wir nicht zu große Erwartungen wecken. Es ist Juris erstes Turnier, wir werden sehen müssen, wie er auf diese einzigartigen Drucksituationen, die eine solche WM bereithält, reagiert. Aber so, wie ich ihn kenne, wird er sie so abgebrüht wegstecken, wie er es bisher in der Bundesliga getan hat. Diese Unbekümmertheit ist eine ganz große Stärke von ihm – und kann im Laufe des Turniers auch zu einem großen Vorteil fürs ganze Team werden.

Wie groß ist das Wagnis, gerade auf einer so körperlich, aber auch taktisch herausvordernden Position wie der des Kreisläufers mit Johannes Golla, Sebastian Firnhaber und Moritz Preuss auf die Erfahrung von insgesamt nur 18 Länderspielen zu setzen?

Mit Johannes Golla und Moritz Preuss mache ich mir überhaupt keine Sorgen um unsere Offensive. Das sind zwei Kreisläufer auf absolutem Topniveau. Dazu kommt Sebastian Firnhaber, dem es zwar an internationaler Erfahrung mangeln mag, der aber eine unglaubliche Eigenmotivation und Selbstreflexion an den Tag bringt. Gerade im Innenblock wird Sebastian sehr wichtig für uns sein. Mit den drei Jungs auf der Kreisläuferposition bin ich höchstzufrieden, da muss sich Handball-Deutschland keine Sorgen machen.

Deutschland ist durch die Ausfälle insbesondere defensiv geschwächt. Können Sie als ehemaliger Weltklasse-Verteidiger erläutern, wie elementar ein gestandener Mittelblock für eine Handball-Mannschaft ist?

Es gibt ja diesen oft bemühten Satz: „Die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive gewinnt Meisterschaften“. Das trifft auf den Handball vielleicht sogar noch mehr als auf andere Sportarten zu. Die Torhüter und Verteidiger bestimmen etwa 70 Prozent einer Partie. Wenn sie ihre Leistung abrufen und die Offensive offene Würfe nicht vergibt, bist du gut postiert im Rennen um den Titelgewinn. Mit Wiencek und Pekeler fehlt uns jetzt jedoch ein Duo, dass sich durch die tägliche Arbeit beim THW Kiel in- und auswendig kennt. Die Zwei müssen auf der Platte kaum miteinander reden, das greift alles automatisch ineinander. Dadurch, dass wir nun einen Innenblock mit Spielern aus verschiedenen Teams stellen, ist es elementar wichtig, dass viel und gut miteinander kommuniziert wird.

Durch die Ausfälle fehlt es der DHB-Defensive auch an Körpergröße. Können Sie erläutern, welchen Unterschied zehn Zentimeter weniger in einer Abwehrsituation machen können?

In dem Moment, in dem man keine zwei Meter große Spieler in der Verteidigung hat, ändert sich die Defensive, weil der gegnerische Angreifer einfach über unseren Block hinwegwerfen kann. Also müssen wir aggressiver verteidigen, früher herausrücken und den Gegner bereits vor der Wurfbewegung stören. Wir werden uns also in der klassischen 6-0-Verteidigung wesentlich mehr bewegen müssen, ständig dem Gegner auf den Füßen stehen, mit der Verteidigung auch mal vor bis zur Neun-Meter-Linie rücken.

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Ein Lagerkoller ist bei jedem Turnier eine Bedrohung, durch die strenge Isolation der Spieler von der Außenwelt bei dieser WM könnte er noch eher auftreten. Wie wollen Sie dem entgegenwirken?

Ich erwarte nicht, dass die Situation wesentlich anders wird als bei bisherigen Turnieren. Das Team befindet sich ohnehin die meiste Zeit im Hotel oder in der Halle. Freizeit für einen Spaziergang durch die Stadt hat es da in der Vergangenheit schon kaum gegeben. Die wenige Freizeit, die man während einer WM als Spieler hat, nutzt man dafür, um sich vom Physiotherapeuten pflegen zu lassen. Die Öffentlichkeit muss sich auch keine Sorgen machen, dass wir, wenn wir nicht gerade spielen, auf unseren Zimmern eingesperrt sind. Im Hotel samt Außenanlage können wir uns frei bewegen – auch wenn da natürlich höchste Aufmerksamkeit geboten ist.

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