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US-Proteste wegen George Floyd — Terrence Boyd: "Trump, schämst du dich nicht?"


Terrence Boyd
"Trump ist eine der schlimmsten Personen unseres Planeten"

InterviewVon Robert Hiersemann

Aktualisiert am 05.06.2020Lesedauer: 4 Min.
Interview
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Von US-Präsident Donald Trump hält er reichlich wenig: Terrence Boyd (l.) absolvierte für die Fußball-Nationalmannschaft der Vereinigten Staaten insgesamt 14 Spiele.Vergrößern des Bildes
Von US-Präsident Donald Trump hält er reichlich wenig: Terrence Boyd (l.) absolvierte für die Fußball-Nationalmannschaft der Vereinigten Staaten insgesamt 14 Spiele. (Quelle: t-online.de/imago-images-bilder)

Sein Vater ist Afro-Amerikaner, die Mutter Deutsche. Im Interview vergleicht der ehemalige Fußball-Nationalspieler der USA Kanzlerin Merkel mit seiner Oma und nennt Trump "eine der schlimmsten Personen der Welt".

In der Brust von Terrence Boyd schlagen zwei Herzen: ein deutsches und ein amerikanisches. Denn er ist der Sohn eines afroamerikanischen Soldaten und einer Deutschen. Boyd selbst wurde in Bremen geboren – und machte hier, in Deutschland, auch Karriere. Der heute 29-Jährige spielte für RB Leipzig und Darmstadt 98 in der Bundesliga, trainierte unter Jürgen Klopp beim BVB. Bis 2016 lief er zudem für die US-Nationalmannschaft auf. Inzwischen steht er beim Halleschen FC in der dritten Liga unter Vertrag.

Und vor allem ein Thema treibt ihn aktuell um: Die Proteste in den USA gegen Rassismus, die durch den gewaltsamen Tod des 46-jährigen George Floyd in Minneapolis ausgelöst wurden. Boyd hat Familie in New York, sein Cousin protestiert aktuell dort auf der Straße. Und am liebsten wäre er selbst mit dabei.

Doch durch die Corona-Krise und das damit verbundene US-Einreiseverbot ist das nicht möglich. Boyd schaut von außen auf die Vereinigten Staaten. Wie er sich dabei fühlt, weshalb er Angela Merkel mit seiner eigenen Oma vergleicht und warum er glaubt, dass es bei den Protesten im Heimatland seines Vaters "knallen" muss, erklärt er im Interview mit t-online.de

Herr Boyd, Sie sind in Bremen geboren, haben aber einen afroamerikanischen Vater und spielten selbst für die US-Nationalmannschaft. Was ist Ihr erstes Gefühl, wenn Sie aktuell an Donald Trump denken?

Terrence Boyd (29): Ich bin traurig. Donald Trump ist eine der schlimmsten Personen unseres Planeten. Er treibt sein Land auseinander und sorgt dafür, dass in den USA alles immer noch schlimmer wird. Ich liebe die Vereinigten Staaten, aber ich hasse, was Trump aus dem Land gemacht hat.


Stellen Sie sich vor, Sie könnten Trump heute persönlich gegenübertreten: Was würden Sie ihm wohl sagen?

Ganz klar: Donald, schämst du dich nicht? Doch Trump ist so selbstherrlich, dass ihn wohl selbst das nicht interessieren würde.

Sie haben viele Freunde und Verwandte in den USA. Wie erleben sie die Entwicklungen im Land nach dem Tod von George Floyd?

Viele von ihnen sind sehr wütend. Ein Teil meiner Familie wohnt in New York, dort kommt auch mein Vater her. Ich habe gerade erst mit meinem 21-jährigen Cousin geschrieben. Ich bin stolz auf ihn. Er geht auf die Straße, um zu protestieren.


Was haben Sie genau zu ihm gesagt?

Pass auf Dich auf, es ist gefährlich – aber Du tust genau das Richtige. Für mich persönlich ist es extrem schwer, dass ich nur von außen über die Situation sprechen kann. Ich wäre gerne jetzt selbst dort.

In New York?

Ja. Es ist ein ganz seltsames Gefühl, aktuell in Deutschland zu sein und die Situation nur zu beobachten: Ich schäme mich fast dafür, dass ich gerade nicht auf den Straßen New Yorks mitlaufe. Am liebsten würde ich ins nächste Flugzeug in die USA steigen, um dort zu protestieren. Doch das geht durch Corona leider nicht. Es ist historisch, was dort gerade passiert.

Es gibt viele friedliche, aber eben auch einige gewalttätige Proteste.
Natürlich dürfen keine Autos in Brand gesetzt oder Polizisten angegriffen werden. Die meisten Polizisten haben Familie und sind tolle Menschen. Doch wir müssen ehrlich zu uns selbst sein: Es gibt kaum eine andere Lösung. Der Protest muss laut sein, es muss knallen. Denn es reicht! Afroamerikaner müssen sich gegen die ständige Ungerechtigkeit zur Wehr setzen.

Rassismus existiert nicht nur den USA, sondern auch in Deutschland. Sie waren Zeuge des antisemitisch motivierten Anschlags von Halle im Oktober 2019.

Rassismus ist auch in Deutschland ein Problem. Aber es hat eine ganz andere Dimension als in den USA. Die Vereinigten Staaten brechen deshalb gerade auseinander. Deutschland ist weiter ein stabiles Land.

Woran liegt das?

Gerade jetzt, während der globalen Corona-Krise, wird doch noch deutlicher, wie wichtig Kanzlerin Angela Merkel für unser Land ist. Merkel hat die dicksten Eier von allen Politikern auf dieser Welt. Wir steuern als Vorreiter durch die Pandemie. Jeder beneidet uns, selbst die ersten drei Fußball-Ligen laufen wieder. Wir werden von guten, intelligenten Menschen regiert. Als Merkel im vergangenen Jahr ihre Zitteranfälle hatte, war das für mich ganz schlimm zu sehen: Es war, als wenn meine eigene Oma krank gewesen wäre.


Noch einmal zurück zu dem Attentat von Halle: Der Täter war uniformiert und schwer bewaffnet. Diese "Outfits" sieht man aktuell auch häufig in den USA – mitten auf gut gefüllten Straßen. Was lösen diese Menschen in Ihnen aus?

Ich war damals in Halle zum Glück in einem Café, weil ich interviewt wurde. 100 Meter weiter erschoss der Täter in einem Döner-Imbiss eine Person. Hätte ich nicht das Interview gegeben, wäre ich zu diesem Zeitpunkt wohl genau in diesem Döner-Imbiss gewesen, um mir etwas zu essen zu holen. Diese Irren – in Deutschland wie auch in den USA – kleiden sich, als würden sie gerade ihre Rolle in GTA (ein populäres, gewalttätiges Videospiel, Anm. d. Red.) zocken. Schrecklich. In was für einer Welt leben wir eigentlich?

Sie selbst spielen auch heute noch in Halle Fußball. Wo wollen Sie nach Ihrer Karriere leben?

Ich habe mein Leben lang gesagt, dass ich später in den USA wohnen möchte – viel Sonne, ein cooles Land. Doch seitdem ich eine Frau und zwei Kinder habe, ist das anders – vor allem aufgrund der Politik von Donald Trump. Ich bleibe auch nach meiner Karriere in Deutschland. Denn hier wirst du, wenn du ins Krankenhaus eingeliefert wirst, nicht als erstes danach gefragt, wie du später den Aufenthalt bezahlst und du kannst dir als 16-Jähriger auch keine vollautomatische Waffe kaufen. Deutschland ist für mich das beste Land auf der Welt.

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