"Es fehlt Gelassenheit" Vettel kritisiert Landsleute und glaubt an WM Titel
Sebastian Vettel hat ein Problem mit der Mentalität vieler Deutscher. Er kritisiert den Umgang mit Sportlern in deutlichen Worten und spricht gleichzeitig über mögliche Veränderungen in der Formel 1.
Formel-1-Star Sebastian Vettel wünscht sich von seinen Landsleuten mehr Rückendeckung und Gelassenheit. "Was die Wertschätzung von Menschen angeht, wäre ein bisschen mehr Leichtigkeit und Loyalität schöner", sagte der 31-Jährige im Interview des "Spiegel".
Den Eindruck von Basketball-Superstar Dirk Nowitzki, die Deutschen würden bei ihren Sportidolen jeden Grund zur Schadenfreude nutzen, könne er "so unterschreiben", sagte Vettel.
"Wir verbringen ohnehin zu viel Zeit mit Beschwerden und Hadern"
Aus seinen Jahren beim englischen Red-Bull-Team und dem italienischen Ferrari-Rennstall kenne er den Ruf der Deutschen. "Pingelig zu sein, nie zufrieden, immer nach dem Negativen zu suchen", so Vettel.
Er wünsche sich mehr Respekt für die Leistung anderer und könne seinen Rivalen auch den Erfolg gönnen. "Wir verbringen ohnehin zu viel Zeit mit Beschwerden und Hadern und wenig Zeit mit Komplimenten", ergänzte der Hesse.
"Es wird sehr schnell vergessen, sofort wird die nächste Geschichte geschrieben"
Auch wenn es ihn ärgere, wenn er hinter seinem Dauerkonkurrenten Lewis Hamilton ins Ziel komme, sei die Anerkennung für den britischen Mercedes-Fahrer nicht gespielt. "Heutzutage fehlt mir zu oft das Innehalten, das Bewundern für das Geleistete. Das gilt nicht nur für Formel-1-Sieger. Die Geschwindigkeit unseres Lebens lässt Nachdenken und Bewunderung nicht zu. Es wird sehr schnell vergessen, sofort wird die nächste Geschichte geschrieben", sagte Vettel.
Auch dem technischen Fortschritt in der Formel 1 kann er nichts abgewinnen. "Das geistige Eigentum wird geklaut, nach Sekunden weiß es mein Teamkollege, nach Minuten die gesamte Konkurrenz. Die Datenüberwachung hat uns einen Teil unseres Handwerks genommen", sagte Vettel und schlug eine radikale Veränderung vor.
Zurück zu manueller Schaltung
"Wenn ich die Macht hätte, würde ich den Fahrer mehr in den Mittelpunkt stellen", fügte der 31-Jährige hinzu und schlug eine Rückkehr zur manuellen Schaltung vor. "Das würde uns auch wieder mehr Bewunderung beim Publikum einbringen."
Der gebürtige Heppenheimer fährt seit 2007 in der Formel 1, zunächst für BMW und Toro Rosso, dann für Red Bull und seit 2015 für die Traditionsmarke Ferrari. Im Red Bull wurde er von 2010 bis 2013 viermal in Serie Weltmeister.
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Trotz des schlechten Saisonstarts will er den WM-Titel schon in diesem Jahr mit Ferrari realisieren. "Das Ziel ist, mit Ferrari Weltmeister zu werden", sagte der 31-Jährige und ergänzte: "Wenn wir auf Augenhöhe sind, können wir sie schlagen. Das haben wir ja phasenweise bereits bewiesen".
Vettel belegt nach vier von 21 Rennen den dritten Platz in der Fahrerwertung und hat 35 Punkte Rückstand auf den führenden Bottas und 34 auf Hamilton.
- Nachrichtenagenturen sid und dpa