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Werder Bremen vor Abstieg: Warum Florian Kohfeldt trotzdem bleiben muss


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Bremen vor dem Abstieg
2. Liga statt Europa: Warum Kohfeldt trotzdem Trainer bleiben muss

MeinungVon Timo Volkmann

Aktualisiert am 27.06.2020Lesedauer: 3 Min.
Florian Kohfeldt: Der Werder-Trainer steht mit seiner Mannschaft vor dem Abstieg.Vergrößern des Bildes
Florian Kohfeldt: Der Werder-Trainer steht mit seiner Mannschaft vor dem Abstieg. (Quelle: Poolfoto/imago-images-bilder)
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Werder Bremen droht der bittere Gang in die 2. Liga. Dass Florian Kohfeldt nun infrage gestellt wird, ist falsch – eine Entlassung des Trainers wäre der größte Fehler, den der Klub jetzt machen könnte.

Das, was selbst die größten Skeptiker vor der Saison nicht für möglich gehalten haben, ist fast besiegelt: Werder Bremen muss nach 40 Jahren sehr wahrscheinlich den Gang in die 2. Liga antreten. Eine in mehrfacher Hinsicht desaströse Saison könnte nach dem Heimspiel gegen Köln am Samstag tatsächlich ein trauriges Ende finden. Und danach muss alles hinterfragt werden an der Weser. Nur einer nicht: Trainer Florian Kohfeldt.

Das 1:3 in Mainz war gerade einmal wenige Minuten alt, als Kohfeldt vor das Sky-Mikrofon trat und fast schon desillusioniert wirkte. So hatte man den Trainer des SV Werder zuvor noch nie erlebt.

Der, der immer bereitwillig wie kein Zweiter in die Analyse geht, detailliert erklärt, woran es denn dieses Mal wieder gelegen hat, dass sein Team nicht zu mehr imstande war, wollte einfach keine Spielbewertung vornehmen. Mehr noch: Er machte deutlich, keine taktische Lösung mehr für das zu haben, was seine Bremer über 90 Minuten zuvor und zum wiederholten Male falsch gemacht hatten. "Brutal leer" fühle er sich, die Pleite täte ihm "sehr weh" – für den Verein, für die Mitarbeiter und für alle, die dem Verein die Stange hielten. Seine Worte glichen einer Bankrotterklärung. Erlebten die TV-Zuschauer hier einen Coach, der wie seine Mannschaft (fast) am Ende ist?

Kohfeldt war es, der Werder 2017 wieder auf Kurs brachte

Ex-Werder-Manager Willi Lemke ist sich sicher, dass es "eine sehr lebhafte Diskussion in Bremen" über Kohfeldts Zukunft geben wird. "Das wird einer der Punkte sein, die wir zu diskutieren haben", sagte Lemke bei "Wontorra – der Fußball-Talk" weiter.

Auch die Anti-Kohfeldt-Front im Internet formiert sich immer breiter gegen den "Trainer des Jahres 2018". Aussagen wie "Er ist total gescheitert", "Raus mit diesem Schwätzer", "Er soll seine Koffer packen und tschüss" oder auch "Du hast meinen Verein zerstört" sind dort zu lesen. Demnach stellt sich unweigerlich die Frage: War es das für Florian Kohfeldt als Werder-Trainer? Oder besser: Muss es das für ihn gewesen sein?

Die Antwort lautet ganz klar: nein! An der Weser wurden in der laufenden Saison zweifelsohne viele Fehler gemacht. Sehr viele sogar. Ja, Max Kruse wurde nicht adäquat ersetzt. Ja, der Kader wurde falsch zusammengestellt (zu alt, zu langsam, zu wenig körperlich, keine wirklichen Führungsspieler). Ja, es wurden zwar gestandene, aber viel zu verletzungsanfällige Bundesliga-Spieler (Füllkrug, Toprak) geholt. Ja, die Jugend wurde zuletzt zu sehr vernachlässigt. Ja, die Trainingsdosierung und die medizinische Abteilung müssen angesichts der vielen Verletzungen im Laufe der Saison hinterfragt werden.


An all dem trägt auch Florian Kohfeldt eine Mitschuld. Doch der 37-Jährige war es, der das abstiegsbedrohte Werder Bremen im Winter 2017 wieder auf Kurs brachte. Er verpasste dem damaligen Team eine klare Handschrift, im Vorjahr schrammte es nur haarscharf an Europa vorbei.

Er ist seit 19 Jahren im Verein, seit mehr als 30 Jahren Werder-Fan und brennt für die Grün-Weißen wie vermutlich kein Trainer zuvor an der Weser. Er ist eloquent und rhetorisch begnadet, zeigt sich taktisch hervorragend ausgebildet, versteht es, junge Spieler zu formen und zu verbessern. Kurzum: Er ist ein Trainerjuwel, das mit einer neu gewonnenen Erfahrung aus dieser Saison gehen wird. Dieser Trainer wurde nicht umsonst schon mit Vereinen wie Dortmund und zuletzt Hoffenheim in Verbindung gebracht.

Mit dem Abstiegstrainer in die 2. Liga? Freiburg hat es vorgemacht

Natürlich hat Kohfeldt in dieser Spielzeit viel Kredit verspielt. Jedoch hat er die Chance verdient, sich diesen Kredit wieder zurückzuholen – mit einer klaren Spielphilosophie, die in tollem Offensivfußball gipfelt, mit einer jungen und hungrigen Mannschaft und dem vor allem wirtschaftlich so wichtigen direkten Wiederaufstieg als oberstes Ziel. Der SC Freiburg hat genau das in der Vergangenheit schon bewiesen.

Die Breisgauer sind vor fünf Jahren mit Christian Streich in die zweite Liga gegangen, stiegen aber sofort wieder auf und kratzten in diesem Jahr dank der kontinuierlichen Arbeit Streichs sogar an den europäischen Plätzen. In Freiburg sind sie mehr als froh, diesen damals weniger erfolgreichen Christian Streich nach wie vor ihren Trainer nennen zu dürfen.

Klar ist: Werder Bremen spielt eine Saison zum Vergessen, der zweite Abstieg nach 1980 wäre sportlich absolut verdient, weil auf allen Ebenen zu viele Fehler gemacht wurden, die in der Regel bestraft werden. Doch der größte wäre, ohne Kohfeldt in die 2. Liga zu gehen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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