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Bundesliga: Werder Bremen zum Siegen verdammt – der tiefe Fall des Nordklubs


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Nach den goldenen Nullerjahren
Traditionsklub vor dem Abstieg: Der tiefe Fall von Werder Bremen


Aktualisiert am 13.06.2020Lesedauer: 5 Min.
Florian Kohfeldt: Der Werder-Trainer hat noch vier Spiele Zeit, um den zweiten Abstieg der Vereinsgeschichte zu verhindern.Vergrößern des Bildes
Florian Kohfeldt: Der Werder-Trainer hat noch vier Spiele Zeit, um den zweiten Abstieg der Vereinsgeschichte zu verhindern. (Quelle: Poolfoto/imago-images-bilder)

Über Jahrzehnte gehörte Werder Bremen zu den Top-Klubs der Bundesliga, duellierte sich mehrfach mit dem FC Bayern um die Meisterschaft. Nun steht der Verein vor dem zweiten Abstieg der Vereinsgeschichte.

Marco Bode und Dieter Eilts, Frank Baumann und Dieter Burdenski, Thomas Schaaf und Arnold Schütz. Sie alle haben eines gemeinsam: Legendenstatus bei Werder Bremen. Ob 1965, 1988, 1993 oder 2004: Alle vier feierten Deutsche Meisterschaften mit den Werderanern. Erfolge, von denen das aktuelle Team weit entfernt ist.

Mit Europa League-Ambitionen in die Saison gestartet, steht Werder Bremen vier Spieltage vor Saisonende auf Tabellenplatz 17. Der Rückstand zu Fortuna Düsseldorf und Relegationsplatz 16 beträgt drei Punkte, die Tordifferenz mit -33 ist verheerend. Bremen droht der zweite Abstieg der Vereinsgeschichte – ein noch vor Jahren undenkbares Szenario.

Die goldenen Jahre unter Schaaf und Allofs

Elf Jahre ist der letzte große Titel für den Nordklub von der Weser her. 2009 besiegte Werder im Pokalfinale Bayer Leverkusen mit 1:0. Zehn Tage zuvor stand die Truppe von Trainer Thomas Schaaf im Finale des UEFA-Cups (Vorgängerwettbewerb der Europa League) gegen Shakhtar Donetsk.

Es war das letzte glorreiche Jahr für Werder – auch wenn die Spielzeit 2008/2009 in der Liga nur auf einem unbefriedigenden zehnten Platz beendet wurde. Diese Saison markierte einen Ausrutscher in einem sonst herausragenden ersten Bundesliga-Jahrzehnt Werder Bremens im 21. Jahrhundert.

Von 2002 bis 2008 qualifizierte sich Werder immer für den europäischen Wettbewerb, ab 2004 fünf Jahre in Folge für die Champions League. Es waren goldene Jahre an der Weser mit dem Gewinn der Meisterschaft im Jahr 2004 als Highlight.

"Die Nullerjahre waren deshalb so besonders, weil die Mannschaft kontinuierlich auf sehr gutem Niveau gespielt hat. Da hat vieles zusammengepasst. Auch das Scouting war überragend", schwärmt Werder-Fan und Hip-Hop-Journalist Niko Hüls. "Da haben Spieler eine ganze Epoche geprägt. Wenn man sich überlegt, dass Diego und Mesut Özil zusammen in einem Kader waren – unvorstellbar heute."

Die erfolgreiche Werder-Raute

Werder überzeugte mit berauschendem Angriffsfußball, stellte von 2006 bis 2008 drei Jahre in Folge die torgefährlichste Offensive der Liga. Die Werder-Raute war nicht nur im Vereinsemblem verankert, sondern zentraler Bestandteil der gewinnbringenden taktischen Formation auf dem Platz.

Das 4-4-2 mit Raute prägte das Werder-Spiel der Nullerjahre – angeführt von Meistertrainer Schaaf und Manager Allofs. Schaaf (von 1999 bis 2013) und Allofs (von 1999 bis 2012) galten als Garanten für den Erfolg.

Das Duo setzte in der Liga Maßstäbe durch solides Wirtschaften, einen ruhigen Führungsstil sowie das richtige Händchen bei Transfers. Ailton, Ivan Klasnic, Johan Micoud, Diego, Naldo, Torsten Frings, Mesut Özil, Per Mertesacker oder Claudio Pizarro – sie alle waren Spieler in der Ära Schaaf/Allofs.

Doch zum Ende dieser Ära mehrten sich die Fehlgriffe auf dem Transfermarkt. Ob die Brasilianer Wesley (7,5 Millionen) und Carlos Alberto (7,8) oder der Österreicher Marko Arnautovic (6,2): Sie alle kosteten für damalige Verhältnisse viel Geld – enttäuschten aber an der Weser und konnten die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllen.

Der Verein schaffte es nicht an den Erfolg vorvergangener Jahre anzuknüpfen, die kostspieligen Fehleinkäufe trafen Werder enorm. Auch die regelmäßigen Einnahmen aus der Champions League brachen weg. Die Ansprüche, über Jahre in Bremen aufgrund der erfolgreichen Zeit gewachsen, konnten nicht mehr erfüllt werden.

"Werder war in einer Zeit besonders erfolgreich, in der es im Vergleich zu heute in der Champions League noch nicht ganz so viel Geld zu holen gab. Der Kader damals war schon sehr aufgebläht, das Schiff wurde immer größer – irgendwann, als auch die Erfolge ausblieben, war auch weniger finanzieller Spielraum vorhanden", so Hüls, der einen interessanten Vergleich zieht.

"Wenn der Erfolg, mit sechs Teilnahmen in Folge an der Champions League, in den 2010er-Jahren passiert wäre, dann wäre Werder eine Macht. Dann wären sie das Borussia Dortmund von heute."

Doch statt Jahre des Erfolgs folgten Jahre der Dürre. Nie kam Werder in den 2010er-Jahren über den achten Tabellenplatz hinaus und versank im Mittelmaß der Tabelle. 2013, nur wenige Wochen nach dem Ende der Ära Schaaf, sicherten sich die Bremer erst kurz vor Saisonende den Klassenerhalt.

Und auch die Konstanz auf der Trainerposition war passé. Auf die externe Trainerwahl Robin Dutt (nur 16 Monate im Amt) folgten mit Viktor Skripnik (zwei Jahre) und Alexander Nouri (ein Jahr) zwei weniger erfolgreiche interne Lösungen. Auch Kohfeldt ist eine solche interne Lösung gewesen. Das Fischen im eigenen Teich – ein nicht selten gehörter Vorwurf an die verantwortlichen Personen.

2015/2016 stand Werder bereits mit einem Bein in der Relegation. Erst der 1:0-Siegtreffer von Papy Djilobodji in der 88. Minute am 34. Spieltag gegen Eintracht Frankfurt rettete den Klub vor Rang 16 – ein Tabellenplatz, über den Werder in der aktuellen Lage wohl sogar erleichtert wäre.

Trotz Bayern: Mittelschweres Restprogramm

Dass Bremen die Saison mit Trainer Kohfeldt beendet, scheint sicher. Auch ein Verbleib des 37-Jährigen bei einem Abstieg gilt als sehr wahrscheinlich. Die Möglichkeit sich zu trennen wäre bereits mehrfach dagewesen.

Ob nach dem 0:5 zu Hause gegen Mainz 05 im vergangenen Winter oder nach dem leblosen Auftritt nach der Corona-Pause gegen Leverkusen (1:4). Es sei die "Überzeugung", wie Sportchef Frank Baumann mehrfach betonte, die ihn an Kohfeldt festhalten lasse.

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Werders Restprogramm in der Liga darf als machbar eingestuft werden. Das Duell gegen Bayern München ausgenommen, trifft der Nordklub noch auf den SC Paderborn, Mainz 05 und den 1. FC Köln. Zwei direkte Konkurrenten und ein Verein, für den es am letzten Spieltag voraussichtlich um nichts mehr gehen wird.

Droht Werder zur Fahrstuhlmannschaft zu verkommen?

So oder so: Für Werder geht es, auf den Fußball bezogen, ums nackte Überleben – und vielleicht auch um mehr. Wie schwer sich vermeintliche Erstligaklubs in der zweiten Liga tun, zeigt die aktuelle Spielzeit sehr deutlich.

Stuttgart und der HSV, bereits das zweite Jahr in Folge in der 2. Liga, quälen sich gegen Klubs wie Kiel, Osnabrück oder Wiesbaden. Ein Aufstieg ist alles andere als sicher. Hannover 96, ebenfalls jahrelanger Bundesligist, wird den direkten Wiederaufstieg verpassen.

Das Schicksal zur Fahrstuhlmannschaft zu verkommen, oder noch schlimmer, Stammgast in der zweiten Liga zu werden, könnte auch den Bremern drohen. Zeiten, wie sie Eilts, Burdenski oder Ailton erlebten, würden in weite Ferne rücken.

"Werder Bremen muss nicht die Nummer zwei, aber schon ein fester Bestandteil der Liga sein", bilanziert Hüls. "Wenn bei Bremen alles perfekt läuft, könnten sie das Niveau von Borussia Mönchengladbach erreichen. Wenn es aber nicht läuft, dann steigen sie ab."

Ein Abstieg würde sich auch auf die Geschichtsbücher auswirken. Nach dem zweiten Jahr des HSV in Folge in der zweiten Liga übernahm Werder Bremen Platz eins in der ewigen Tabelle der Bundesliga (was die Anzahl der Spiele angeht). Sollten sie absteigen, ginge ein weiterer Rekord zum FC Bayern nach München. Allein deshalb dürfte deutschlandweit der ein oder andere den Bremern die Daumen für den Klassenerhalt drücken.

Verwendete Quellen
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