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Mesut Özils Israel-Post auf Instagram: Der Fall des Ex-DFB-Stars


Aufschrei nach skandalösem Post
Mesut Özil: Märtyrer und Marionette

Von t-online
Aktualisiert am 01.08.2024Lesedauer: 4 Min.
Mesut Özil und Recep Tayyip ErdoganVergrößern des Bildes
Auslöser einer großen Debatte: das Foto von Recep Tayyip Erdoğan (r.) und Mesut Özil. (Quelle: -/AP/dpa/dpa)

Immer wieder sorgt Mesut Özil mit politischen Aussagen für Aufsehen. Mit seinem letzten Post in den sozialen Medien provozierte er einmal mehr.

Immer wieder Mesut Özil. Früher gab es um den Weltmeister von 2014 Diskussionen, um seine Leistungen auf dem Fußballplatz. Jetzt geht es um seine politischen Äußerungen. Früher magisch auf dem Platz, jetzt verheddert er sich regelmäßig mit Äußerungen zur Weltpolitik.

Auch mehr als fünf Jahre nach dem großen Knall um die Fotos mit dem türkischen Staatspräsidenten Erdoğan, ist es für viele nicht vorstellbar, den Rio-Weltmeister ohne Emotionen zu betrachten.

Für die einen, die zu ihm halten, hat Özil die Züge eines Fußball-Märtyrers, der für seine gesellschaftspolitischen Gedanken im Streit mit dem Deutschen Fußball-Bund sogar seine Länderspielkarriere opferte. Für andere ist er nur noch eine Marionette politischer und religiöser Kräfte jenseits demokratischer Werte. In sozialen Netzwerken liefert Özil mit kontroversen Meinungen dafür Argumente. Viel dreht sich bei ihm um Religion. Um den Fußballer Mesut Özil geht es schon lange nicht mehr.

In den letzten Tagen nämlich sorgte Mesut Özil einmal mehr mit einem politischen Post in den sozialen Medien für Aufsehen. Der 35 Jahre alte Weltmeister von 2014 hatte auf Instagram eine Karte von Israel gepostet. Dabei war der Name des Landes durchgestrichen, stattdessen stand darunter das Wort "Palestine", also Palästina. Bereits zuvor hatte Özil mehrfach in den sozialen Medien seine Solidarität mit den Palästinensern ausgedrückt.

Der jüdische Sportverband Makkabi Deutschland reagierte klar – und mit deutlicher Kritik. "Natürlich wünschen wir uns, dass sich auch der DFB zu der Sache äußert und sich öffentlich von Özil distanziert", hieß es von Makkabi-Präsident Alon Meyer. Er bezeichnete den Post als "israelfeindlich" und warf ihm vor, Anhänger eines geschlossenen antisemitischen Weltbildes zu sein.

"Unsäglich, unfassbar", sagte dann auch CSU-Generalsekretär Martin Huber der "Bild". Özil sei mit seinem offenen Antisemitismus und seiner Nähe zu den Grauen Wölfen "ein Musterbeispiel für misslungene Integration", ergänzte der 46 Jahre alte Politiker. Die "Grauen Wölfe": ein anderes Thema, mit dem Mesut Özil bewusst provoziert – zuletzt während der EM in Deutschland.

Özil hatte bei Instagram ein Bild des umstrittenen Wolfsgruß-Jubels des türkischen Nationalspielers Merih Demiral geteilt. Als "Graue Wölfe" werden die Anhänger der rechtsextremistischen "Ülkücü-Bewegung" bezeichnet, die in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

Das Bild war einige Stunden vor dem EM-Viertelfinale des Teams gegen die Niederlande, das Özil mit seinem Trauzeugen und türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan besucht hatte, in einer Instagram-Story zu sehen. Versehen war es mit einer Anfeuerung für die Türkei. Demiral war für die Geste von der Uefa für zwei Spiele gesperrt worden.

Bierhoff: "Es tut mir leid"

Mesut Özils Vater Mustafa, lange Berater und später nur noch Beobachter der Karriere seines Sohnes, wünschte sich in einem Interview mit der "Sport Bild" im vergangenen Jahr einen "Zauberstab", um die Ereignisse rückgängig machen zu können. "Mesuts Karriere durfte so nicht enden. Ich akzeptiere es bis heute nicht. Ich bin traurig und enttäuscht. Es tut mir weh", sagte er.

Oliver Bierhoff, langer Wegbegleiter als DFB-Direktor sah das ähnlich. "Ich hatte noch ein, zweimal mit ihm Kontakt, allerdings nur einen kurzen Gruß per SMS", sagte Bierhoff. "Es tut mir leid, wie es geendet ist."

Mesut Özil polarisierte schon immer. Allen recht machen konnte es der Einwanderer-Enkel aus Gelsenkirchen nie.

Verhängnisvolles Foto

Der ehemals große Fußballer auf einem Bild mit wichtigen Politkern, das war schon immer selbstverständlich. 2010 bekam er das Silberne Lorbeerblatt vom damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff. 2012 schaute wieder Merkel zum Plausch im EM-Quartier vorbei. Doch dann kam im Mai 2018 jenes Foto. Özil mit Recep Tayyip Erdoğan. Dem türkischen Staatschef. Damals noch kein zwangsläufig akzeptierter möglicher Vermittler für Frieden in der Ukraine und im Nahen Osten, sondern eine Persona non grata für viele Demokraten.

Der Vorwurf: zu große Nähe zu dem Staatschef des Landes der Vorfahren, kein klares Bekenntnis zu Deutschland und der Nationalmannschaft. Dabei überreichte Özil doch gar kein Türkei-Trikot, sondern das ähnlich rote seines damaligen Klubs FC Arsenal. Er schaffte nicht den verbalen Spagat, wie sein ebenfalls mit Erdoğan in einem Londoner Hotel abgelichteter Kollege İlkay Gündoğan.

Özil fühlte sich in die Ecke gedrängt. Er fühlte sich nur als Gastarbeiter, mit der Betonung auf Gast. Alle Integrationskampagnen waren mit einem Mal verpufft. Sich erklären konnte er noch nie gut, reden auch nicht. Sein Umfeld nutzte das No-Go-Foto offenbar auch für seine Zwecke. Der Einwanderer-Enkel war jetzt irgendwie nur noch Spielball in einem Geflecht aus Historie und Interessen jenseits des Sports. Deutschland scheute nämlich den ehrlichen Blick in den Spiegel seiner Denke über Gastarbeiter, egal, wie viele Tore die für Schwarz-Rot-Gold schossen. Die Nationalmannschaft wurde plötzlich in Kartoffeln und Kanaken aufgeteilt, wurde geschrieben. Ob das auch im Mannschaftskreis selbst geschah, das wurde öffentlich nie aufgearbeitet.

Vom Fußballer zum Trauzeuge

Bierhoff und der damalige DFB-Präsident Reinhard Grindel konnten auch nicht vermitteln, die Krise nicht abmoderieren. Der damalige Bundestrainer Joachim Löw, eigentlich für gesellschaftliche Fragen immer offen und rhetorisch kompetent, pochte auf die sportlichen Aspekte, war auch kein Diplomat und kein Entscheider, ein erstes Zeichen seiner sich zum Ende neigenden Erfolgsära.

In Russland kam das historische WM-Aus in der Vorrunde. Özil war der Buhmann. Und nahm diese Rolle gekränkt an. Rücktritt mit Rassismus-Vorwürfen nach 92 Länderspielen in einem mehrteiligen Online-Beitrag, der in Komplexität und Tonalität niemals von Özil selbst verfasst worden sein konnte. Und dann der Rückzug in die Heimat seiner Vorfahren. Erdoğan war plötzlich enger Freund und wurde sogar Trauzeuge.

Eine Annäherung zwischen Özil und dem DFB gab es seither nicht. Einen ersten Schritt würde wohl Özil machen müssen. "Als deutscher Fußball wie auch als Land haben wir alles dafür getan, dass Mesut sich bei uns wohlfühlen kann. Wenn er das inzwischen anders sieht, tut mir das leid", sagte Bierhoff, der beim DFB nach der Katar-WM ausschied. "Das Kapitel ist jetzt abgeschlossen, natürlich verbunden mit großer Dankbarkeit für seine Leistungen", sagte Bierhoff. Verheilt sind die Wunden aber offenbar noch nicht.

Verwendete Quellen
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