Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Trainerentscheidung beim BVB Er muss seinen größten Fehler beheben
Der durch die Liga taumelnde BVB hält zum Erstaunen vieler Experten am Trainer fest. Dortmunds Boss Watzke geht damit ein Risiko ein, das zu begrüßen ist.
Nun ist es also klar: Edin Terzić bleibt auch im neuen Jahr Trainer von Borussia Dortmund. Trotz zuletzt enttäuschender Ergebnisse und Leistungen seines Teams. Das ist das Ergebnis der Halbserien-Analyse von BVB-Boss Hans-Joachim Watzke, Sportdirektor Sebastian Kehl und Berater Matthias Sammer, die mit Spannung erwartet worden war.
Dazu kann man nur sagen: Riskant, aber gut so!
Riskant, weil Watzke und Co. nicht die Garantie haben, dass die Mannschaft mit Terzić eine ähnlich fabelhafte Aufholjagd hinlegt wie in der Rückrunde der vergangenen Beinahe-Meister-Saison. Riskant auch deshalb, weil es angeblich Strömungen im Kader gibt, die sich von Terzić abwenden. Wie groß die angeblichen Risse sind? Unklar, aber gefährlich.
Gut so, weil Watzke und seine Mitstreiter die Luft aus der überhitzten, teilweise absurden Trainerdiskussion herausnehmen und sich nicht von Medien und Expertenmeinungen treiben lassen. Sich dem gängigen Reflex der Branche – erste Krise gleich Trainer-Rauswurf – widersetzen. Das ist erfrischend anders.
Dortmunds zwei Gesichter: Wie kann das sein?
Schließlich waren seit der Klopp-Ära schon genug BVB-Trainer über die rasend machende Inkonstanz der millionenschweren Balltreter gestolpert.
Ex-Nationalspieler Dietmar Hamann brachte es nach dem Mainz-Spiel auf den Punkt: "Der Trainer ist der ärmste Hund. Er hat sie geschützt, gestützt und alles gemacht für diese Spieler."
Und weiter: "Man muss den Spielern mal die nötigen Takte sagen, dass sie gut verdienen und jede Woche vor 80.000 Zuschauern spielen. Die Spieler haben auch eine Verantwortung und der sind sie in den letzten acht Wochen viel zu selten gerecht geworden."
Denn wie kann es sein, dass Dortmund in der ersten Halbzeit den Gegner an die Wand spielt und es nach der Pause so aussieht, als stünden elf nur noch halb so gute Spieler auf dem Platz, die sich im eigenen Stadion vom Vorletzten der Bundesliga den Schneid abkaufen lassen?
Das ist doch absurd
Hat dann der Trainer die Mannschaft vor dem Spiel noch erreicht, in der Halbzeitpause aber – wie es im Experten-Sprech abgedroschen heißt – "die Kabine verloren"? Das ist doch absurd und wirft eher ein bedenkliches Licht auf die Spieler als auf den Trainer. Diese nimmt Watzke mit seiner Entscheidung nun in die Pflicht. Richtig so.
Zur Erinnerung: Terzić war derjenige, der Dortmund praktisch aus dem Stand zum letzten Titel führte, als er in der Saison 2020/21 von Lucien Favre übernahm und ohne vorherige Cheftrainer-Erfahrung im Profibereich den Pokal gewann.
Als es unter Marco Rose nicht lief, schrien alle nach Terzić. Er kam zurück und der Meisterschaft so nah wie kein anderer Trainer nach Jürgen Klopp. Bis zur vorletzten Minute der vergangenen Saison hieß der Deutsche Meister Borussia Dortmund.
12. Spieltag
Freitag, 29.11.
Samstag, 30.11.
Klar, davon kann sich beim BVB niemand mehr etwas kaufen. Aber es zeigt, wie sehr Erfolge und "Alles-in-Schutt-und-Asche-Reden" beieinanderliegen.
Bis vor einer Woche und den missratenen Partien gegen Augsburg und Mainz (je 1:1) war Terzić derjenige, dessen Team im Kalenderjahr 2023 die meisten Punkte erspielt hat. Mehr als Bayern, mehr als Leverkusen, mehr als Leipzig. Und trotz der jüngsten Negativserie mit nur einem Erfolg aus acht Ligaspielen ist die Borussia noch immer die Mannschaft, die 2023 die wenigsten Niederlagen in der Bundesliga kassierte (4 in 35 Ligaspielen).
Zahlen, die belegen, dass nicht alles schlecht gewesen sein kann. Die aber auch genauso schnell vergessen werden beim Blick auf das, was aktuell auf dem Rasen passiert. Denn – und das ist auch klar – die Darbietungen zuletzt waren bedenklich.
Terzićs größter Fehler
Dass auch Terzić Fehler gemacht hat, steht ebenso außer Frage. Vor allem die nicht zu einer Spitzenmannschaft passende passiv-defensive Herangehensweise in mehreren Auswärtsspielen. Das war den Spielern nicht zu vermitteln und den Fans schon gar nicht.
Er zog damit die falschen Schlüsse aus der vergangenen Saison, als es zu viele und zu einfache Gegentore hagelte, was immer wieder für Kritik sorgte. "Weniger sexy, mehr Erfolg" war sein Leitsatz. Doch der ging im wahrsten Sinne nach hinten los. Die Gegentorzahl nahm sogar noch zu.
Davon muss er sich lösen. Eine abwartende Spielweise darf von nun an ohnehin nicht mehr das Mittel der Wahl sein. Dortmund startet nach der Winterpause in Darmstadt, muss danach in Köln, gegen Bochum und in Heidenheim ran. Gibt es da nicht zwölf Punkte, steht Watzke wieder vor der gleichen Situation wie jetzt.
Für den Moment aber gilt: Dortmunds Klubchef hält sein vor der Saison gegebenes Wort: "Wir gehen die nächsten Jahre den Weg mit Edin Terzić. Punkt, aus." Ob das lediglich seiner Glaubwürdigkeit zuträglich ist oder auch dem Erfolg seines Klubs, wird freilich erst das Frühjahr zeigen.
- Eigene Beobachtungen