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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Neuer Bundestrainer So schickt Flick das System Löw in Rente
Die DFB-Elf hat sich mit ihrem Sieg in Nordmazedonien vorzeitig für die WM im kommenden Jahr qualifiziert. Das ist vor allem auch der Verdienst von Neu-Bundestrainer Hansi Flick.
Deutschland hat sich mit dem 4:0 gegen Nordmazedonien als erste europäische Nation für die Weltmeisterschaft 2022 in Katar qualifiziert. Das Spiel in Skopje sicherte dem DFB-Team jedoch nicht nur ein WM-Ticket, sondern untermauerte auch die Veränderungen, die Bundestrainer Hansi Flick in den ersten Wochen seiner Amtszeit herbeiführen konnte.
Noch im März hatte Deutschland in Duisburg eine schmachvolle 1:2-Niederlage gegen Nordmazedonien hinnehmen müssen. Und der Gegner präsentierte sich am Montagabend vor einer temperamentvollen Heimkulisse ähnlich wie noch im Frühjahr. Nationaltrainer Blagoja Milevski hatte taktisch von einer Fünfer- auf eine Viererabwehr – wie auch zuletzt in allen anderen Partien der Nordmazedonier – umgestellt, was aber nicht hieß, dass sein Team weniger defensiv agierte.
Stattdessen standen die Nordmazedonier zumeist tief in der eigenen Hälfte, verteidigten in zwei kompakten Blöcken und lauerten auf Konter über Angreifer Adis Jahović und den Schalker Darko Churlinov. Somit war die Aufgabe für das DFB-Team vergleichbar knifflig, aber die Lösungen der Flick'schen Truppe um einiges besser. Der 56-jährige Bundestrainer ließ das Offensivspiel in dieser Partie statt über die rechte mehrheitlich über die linke Seite laufen. Dort kooperierten der Hoffenheimer David Raum (bei seinem Startelf-Debüt) und England-Legionär Kai Havertz hervorragend. Zumeist zog Letzterer mit oder ohne Ball in die Mitte und öffnete außen die Bahn für Raum.
Außen tun sich Lücken auf
Dieses Zusammenspiel stand stellvertretend für den taktischen Ansatz der Deutschen. Die DFB-Auswahl wusste, dass Nordmazedonien wieder die Mitte dicht machen würde. Also drängten sie die Hausherren zusätzlich ins Zentrum und schufen so Platz auf den Flügeln. Dass Thomas Müller, bekanntlich der deutsche "Raumdeuter", vielfach von der Mitte nach rechts zog, war nur folgerichtig, weil der Routinier die sich öffnenden Freiräume erkannte und ausnutzen wollte.
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Einziger Knackpunkt am deutschen Angriffsspiel war die Verwertung der Möglichkeiten im letzten Spielfelddrittel. Raum und Havertz brachen des Öfteren – sei es mit Sprints oder Eins-gegen-Eins-Dribblings – durch, flankten jedoch anschließend in den Strafraum, wo Thomas Müller und Timo Werner natürlich keinerlei Lufthoheit gegen die nordmazedonische Innenverteidigung hatten. Als jedoch die Kräfte bei den Hausherren schwanden, konnte sich die DFB-Elf immer besser mit Flachpässen durchkombinieren und auch im Zentrum zum Erfolg kommen. Als die Nordmazedonier erstmalig aufgerückt waren und nicht kompakt standen, konnte Deutschland sofort über Serge Gnabry den Führungstreffer einleiten. Geduld war vonnöten.
Der taktischen Marschroute treu geblieben
Eben jene Geduld ging der deutschen Mannschaft zuweilen vor einigen Monaten noch ab. Was der Mannschaft zudem fehlte, war die positionelle Flexibilität auf dem Feld. Flick hat es geschafft, eine klare 4-2-3-1-Grundstruktur zu etablieren, wie sie schon aus seiner Zeit bei Bayern München bekannt ist, und zugleich seinen Spielern die Freiheiten zu geben, Positionen zu tauschen und Verschiebungen vorzunehmen. Müllers Ausweichen auf die rechte Seite war nur eines von mehreren Beispielen dafür am Montagabend.
Dass Nordmazedonien trotz der deutlichen Überlegenheit der deutschen Mannschaft hier und da zu Kontergelegenheiten kam, ließ sich schlicht nicht verhindern. Auch andere Spitzenteams tun sich in solchen WM-Qualifikationsspielen schwer und werden nach Ballverlusten gelegentlich überlaufen. Wichtig war, dass die Spieler der taktischen Marschroute von Flick vertrauten und mit Tempo, aber eben auch Geduld, die Angriffe gegen Nordmazedoniens Bollwerk fuhren. Der große Unterschied zur Niederlage im März.
- Eigene Beobachtung