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Das große Versäumnis des deutschen Fußballs: Manager ohne Lizenzen


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Manager ohne Lizenz
Das große Versäumnis des deutschen Fußballs


Aktualisiert am 30.03.2021Lesedauer: 7 Min.
Hasan Salihamidzic (l.) und Arne Friedrich: Zwei Bundesliga-Manager, für die es ganz schnell auf die große Bühne ging.Vergrößern des Bildes
Hasan Salihamidzic (l.) und Arne Friedrich: Zwei Bundesligamanager, für die es ganz schnell auf die große Bühne ging. (Quelle: imago-images-bilder)
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Sie verwalten Millionen und entscheiden über Erfolg oder Ruin ihrer Klubs: Die Manager sind die Schlüsselfiguren im Fußballgeschäft. Doch in der Bundesliga haben viele von ihnen einen großen Nachteil.

Wenn Sie das Ziel hätten, Trainer in der Bundesliga zu werden, müssten Sie mehrere Jahre die Schulbank drücken. Sie bräuchten zuerst die C-Lizenz, dann die B-Lizenz. Anschließend ist die DFB-Elite-Jugend-Lizenz vonnöten, und dann folgt die A-Lizenz.

Wenn Sie diese vier Scheine besitzen, haben Sie meistens mehrere Jahre Ausbildung hinter sich und dürften zumindest in der Regionalliga trainieren. Für die Bundesliga ist der "Fußball-Lehrer" Pflicht. Nur mit dieser abgeschlossenen Ausbildung dürften Sie einen der Klubs im Oberhaus trainieren.

Wenn Sie das Ziel hätten, als Chef dieser Bundesligatrainer zu arbeiten, bräuchten Sie keinerlei Ausbildung, nur gute Kontakte.

Der Aufruf mehrerer Manager

Ja, das ist die Realität im deutschen Profifußball. Wer Manager oder Sportdirektor einer Bundesligamannschaft werden will, braucht keine Lizenz oder eine bestimmte Ausbildung. Es reicht oft, Ex-Spieler gewesen zu sein.

Es ist ein großes Versäumnis im deutschen Fußball, das viele Manager selbst bereits kritisiert haben. Drei Beispiele:

Ralf Rangnick (ehemals TSG Hoffenheim, RB Leipzig): "Was ich überhaupt nicht verstehe, ist, dass es für den Beruf des Sportdirektors/Managers keinen vorgeschriebenen Ausbildungslehrgang gibt. Wir entscheiden über so viel Geld, über Transfers, und im Prinzip gibt es überhaupt keinen Ausbildungsweg dafür." – Quelle: "Sportbuzzer Fan Talk 3.0".

Max Eberl (Borussia Mönchengladbach): "Ich halte das für absolut logisch und notwendig, dass man eine Grundausbildung in diesem Job hat. Schließlich sind wir verantwortlich für Vereine, die Umsätze von 100 bis 700 Millionen Euro machen." – Quelle: t-online.

Thomas Eichin (ehemals Werder Bremen, 1860 München): "Als Bald-Sportdirektor sollte man erst ein, zwei Jahre lernen, bevor man einen Klub übernimmt. Zugespitzt sage ich mal: Nur weil man selbst auf höherem Niveau gespielt hat, kann man nicht gleich einen Verein leiten." – Quelle: t-online.

"Es hilft enorm, diverse Vorkenntnisse zu haben"

Es gibt mehrere aktuelle Manager, die aufgrund des Mangels einer zentralen Ausbildung selbst tätig wurden. Sie suchten sich ihre Optionen, um nicht unvorbereitet in den Job zu starten.

t-online hat mit drei von ihnen gesprochen:

Thomas Eichin, Leiter des Nachwuchsleistungszentrums von Bayer Leverkusen, machte ein Diplom im Bereich Sportmanagement.

Holger Sanwald, Geschäftsführer des 1. FC Heidenheim, studierte Wirtschaftswissenschaften.

Und Christoph Spycher, Sportdirektor der Young Boys Bern (Schweiz), absolvierte eine Sportmanagement-Weiterbildung.

Alle drei sind sich in einem Punkt einig: Eine Vorbildung hilft und erleichtert den Job, ist aber kein Freifahrtschein für eine erfolgreiche Managerkarriere. Eichin: "Vergleichen wir das mit dem Trainerbereich: Alle möglichen Lizenzen zu erwerben, macht dich nicht automatisch zu einem guten Trainer. Dazu gehört mehr. Es gibt auch sehr gute Trainer, die nur die B-Lizenz haben. So ist es auch auf der Managerebene."

Sanwald pflichtet bei: "Es hilft enorm, diverse Vorkenntnisse zu haben. Egal, ob durch Berufserfahrung, Studium oder eine entsprechende Management-Ausbildung." Ohne das Studium wäre Sanwalds Job in Heidenheim um ein Vielfaches schwieriger gewesen. "Ich bin jeden Tag in so vielfältige Themen involviert. Natürlich in erster Linie in sportliche, aber vor allem auch kaufmännische Themen oder Personalentscheidungen zählen dazu. Man muss sehr breit aufgestellt sein, um all das abdecken zu können."

Der wichtige Grundstein

Was viele erfolgreiche Manager in Deutschland verbindet, ist der Start in kleinerer Rolle. Doch bei einigen kommt es auch zum sofortigen Sprung auf die ganz große Bühne, der kommt allerdings oft zu früh. Die fehlende Erfahrung macht sich schnell bemerkbar. Hasan Salihamidzic zum Beispiel wechselte von null auf hundert auf den Chefsessel beim FC Bayern. Und in seinem ersten Jahr als Sportdirektor des Rekordmeisters musste er viel Kritik einstecken. Vor allem seine mediale Arbeit und seine Kaderplanung wurden gerne hinterfragt.

Auch für Arne Friedrich ging es im Januar 2021 bei Hertha BSC sehr schnell. Etwas mehr als ein Jahr zuvor engagierte ihn Jürgen Klinsmann als "Performance Manager", der sich mit neuen Trainingsmethoden befassen sollte. Nun, nach der Entlassung von Michael Preetz, war er plötzlich der Mann, der im Klub die wichtigen sportlichen Entscheidungen treffen sollte. Bei seiner Vorstellung erklärte er offen und ehrlich: "Von heute auf morgen Hauptverantwortlicher zu werden, ist ein Brett. Das muss ich schon sagen. Das habe ich mir anders vorgestellt."

Weder Salihamidzic noch Friedrich hatten mehrere Jahre Ausbildung oder eine Findungsphase im Verein. Dabei ist genau das essenziell für die Karriere, meint Max Eberl, der vor seiner Zeit als Manager der Profis in der Jugendabteilung Gladbachs arbeitete. 2018 sagte er in einem Interview zu t-online: "Für mich war die Zeit als Jugenddirektor die bestmögliche Ausbildung. In dem Posten kannst du Fehler machen, ohne eine öffentliche Diskussion auszulösen. Es sind viel kleinere Summen, aber trotzdem trägt man Verantwortung für viele Menschen. Da geht es zum Teil auch um banale Dinge wie die Organisation von Fahrdiensten."

"Von der Pike auf"

Die Wege anderer Manager sehen ähnlich aus: Holger Sanwald zum Beispiel arbeitete nach seinem fertigen Studium ehrenamtlich als Abteilungsleiter in Heidenheim, als der Klub, der damals noch Heidenheimer SB hieß, noch eher unbedeutend war. Mit der Zeit stieg man aber mehrmals auf, bis hin zur zweiten Liga. 2008 wurde Sanwald hauptamtlicher Geschäftsführer. Während er zu Beginn zeitweise der einzige Mitarbeiter im Verein war, ist er heute für 400 Beschäftigte zuständig.

Christoph Spycher begann 2014 als Talentmanager in Bern. "Dort konnte ich alles von der Pike auf lernen", so Spycher. Gleichzeitig suchte er aber nach theoretischem Input. "Dafür habe ich die B-Lizenz als Trainer gemacht und die besagte Weiterbildung mit Diplom absolviert. Sie war ein Baustein auf meinem Weg. Das war kein großes Studium über drei Jahre, sondern bestand aus mehreren Modulen, die jeweils rund eine Woche dauerten und mir geholfen haben." Im Herbst 2016 wurde er zum Sportdirektor befördert.

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Auch Thomas Eichin fing "unten" an. Neben seinem Dasein als Fußballprofi von Borussia Mönchengladbach machte er sein Diplom im Sportmanagement. "Meine Themen waren unter anderem Vereinsmanagement und Konzeption von Freizeitanlagen. Ich war Marketingassistent von Ingo Schiller und Thomas Röttgermann. Zwei Personen, die heute führende Rollen bei großen Profiklubs (Hertha BSC und Fortuna Düsseldorf, Anm. d. Red.) innehaben. Dort habe ich Bierkästen von A nach B geschleppt, Tische im VIP-Bereich dekoriert oder Tickets verkauft. Und abends habe ich dann mit der zweiten Mannschaft trainiert und am Wochenende gespielt. Es war harte Arbeit, von Anfang an, aber das war mir wichtig und ich habe Dinge gelernt, die ich heute noch brauche."

Nachhaltige und konstante Arbeit

Das, was Eichin, Eberl und Co. beschreiben, ist die Zeit, in der man als Trainer gut geplant und vorgegeben die C- oder B-Lizenz im Jugend- oder Amateurfußball macht. Man wird wohl kaum einen Trainer oder einen Manager finden, der diese Zeit abseits der großen Bühne heute missen wollen würde.

Dass also Vorbildung und die Arbeit an der Basis Erfolg nach sich ziehen, ist nachvollziehbar. Und es ist auch kaum verwunderlich, dass viele "ausgebildete" Manager eine Sache vereint: Ihre Vereine haben oft nachhaltigen Erfolg. Max Eberl in Mönchengladbach, Jochen Saier beim SC Freiburg oder Holger Sanwald beim 1. FC Heidenheim haben ihre Vereine weiterentwickelt. Trainer sitzen in diesen Klubs – anders als bei vielen anderen Profivereinen – nicht automatisch auf einem Schleudersitz, sondern bekommen Ruhe und Zeit. Die Klubs arbeiten nachhaltig und konstant.

Die Wende

Es kristallisiert sich heraus, dass die Vereine davon profitieren, wenn ihre Manager mehr als "nur" Ex-Profis sind. Andere Länder sind Deutschland bei dieser Erkenntnis einen Schritt voraus. In England zum Beispiel sind stetige Weiterbildungen für sportliche Leiter verpflichtend. Beispiel: Wenn der Leiter eines Nachwuchsleistungszentrums über einen bestimmten Zeitraum keine Kurse wahrnimmt, wird die ganze Akademie in ihrem Status heruntergestuft.

DFB und DFL zogen vor geraumer Zeit nach. DFB-Akademieleiter Tobias Haupt setzte sich kurz nach seiner Anstellung 2018 dafür ein, ein zentrales Ausbildungsangebot zu machen. Zusammen mit mehreren Bundesliga-Managern wurde ein Kurs mit Zertifikat entwickelt, der genau das erfüllen soll. 2020 stellten DFB-Direktor Oliver Bierhoff und DFL-Geschäftsführer Christian Seifert diesen vor. "Der Start des Zertifikatsprogramms im vergangenen Jahr war ein Meilenstein für uns. Wir bilden dort die Meistermacher der Zukunft im deutschen Fußball aus", erklärt Haupt bei t-online.

Das Auswahlverfahren funktioniert so, dass jeder Profiklub die Chance hat, einen Vertreter aus den eigenen Reihen vorzuschlagen. Die Verbände entscheiden dann, wer den Zuschlag bekommt. Denn nur 14 Plätze sind zu vergeben. Im ersten Jahrgang sind unter anderem auch prominente Namen wie Marcel Schäfer (Sportdirektor VfL Wolfsburg) oder Christian Gentner (Spieler von Union Berlin) dabei.

Die DFL zieht ein positives Zwischenfazit. Auf Anfrage von t-online erklärt DFL-Direktor Ansgar Schwenken: "Die Teilnehmer haben sowohl in persönlichen Gesprächen als auch in den Seminaren – wie gerade erst Mitte März im Rahmen der Module, die unter Federführung der DFL umgesetzt werden – sehr hohe Aufmerksamkeit und Wissbegierde gezeigt. Bezeichnend ist, dass die Lehrgangstage aufgrund des großen Interesses der Teilnehmer durchaus auch mal länger als geplant andauern."

Wird der Kurs zur Pflicht?

Bisher ist das Zertifikat nur ein Angebot, keine Pflicht. Das ist kein Versäumnis, sondern eine bewusste Entscheidung, erklärt Haupt: "Wir haben gemeinsam mit der DFL und den Bundesligaklubs intensiv darüber diskutiert, ob wir das Zertifikat verpflichtend machen oder nicht. Unsere Überzeugung ist, dass wir zunächst einmal inhaltlich überzeugen wollen. Das Ziel ist, die Teilnehmer auf einem Top-Niveau auszubilden, sodass Bundesligisten zukünftig, wenn es um die Besetzung von Spitzenpositionen im sportlichen Bereich geht, gar nicht umhinkommen, auf die Absolventen des gemeinsamen Programms von DFL und DFB zurückzugreifen."

Auch Schwenken betont: "Bei einer möglichen Verknüpfung mit dem Lizenzierungsverfahren gäbe es verschiedenste Aspekte zu beachten. Eine dahingehende Beurteilung käme derzeit, während noch nicht einmal der erste Jahrgang abgeschlossen ist, zu früh."

Doch DFL und DFB halten sich offen, den Kurs in Zukunft zur Pflicht zu machen. Haupt: "Im ersten Schritt soll sich das Programm in den kommenden Jahren inhaltlich und in der Qualität erst einmal bewähren. Ob es zukünftig einmal verpflichtend werden soll, hängt nicht zuletzt von der weiteren Entwicklung des Fußballs und den zukünftigen Anforderungen der Bundesligisten ab."

Keine größere Teilnehmerzahl

Klar ist: Das Kursangebot könnte gleich mehrere positive Auswirkungen haben. Neben der besseren Vorbereitung zukünftiger Manager könnte es auch dazu führen, dass sich mehr Ex-Profis für eine solche Aufgabe interessieren. Eine Chance, das Wissen und die Erfahrungen langjähriger Spieler zu wahren.

Wer sich aber die Liste der ersten 14 Teilnehmer anschaut, dem fällt noch ein weiterer Aspekt zur Verbesserung auf: Es fehlt eine Frau. Die Kritik weist die DFL von sich – aus gutem Grund: "Teilnehmerinnen sind beim Lehrgang selbstverständlich genauso willkommen wie Teilnehmer. Für den ersten Jahrgang hat es keine Bewerberin aus den Reihen der Klubs gegeben." Während der deutsche Fußball bei der Ausbildung der Manager einen großen Schritt nach vorne gegangen ist, gibt es an anderen Stellen also weiter Luft nach oben.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Telefonisches Interview mit Thomas Eichin
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